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Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)

Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)

Titel: Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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Zukunft bringen sollte. Sie sagte nichts, doch sie dachte an ein Leben in Schottland mit Lyle. Ihre Kinder würden in den schottischen Highlands spielen, von denen er ihr erzählt hatte, und sonntags würden sie Picknicks machen an einem wunderschönen kleinen See, einem der typischen schottischen Lochs. Lyle würde eine Landarztpraxis eröffnen, und sie würde sich um die vielen gemeinsamen Kinder kümmern. Sie konnten in einem wunderhübschen Cottage mit einem großen Blumengarten leben. Als Elena an die Möglichkeit dachte, das Leben auf einer Farm verbringen zu müssen, in einer Gegend, in der es kaum einmal regnete, umgeben von Rinderweiden und staubigen, unbefestigten Wegen, zog sich alles in ihr zusammen. Nein, so stellte sie sich ihre Zukunft nicht vor.
    »Wusstest du, dass Papà vorhat, mich mit Aldo Corradeo zu verheiraten, Mamma?«
    »Ja, das wusste ich, Elena. Er hat es mir vor einiger Zeit schon erzählt, aber ich habe nichts gesagt, weil ich wollte, dass du ihm ohne Vorurteile begegnest, wenn du ihn kennenlernst.«
    »Ich will mir meinen Ehemann selbst aussuchen. Ich will einen Mann heiraten, den ich liebe. Das verstehst du doch, Mamma, oder?« Tränen der Wut und der Enttäuschung liefen Elena die Wangen hinunter.
    »Du weißt, dass das nicht möglich ist, Elena. Auch mein Vater hat meine Ehe mit deinem Papà arrangiert. So wird das nun mal gemacht, und ich bin glücklich geworden. Ich hätte gern mehr Kinder gehabt, und ich weiß, dein Papà hat sich einen Sohn gewünscht, aber das sollte nun mal nicht sein. Akzeptiere die Dinge einfach so, wie sie sind, Elena. Wir gehen nach Australien, sobald der Krieg zu Ende ist, und du wirst mit Aldo Corradeo ein glückliches Leben führen.«

3

    Anfangs schien es, als würde der Badeort Blackpool während des Krieges zu leiden haben, doch es kam anders. Der Zustrom von zehntausend Soldaten und zweitausend Flüchtlingen aus Belgien erwies sich als Gewinn. Die vielen Menschen bedeuteten für Hotels, Geschäfte, Marktstände und die Gemeinde einen wirtschaftlichen Aufschwung. Viele der Flüchtlinge fanden eine Anstellung, nachdem etliche Deutsche die Stadt abrupt verlassen hatten, und die langen Strandabschnitte boten relative Sicherheit bei der Ausbildung von Soldaten und bei Truppenübungen.
    Shirley Blinky hatte angefangen, Zimmer in ihrem Haus zu vermieten, nachdem ihr Mann im Juli 1916 in der Schlacht an der Somme in Frankreich gefallen war. Die Witwenrente einer Soldatenfrau deckte nicht die Kosten für den Unterhalt eines großen Hauses auf der Ashbourne Street. Mieter aufzunehmen, um sich etwas dazuzuverdienen, war deshalb eine Frage des Überlebens. Die Mieter füllten jedoch auch eine gewisse Leere in Shirleys Leben, da ihre beiden Kinder zu ihrer Schwester, die in Schottland auf dem Land lebte, evakuiert worden waren. Wie viele ihrer Nachbarn hätte auch Shirley Soldaten aufnehmen können, aber sie zog Ärzte vor, weil die besser zahlten und weniger laut und rauflustig waren.
    Lyle MacAllister hatte zusammen mit Alain McKenzie Medizin studiert und dann mit ihm gemeinsam im Crichton Royal Hospital in Dumfries gearbeitet. Als sie ans Victoria Hospital versetzt worden waren, waren sie zusammen im Zug Richtung Süden gefahren und hatten bei Shirley Blinky eine Unterkunft gefunden.
    Dritter Mieter bei Mrs. Blinky war eine junge Frau namens Bernadette Dobson, die ihre Eltern im Krieg verloren hatte. Da ihr einziger Bruder bei der Armee war, befand sich Bernadette in einer verletzlichen Lage. Sie war erst siebzehn, und Mrs. Blinky hatte ihre Eltern gut gekannt, also fühlte sie sich verpflichtet, das Mädchen unter ihre Fittiche zu nehmen. Das jedenfalls beteuerte sie.
    Shirley war nicht klar gewesen, wie viel Arbeit Untermieter machten, also betrachtete sie die arme Bernadette als billige Arbeitskraft. Als Gegenleistung für die niedrige Miete erwartete sie von dem Mädchen, die Zimmer der Mieter zu putzen und den Abwasch zu machen. Abends, nach dem Abendessen, musste Bernadette aufräumen, während Shirley nach ihrem angeblich harten Tag die Beine hochlegte.
    Am Dienstagabend kam Lyle aus Dumfries zurück. Er hatte den Spätzug nach Blackpool genommen. Weil er die Hausbewohner nicht aufwecken wollte, schlich er leise den Flur entlang, an dem die Zimmer der Mieter und der Vermieterin lagen. Vor Shirleys Schlafzimmertür hielt Lyle verblüfft inne. Er vernahm leise Geräusche. Aus Sorge, es könnte etwas passiert sein, horchte er, und ihm wurde klar, dass

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