Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
deiner Großmutter bleibst«, erklärte Aldo.
Marcus fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. »Ist es, weil … weil du nicht mein richtiger Papà bist?«, fragte er leise.
Sofort dachte Aldo, dass Elena nicht hatte abwarten können, ihrem Sohn zu sagen, dass er nicht sein Vater war. Das machte ihn wütend. »Deine Mamma hat es dir erzählt?«
Marcus schaute weg. »Nein, ich habe nach deinem Unfall gehört, wie du dich mit Mamma unterhalten hast. Ich habe euer Gespräch belauscht.«
»Dann verstehst du ja wohl, dass es das Beste für dich ist, wegzubleiben«, sagte Aldo.
»Nein, Papà. Das verstehe ich nicht.« Wie konnte es angehen, dass Aldo dreizehn Jahre lang sein Papà gewesen war und dann beschloss, dass er ihn nicht mehr sehen wollte. »Es ist doch egal, wer mein richtiger Vater ist, oder, Papà?«, fragte er aufgewühlt. »Mir jedenfalls ist das egal.«
»O nein, das ist alles andere als egal«, sagte Aldo bissig.
Marcus fiel das Zittern seiner Unterlippe auf, und er kniff die Augen zusammen. »Ich hasse Mamma für alles, was sie uns angetan hast«, presste er hervor und kämpfte den Wunsch nieder, wie ein Kind zu weinen. Er wollte sich nicht die Blöße geben, mit einer solchen Situation nicht umgehen zu können.
»Du bist jetzt schon ein großer Junge, Marcus. Bald wirst du auf eigenen Füßen stehen. Du und ich … wir sind zu verschieden. In deinen Adern fließt nicht das Blut eines Farmers. Du bist kein Corradeo. Es ist besser für dich, wenn du jetzt gehst und nie mehr wiederkommst.« Aldo schloss die Augen und machte auf diese Weise unmissverständlich klar, dass er kein weiteres Wort hören wollte.
Blind vor Tränen verließ Marcus das Krankenhaus. Elena hatte sich nach der Arbeit auf Wohnungssuche gemacht. Jetzt stand sie vor dem Schaufenster des Gemischtwarenladens und studierte Wohnungsanzeigen, als sie ihren Sohn ganz außer sich vor Wut auf das Haus ihrer Eltern zurennen sah.
»Marcus«, rief sie. Ihr Sohn beachtete sie nicht, aber so schnell wollte sie nicht aufgeben. Elena lief ihm entgegen. »Marcus, bleib stehen, bitte«, rief sie. Marcus blieb stehen, doch den Kopf hielt er gesenkt. »Was ist los, Marcus?«, fragte Elena.
Marcus hatte sich vorgenommen, seiner Mutter fortan aus dem Weg zu gehen, aber jetzt freute er sich fast, sie zu sehen. Das war eine gute Gelegenheit, seinen Groll abzulassen. »Papà sagt, er will mich nicht mehr sehen, und das ist alles deine Schuld. Alles ist schiefgegangen, weil du ihm lauter Lügen aufgetischt hast.« Das gab Elena einen Stich ins Herz. Dass ihr Sohn so litt, war wirklich das Letzte, was sie wollte. »Papà sagt, in meinen Adern fließt nicht das Blut eines Farmers. Ich denke, da hat er Recht. Und jetzt weiß ich auch, wieso er mich nie genauso geliebt hat wie Maria und Dominic.«
»Natürlich hat er dich geliebt, Marcus. Er hat nur schlimme Schmerzen im Moment und geht deshalb auf alle Leute los, nicht nur auf dich.«
»Nein, Mamma. Er meint, was er sagt. Er will nicht … er will nicht mehr mein Papà sein.«
Marcus hatte Angst, in Tränen auszubrechen. Schnell wandte er sich um und lief ins Haus seiner Großeltern. Elena mochte nicht glauben, dass Aldo ihn in solch einem Ausmaß absichtlich verletzt hatte. Was er zu ihr sagte, war ihr egal, aber wie konnte er Marcus so tief kränken, ihm solch einen Kummer bereiten? Elena hatte nicht vorgehabt, Aldo an diesem Tag noch einmal zu besuchen, aber jetzt marschierte sie ins Krankenhaus und geradewegs in sein Zimmer.
»Wie konntest du nur zu Marcus sagen, dass du ihn nie wiedersehen willst?«, platzte es aus ihr heraus. »Du bist der einzige Vater, den er je gekannt hat.«
»Er ist nicht mein Sohn«, sagte Aldo bedrückt.
»Bloß weil ihr nicht blutsverwandt seid, heißt das noch lange nicht, dass er in dir nicht seinen Vater sieht.«
»Ich bin sicher, du hast dir schon zurechtgelegt, wie er seinen richtigen Vater kennenlernen wird«, sagte Aldo böse.
»Ich habe mir gar nichts zurechtgelegt. Aber wenn ich es recht bedenke, ist es nur gut, dass du ihn zurückgewiesen hast. Sein richtiger Vater ist ein wunderbarer, freundlicher Mensch. Er hätte Marcus nie so behandelt wie du gerade eben. Er hätte nie versucht, seine Träume zu zerstören, so wie du.«
Zitternd vor Wut drehte sich Elena um und verließ den Raum. So grausam hatte sie eigentlich nicht sein wollen, aber sie hatte sich nicht beherrschen können. Aldo hatte Marcus einmal zu oft verletzt.
36
Nachdem Millie von Alison
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