Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
kommen und mich beschäftigen. Es deprimiert mich, auf der Farm zu sein, wo der Unfall passiert ist.«
»Wie geht es Aldo?«
»Heute habe ich ihn noch nicht gesehen«, gestand Elena. Sie mochte nicht zugeben, dass sie die Begegnung hinauszögerte, doch Ken war schon viele Jahre Hausarzt, und so konnte er sich gut in Menschen einfühlen. Er wusste, was los war. »Er braucht seine Ruhe, ich gehe später hin«, fügte Elena hinzu.
»Dann machen Sie sich den ganzen Tag über Sorgen, also gehen Sie lieber jetzt, und lassen Sie sich ruhig Zeit. Ich komme hier wunderbar allein zurecht.«
Elena wollte protestieren, aber sie wusste, es würde einen schlechten Eindruck machen, wenn sie Ken sagte, warum sie den Besuch bei ihrem Mann so fürchtete.
Als Elena in Aldos Krankenzimmer kam, stand Deirdre an seinem Bett und trug Daten des Patienten in die Krankenakte ein.
»Guten Morgen, Elena«, begrüßte die Schwester sie freundlich. Sie gab sich Mühe, unbeschwert zu klingen, aber Elena sah das Mitleid in ihren Augen.
»Guten Morgen, Deirdre.« Elena zog sich einen Stuhl an Aldos Bett und setzte sich. »Wie geht es meinem Mann heute Morgen?«
»Den Umständen entsprechend«, antwortete Deirdre diplomatisch. Sie musste Elena sagen, dass es um seine seelische Befindlichkeit nicht gut bestellt war, aber damit wollte sie warten, bis sie einen ruhigen Moment für sich hatten.
»Ich will allein sein«, zischte Aldo.
Die beiden Frauen sahen sich an, und Elena wurde rot, so verlegen war sie. Deirdre runzelte die Stirn. Sie hatte sehr wohl verstanden, wen Aldo nicht in seinem Zimmer sehen wollte. Die Schwester warf Elena noch einen letzten mitleidigen Blick zu, dann verließ sie diskret den Raum.
Aldo konnte Elena nicht direkt ansehen, weil er immer noch die Halskrause trug, die seine Wirbelsäule fixierte. Sie setzte seine Bewegungsfähigkeit außer Kraft. Mit seinem eingeschränkten Blickfeld sah er nur die Zimmerdecke und alle, die sich über ihn beugten.
»Bist du noch da?«, fragte Aldo. Er hatte die Schritte von nur einer Person gehört, die den Raum verließ.
»Ja«, antwortete Elena und stand auf, damit er sie anschauen konnte.
»Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?«
»Doch, das habe ich«, sagte Elena. »Aber ich bleibe. Du kannst mich hassen, so sehr du willst, trotzdem brauchst du mich jetzt.«
»Nein, das tue ich nicht«, spie Aldo aus, war gleichzeitig aber beschämt, weil er wusste, dass es stimmte.
»Doch, du brauchst mich«, konterte Elena stur.
Aldo schwieg eine Weile, aber er steigerte sich mehr und mehr in seinen Zorn. Trotz und Widerstand duldete er normalerweise nicht, aber er war sich sehr wohl bewusst, dass er nicht in der Lage war, etwas dagegen zu tun, und das würde wohl auch so bleiben. »Ich bin sicher, es ist nur eine Frage der Zeit, ehe du mit deinem Liebhaber, dem Doktor, auf und davon bist, oder?«
Mit dieser Art Bemerkung hatte Elena gerechnet, trotzdem fühlte sie sich gekränkt. »Ich habe dir doch gesagt, dass Lyle mit seiner Pilotin verlobt ist«, sagte sie, bemüht, die Geduld nicht zu verlieren.
»Ich wette, das ärgert dich ganz schön«, fauchte Aldo.
»Wieso denn? Bis Marcus im Krankenhaus von Lyle behandelt wurde, hatten wir uns nicht mehr gesehen. Was vergangen ist, ist vergangen, und wir können nichts daran ändern. Wir müssen nach vorn schauen.«
»Und es ist dir vollkommen egal, wen du dabei verletzt, ja?«
Wieder fühlte sich Elena von Schuldgefühlen überwältigt. »Ich habe niemandem absichtlich wehgetan, Aldo.«
»Trotzdem ist dir das ganz gut gelungen.«
Elena wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Ihr war klar, Aldo würde sie verantwortlich für das machen, was aus seinem Leben geworden war. Ihr war klar, dass er verbittert war, und sie glaubte nicht, dass sich das je ändern würde.
»Ich weiß, es wird schwer jetzt«, sagte sie geduldig.
»Ach, weißt du das? Wie kämst du an meiner Stelle damit zurecht?«
»Das kann ich nicht sagen, Aldo. Ich nehme an, ich wäre auch verbittert.«
Aldo sagte eine Weile nichts, aber das Schweigen war für Elena noch schwerer zu ertragen als seine verletzenden Worte.
»Lass mich allein«, sagte Aldo schließlich. »Ich will schlafen.«
»Wir müssen etwas besprechen«, erwiderte Elena.
»Und das wäre?«
»Billy-Ray meint, der Viehaufkäufer kommt morgen. Ich denke, ich sollte ihm die gesamte Herde anbieten und dann die Farm verkaufen. Wenn wir in der Stadt wohnen, sind wir näher bei den Ärzten, und
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