Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
den Blick starr auf die andere Straßenseite gerichtet hatte, also schaute sie, was ihn so sprachlos machte. »Wer ist das dort drüben?«, wollte Luisa dann wissen. Zwei Gestalten saßen auf der Bank draußen vor dem Hospital.
»Dein Enkel und deine Tochter sind das«, erklärte Luigi glücklich.
»Lieber Gott!«, rief Luisa und legte die Hände zusammen, um dem Herrn zu danken.
»Ich glaube, einige deiner Gebete sind wohl erhört worden«, sagte Luigi.
»Ach, Marcus, so oft war ich drauf und dran, dir zu erzählen, dass Aldo nicht dein leiblicher Vater ist, wenn er wieder mal hart mit dir umging. So oft lag es mir auf der Zunge, dir zu erklären, warum ihr so verschieden seid, aber ich hatte Angst vor deiner Reaktion.«
»Mir war immer schon klar, dass ich nicht so bin wie er, Mamma. Und ich wusste auch, dass er nicht einverstanden damit war, dass ich kein Farmer werden wollte.«
»Du bist deinem richtigen Vater sehr viel ähnlicher, Marcus.« Marcus sah, dass seine Mutter das freute, und er wollte etwas sagen, aber er zögerte. »Was ist denn, Marcus? Du kannst mir alles sagen, das weißt du, nicht?«
»Ich würde meinen Vater gern kennenlernen … ich meine, Dr. MacAllister, Mamma.«
Elena lächelte. »Ich bin sicher, das würde ihn sehr glücklich machen, Marcus.«
»Meinst du wirklich?«
»Ja. Er ist ein guter Mensch, Marcus. Hat er dir erzählt, dass sein anderer Sohn bei einem Unfall ums Leben gekommen ist?«
»Ja, das hat er. Ich glaube, er war ein guter Vater. Er meinte, es gäbe womöglich einen Grund dafür, dass alles so gekommen ist. So hätte er eine ganz besondere Zeit mit seinem Sohn bis zu dessen Tod gehabt. Wahrscheinlich hat er damit Recht.«
»Das ist sehr großzügig von dir, dass du das sagst, Marcus. Ich hoffe, du weißt, wie stolz ich immer auf dich gewesen bin und wie sehr ich dich liebe.«
»Das weiß ich, Mamma. Ich wusste immer, dass du mich liebst.« Marcus schwieg eine Weile. »Mamma, könntest du Dr. MacAllister wieder lieben, wenn du nicht verheiratet wärst?«
Elena brachte es nicht über sich, ihrem Sohn zu gestehen, dass sie nie aufgehört hatte, Lyle zu lieben, nicht einmal einen Tag lang. So dachte sie einen Augenblick nach, um die richtigen Worte zu finden. »Irgendwie werde ich ihn immer lieben«, sagte sie dann, »weil ich dich von ihm habe.«
Es bedurfte keiner weiteren Worte mehr zwischen ihnen. Dieser Tag, der so schrecklich begonnen hatte und dann so traurig verlaufen war, hatte ein glückliches Ende gefunden.
43
»Lyle!«, rief Mrs. Montgomery, »kommen Sie mal kurz in den Funkraum? Da ist ein Anruf für Sie.«
Lyle sah überrascht auf, dann ging er schnell zum Funkgerät.
»Hallo, Lyle. Hier ist Elena«, sagte Elena. »Ich rufe aus Mr. Kestles Laden an.«
»Elena! Geht es Marcus nicht gut? Hat er wieder einen Krampfanfall?«, fragte er panisch.
»Es geht ihm gut, Lyle, sehr gut sogar. Ich rufe an, weil ich dich für Samstagabend nach Winton zu einer Party einladen will.«
»Zu einer Party!«
»Es hätte die Feier zum hundertsten Geburtstag unserer ältesten Einwohnerin Laura Pettigrove sein sollen, aber sie ist vor ein paar Tagen gestorben«, erzählte Elena. »Sie hat mir das Versprechen abgenommen, dass die Party trotzdem stattfindet. Die Leute im Ort meinen auch, dass wir sie feiern und hochleben lassen sollten.«
»Aha«, erwiderte Lyle, verblüfft, dass man auch ihn einlud. Er hatte Laura Pettigrove gar nicht gekannt.
»Unser Sohn hat den Wunsch geäußert, seinen Vater kennenzulernen«, erklärte Elena.
»Tatsächlich?«
Elena hörte die Freude in Lyles Stimme. »Ja, und ich dachte, wenn du zu dieser Party kommst, wäre das eine gute Gelegenheit für euch, etwas Zeit miteinander zu verbringen. Alison ist natürlich auch eingeladen. Ich habe Marcus übrigens noch nicht erzählt, dass du mit Alison verlobt bist. Das überlasse ich dir.«
Sie hielt die Luft an, denn sie rechnete damit, er würde sagen, sie seien inzwischen verheiratet, aber das sagte er nicht.
Lyle war überglücklich darüber, dass Elena und ihr Sohn ihre Differenzen beigelegt zu haben schienen. Er hatte es sich so erhofft. »Danke für die Einladung. Ich habe Dienst am Samstagabend, aber bitte sag Marcus, dass ich kommen werde, wenn es sich irgendwie einrichten lässt. Jetzt muss ich schnell los, Elena, ich hatte gerade vorhin einen Notruf. Ich hoffe, ich sehe euch dann«, sagte er.
»Na schön, das hoffe ich auch. Es würde Marcus viel bedeuten«, erwiderte
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