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Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)

Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)

Titel: Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
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besonderen Obstkuchen mit Marzipan und Zuckerguss. Sie hat die Früchte schon in Brandy eingelegt. Ich weiß, Sie nippen gern mal an einem kleinen Brandy bei besonderen Gelegenheiten, hab ich Recht?«
    Laura antwortete nicht. Sie kämpfte um Luft, und Elena wusste keinen Rat mehr.
    »Ich hole Dr. Thompson«, sagte sie.
    Lauras Griff um Elenas Hand wurde fester. »Ich will meinen letzten Moment nicht allein verbringen, Elena«, sagte sie in beunruhigendem Tonfall. »Bitte … gehen Sie nicht, bleiben Sie bei mir.«
    »Sie werden nicht sterben, Laura«, sagte Elena bestimmt und dachte, dass es gar nicht Lauras Art war, so etwas zu sagen.
    »Es ist an der Zeit für mich, Elena. Mein Körper ist erschöpft.« Laura schaute sie an, doch ihre Augen schienen durch sie hindurchzublicken. »Niemand kann ewig leben, und ich will in Frieden gehen. Ich bin bereit«, fügte sie hinzu.
    »Laura«, bat Elena, »bitte halten Sie durch, Laura. Wir können Ihr Fest doch nicht ohne Sie feiern.«
    Laura schloss die Augen, und ein Lächeln trat auf ihre Lippen. »Ich komme, Liebster«, flüsterte sie. »Ich bin schon auf dem Weg.«
    Elena konnte und wollte nicht glauben, dass dies wirklich Lauras Abschiedsstunde war. Ein Schluchzen schnürte ihr die Kehle zusammen. »Bitte bleiben Sie bei uns, Laura«, bat sie, »bitte!«
    Laura öffnete kurz die Augen und sah Elena an, dann schloss sie sie wieder. Ein ganz und gar friedlicher Ausdruck legte sich auf ihre Züge. Sie sah wunderschön aus. Elena war fasziniert. Während sie Laura betrachtete, schienen sich die Falten auf ihrem Gesicht zu glätten.
    In diesem Augenblick betrat Neil das Zimmer. Mit einem Blick erfasste er die Situation. Er nahm Lauras Hand und suchte nach dem Puls.
    Elena sah ihn an. Sie wollte die Bestätigung, dass Laura noch am Leben war. »Sie schläft doch nur, oder?«, fragte sie. Sie kannte die Wahrheit, aber sie wollte sie nicht wahrhaben, also klammerte sie sich an die Hoffnung.
    Neil schüttelte den Kopf. Dann horchte er mit dem Stethoskop ihren Brustkorb ab. Elena sah ihn an und beschwor ihn innerlich, Lauras Herzschlag zu hören, doch er sagte nichts. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Warum konnte sie nur keine Distanz wahren? Schließlich hatte sie als noch ganz junge Krankenschwester viele Menschen sterben sehen. Doch Lauras Tod ging ihr so nah, dass sie nicht dagegen ankam. Sacht legte sie die Hand der alten Dame aufs Bett zurück.
    »Tut mir leid, Elena. Sie ist für immer eingeschlafen«, sagte Neil.
    »Wir hätten etwas tun sollen«, jammerte Elena.
    »Hätten wir sie retten können, Elena, dann hätte ich es getan, glauben Sie mir. Aber ihre lebenswichtigen Organe sind erschöpft. Nicht viele Menschen werden beinahe hundert Jahre alt.«
    »Sie hat die Augen geschlossen und mit jemandem gesprochen, als ob sie wirklich jemanden sähe. Sie halten mich jetzt vielleicht für verrückt, aber ich glaube, es war … Percy. Sie sagte ihm, sie werde jetzt zu ihm kommen«, sagte Elena.
    Percy war Lauras Ehemann gewesen. Er war vor gut dreißig Jahren gestorben, aber sie sagte immer, er sei die Liebe ihres Lebens, und sprach von ihm, als habe er sie nie verlassen. In den vergangenen zehn Jahren behauptete sie oft, er warte auf sie an der Himmelstür.
    »Ich halte Sie nicht für verrückt, Elena. In meiner Tätigkeit als Arzt ist mir vieles begegnet, was ich nicht erklären kann.«
    »Warum musste das passieren, ausgerechnet heute? Warum nur?«
    Elena brach in Tränen aus. Sie merkte, dass sie nicht mehr richtig atmen konnte, und flüchtete von der Station und die Treppe hinunter nach draußen. Vor der Eingangstür des Krankenhauses blieb sie stehen und schnappte nach Luft. Sie wusste, sie hatte gerade eine Panikattacke, aber sie konnte nichts dagegen tun. Sie ließ sich auf eine Bank fallen und atmete mühsam zwischen heftigen Schluchzern ein und aus. Es war schon nach elf Uhr abends, und so war die Straße ruhig und menschenleer, nur ein Känguru hüpfte einsam durch die Stadt. Die Grillen zirpten in den Gartenbeeten, und Geckos huschten auf der Suche nach etwas Essbarem über die Wege. Milliarden von Sternen funkelten am Himmel, doch Elena hatte keinen Blick für die Schönheiten der Natur.
    Dieser Tag würde ihr als einer der schlimmsten ihres Lebens im Gedächtnis bleiben. Sie konnte an nichts anderes denken als an die reizende, selbstlose, liebenswürdige Laura und daran, wie sehr sie sich darauf gefreut hatte, ihren hundertsten Geburtstag zu feiern. Die

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