Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
Aldo seit einigen Tagen in dem Haus auf der Patterson Street wohnte, Elena hatte es ihr schon erzählt, als sie sie am Tag zuvor auf der Straße getroffen hatte. Er sprach allerdings kaum ein Wort mit ihr. Als sie am Küchentisch saßen, schüttete Deirdre Elena ihr Herz aus.
»Ich mache mir Sorgen um Marcus«, sagte sie, »ich habe ihn vorm Gemischtwarenladen getroffen.« Deirdre war verwirrt, weil Elenas Blick sich bei der Erwähnung des Namens ihres Sohnes umwölkte. Irgendetwas stimmte da nicht. »Ich habe ihm gesagt, Dr. MacAllister habe sich nach ihm erkundigt«, fuhr sie fort.
»Hat er das?«, fragte Elena sichtlich erregt.
»Ja, er erkundigt sich immer nach ihm«, erwiderte Deirdre. »Ich habe Marcus gegenüber erwähnt, dass er Dr. MacAllister doch so mochte, als er Patient im Krankenhaus war. Das gab er auch zu, aber dann sagte er etwas sehr Seltsames.«
»Was denn?«, fragte Elena vorsichtig. Sie hielt den Atem an.
»Er sagte, er habe ihn gemocht, bevor er herausfand, was er Ihnen, Elena, angetan hat. Ich will ja nicht neugierig sein, aber was hat er denn damit nur gemeint?« Elena zögerte mit einer Antwort, also fuhr Deirdre fort zu fragen. »Der Doktor hat doch nichts Unschickliches getan, oder? Er kommt ziemlich oft ins Krankenhaus, ich würde deshalb gern wissen, ob irgendwas mit ihm nicht stimmt.« Das fände sie allerdings schwer zu glauben.
»Da ist nichts Schlimmes, Deirdre. Lyle würde sich nie unschicklich verhalten. So ist er nicht.«
»Das freut mich zu hören, aber wieso sollte Ihr Sohn denn so etwas sagen?«
Elena wusste, dass Deirdre so manches mitbekommen hatte, was Aldo ihr im Krankenhaus ins Gesicht geschleudert hatte. Sie war überzeugt gewesen, Deirdre vermutete finanzielle Probleme hinter ihren Auseinandersetzungen, und damit konnte sie leben. Nicht leben könnte sie allerdings damit, dass Deirdre anscheinend dachte, Lyle sei womöglich eine Art gemeiner Mensch mit übler Gesinnung. So war er nie gewesen.
»Ich lernte Lyle vor vielen Jahren kennen, im Krieg war das. Wir arbeiteten beide in einem Krankenhaus in Blackpool und waren ineinander verliebt. Und Marcus … Marcus hat das herausgefunden. Er denkt, Lyle … Lyle habe mir das Herz gebrochen.«
Deirdre riss die Augen auf. »Sie Glückliche. Lyle ist so attraktiv«, meinte sie. »Und darüber hinaus so symphatisch. Aber Marcus nimmt das Ende dieser Kriegsromanze ziemlich ernst für einen Jungen in seinem Alter, nicht?«
»Er hat mir gegenüber einen Beschützerinstinkt entwickelt«, erwiderte Elena in der Hoffnung, diese Erklärung möge genügen. Weiter mochte sie nicht rechtfertigen, was Marcus gesagt hatte, also sprang sie vom Tisch auf und holte eine Dose mit Keksen, die sie am Vorabend gebacken hatte. »Hätten Sie gern ein Plätzchen zum Tee, Deirdre?«, bot sie an.
»Nein, danke. Ich war ja schon auf dem Nachhauseweg. Ich muss jetzt das Abendessen machen.«
Plötzlich fiel Deirdres Blick auf die Hintertür. Sie stand weit offen. Aldo saß dort in seinem Rollstuhl und starrte sie fuchsteufelswild an. Dann versuchte er, sich mühsam in die Küche vorzuarbeiten. Jetzt wurde auch Elena auf Aldo aufmerksam. Sie fuhr herum, und ihre Blicke trafen sich. Elena geriet in Panik. Wenn er nun das Gespräch mit angehört hatte!
»Sie sollten vielleicht wissen, dass Marcus das Resultat der Kriegsromanze zwischen Dr. MacAllister und meiner Frau ist«, erklärte Aldo bösartig. »Das hatte sie versäumt, mir zu erzählen.«
»Aldo!«, rief Elena wütend. Sie fühlte sich so gedemütigt. Als sie sah, wie schockiert Deirdre war, wäre sie am liebsten im Boden versunken, aber sie war nicht allein auf der Welt. Sie musste auch an ihren Sohn denken. »Du willst ja vielleicht mich verletzen, aber denk doch um Himmels willen an Marcus.«
Elena stürmte zur Vordertür hinaus, schlug sie mit Wucht zu und rannte davon.
Deirdre fand Elena weinend auf der Bank neben dem Krankenhaus. Sie ging zu ihr und setzte sich neben sie.
»Das braucht Ihnen nicht peinlich zu sein, Elena. Ich werde niemandem davon erzählen. Darauf gebe ich Ihnen mein Wort.«
»Danke, Deirdre«, erwiderte Elena und schniefte in ein Taschentuch. »Aldo wird vermutlich über kurz oder lang der ganzen Stadt die Wahrheit über Marcus erzählen. Jetzt wissen Sie, weshalb er mich so schlecht behandelt.«
»Ich nehme an, er weiß es noch nicht lange«, sagte Deirdre.
»Nein. Lyles Exfrau ist an dem Tag, als er seinen Unfall hatte, nach Barkaroola gekommen und hat
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