Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
er.
»Bist du so weit, Lyle?«, fragte der Pilot.
»Ja, ich komme«, rief Lyle zurück. Er sah Marcus an. »Wir sehen uns bald wieder, mein Sohn«, sagte er und legte ihm die Hand auf die Schulter, ehe er wegging.
»Bis bald dann, Dad«, rief Marcus ihm hinterher.
Lyle drehte sich um und winkte. Ein Stein war ihm vom Herzen gefallen. Er hätte nie gedacht, dass er dieses Wort je wieder hören würde. Er war glücklich und traurig zugleich, denn er dachte an Jamie.
Marcus lächelte und winkte und rannte dann zurück zur Party. Er musste sofort seine Mutter suchen.
44
In der Stille des Outback war der Motor der Victory je nach Windrichtung aus bis zu fünf Meilen Entfernung zu hören. Wann immer Marcus das unmissverständliche Summen hörte, raste er zur Landebahn hinter dem Krankenhaus und suchte den blauen Himmel nach dem Flugzeug ab. Sobald sich die Maschine als winziger Fleck fern am Horizont zeigte, lächelte er breit und wartete, bis sein Vater wieder sicher auf dem Boden war.
Aus den Wochen wurden Monate, und aus den Monaten wurde ein Jahr, und Vater und Sohn kamen sich immer näher. Abgesehen von Deirdre und Neil Thompson, mit denen Lyle sich eng angefreundet hatte, wusste kaum einer in der Stadt, dass Marcus und Lyle miteinander verwandt waren. Es kam wie in jedem kleineren Ort zu Spekulationen, doch Elena weigerte sich, zu irgendwelchen Gerüchten Stellung zu nehmen, und so nahm die Mehrheit der Einwohner an, dass sich Lyle nach dem Schicksal, das den Vater des Jungen getroffen hatte, einfach besonders um Marcus kümmerte. Und Lyle konnte sein Schicksal endlich annehmen. Marcus füllte die Lücke in seinem Herzen, die Jamie hinterlassen hatte, beglückt stellte er fest, dass es etliche Ähnlichkeiten zwischen den beiden Jungen gab.
Marcus entwickelte sich zu einem selbstständigen jungen Mann. Allen fiel auf, wie sehr er an Selbstsicherheit gewonnen hatte, vor allem seine Familie bemerkte das. Er war reifer geworden und mittlerweile fast so groß wie Lyle.
Anfang 1934 standen für Marcus die Abschlussprüfungen an der Schule an. Er hatte beschlossen, Arzt zu werden und in die Fußstapfen von Vater und Großvater zu treten. Lyle war begeistert und sehr stolz. Er verbrachte so viel Zeit, wie er konnte, mit seinem Sohn und half ihm beim Lernen, damit er die bestmöglichen Zensuren bekam und an einer guten Medizinischen Hochschule zugelassen wurde.
Elena war hocherfreut darüber, dass Marcus sich dazu entschieden hatte, Medizin zu studieren, aber es brach ihr das Herz, dass er nun von zu Hause fortgehen würde. Marcus’ Abwesenheit würde in ihrem Herzen und in ihrem Leben eine riesige Leere hinterlassen, sie war jedoch fest entschlossen, sich ihren Kummer nicht anmerken zu lassen. Sie lächelte, wenn er von seinen Plänen erzählte, und ermutigte ihn, seine Träume zu verwirklichen.
Lyle sah Elena beinahe so oft, wie er sich mit Marcus traf, und sie freute sich genauso sehr wie ihr Sohn auf Lyles Besuche. Von ihrem Leben zu Hause erzählte sie kaum etwas, doch er vermutete, dass es nicht gerade leichter wurde. Marcus wohnte immer noch bei seinen Großeltern, und Lyle war dankbar dafür, dass Elena Dominic und Maria bei sich zu Hause hatte. Nur ihre Arbeit im Krankenhaus ermöglichte es ihr, zeitweise der seelischen Grausamkeit, die sie von Aldo zu erdulden hatte, zu entfliehen.
Aldo wurde, wenn das überhaupt möglich war, noch verdrießlicher. Er quälte Elena, wann immer er konnte. Es behagte ihm nicht, dass ihre Arbeit ihr Spaß zu machen schien, er war überzeugt davon, dass ihre einzige Freude die im Krankenhaus mit Lyle verbrachte Zeit war. Es ärgerte ihn auch, wenn sie im Haus ihrer Eltern Zeit mit Marcus verbrachte. Doch auch wenn sie bei ihm zu Hause blieb, war er missmutig oder er beachtete sie gar nicht. Lud man ihn zu Familientreffen ein, weigerte er sich, mitzukommen. Schließlich fragte Elena ihn gar nicht mehr, aber auch das war falsch. Was immer sie machte, war falsch.
Aldos Verdrießlichkeit machte sich auch in seiner äußeren Erscheinung bemerkbar. Er war so ungepflegt, dass Elena inzwischen froh war, dass er das Haus nicht mehr verließ. Selbst für den Garten oder für die Hühner brachte er kein Interesse auf, Elena musste sich um alles allein kümmern. Es gab Momente, in denen sie so unglücklich war, dass sie sich wünschte, sie hätte Aldo auf der Farm gelassen.
Dominic und Maria bekamen natürlich mit, was Elena durchmachte, aber sie litten nicht so sehr unter der
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