Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
Verbitterung ihres Vaters wie sie. Die beiden stritten sich immer noch häufig, aber ihr Lärm füllte wenigstens die bedrückende Stille im Haus, und so ließ Elena sie gewähren. Maria war jetzt dreizehn Jahre alt und zeigte Interesse am Beruf der Krankenschwester. Deirdre war Lehrschwester geworden und wollte Maria zur Ausbildung annehmen, wenn sie fünfzehn war. Sie ermutigte das Mädchen, bis dahin an den Wochenenden freiwillige Dienste im Krankenhaus zu verrichten, was Maria freudig tat.
Luigi hatte gehofft, Dominic hätte Interesse an der Fleischerei und würde eines Tages sein Geschäft übernehmen, denn er war nicht einmal annähernd so gut in der Schule wie Marcus. Doch Dominic hatte andere Vorstellungen. Er hatte einen Freund, dessen Vater Schafscherer war. Der hatte eines Tages in der Schule von Winton das Schafscheren demonstriert und den Kindern erzählt, er reise durch ganz Australien und verdiene sehr gut. Das weckte Dominics Interesse. Elena ermutigte ihn, den Beruf des Schafscherers anzustreben, denn sie wünschte ihm sehr, dass er seinen Horizont in irgendeiner Weise erweiterte. Sie hätte sich darüber gefreut, wenn er irgendwann das Geschäft ihres Vaters übernommen hätte, aber wichtiger war ihr, dass er aus Winton und von Aldo fortkam. Und Marias Ausbildung zur Krankenschwester sah sie als Möglichkeit, dass ihre Tochter eines Tages eine Stelle in einem Großstadtkrankenhaus annahm. Elena wollte, dass ihre Kinder etwas aus ihrem Leben machten und dass es ihnen einmal besser erging als ihr.
Eines Tages, Elena hatte gerade ihre Schicht begonnen, kam Lyle mit einem Patienten ins Krankenhaus. Elenas Herz klopfte, wie immer wenn sie ihn sah. Jetzt, da sie sich häufiger begegneten, gerieten ihre Gefühle immer öfter ins Wanken. Sie wusste, dass sie das nicht zulassen durfte, solange Lyle jedoch nicht wieder verheiratet war, gestattete sie sich gelegentlich, sich ihren Träumen hinzugeben. Zu gerne würde sie ihn fragen, warum er und Alison sich noch nicht fest gebunden hatten. Aus gelegentlichen Bemerkungen Lyles zog sie den Schluss, dass die Beziehung zwischen den beiden recht kompliziert war, da sie ganz unterschiedliche Interessen hatten und Alison immer von Unruhe und Abenteuerlust getrieben war. Als Lyle Elena jetzt begrüßte, nahm sie sich ein Herz und fragte ihn geradeheraus.
»Wie geht es dir und Alison? Habt ihr vor, eure Heiratspläne bald zu verwirklichen?«
»Meine Scheidung ist erst seit ein paar Wochen durch«, erklärte Lyle.
»Ich dachte, das wäre schon passiert, nachdem Millie wieder abgereist ist«, sagte Elena überrascht.
»Millies Anwalt hatte da andere Vorstellungen. Ich hatte angeboten, sie könne das Haus in Dumfries haben, aber das reichte ihm nicht. Er wollte für sie außerdem einen Anteil aus den Einkünften der Praxis, die ich eröffnet hatte, aber dagegen habe ich mich gewehrt, weil meine Kollegen, die die ganze Arbeit gemacht haben, darauf mehr Recht haben.« Er hatte gehört, dass Millie nach ihrem unerfreulichen Gespräch mit dem nächstmöglichen Zug, den sie buchen konnte, zur Küste gefahren war, von wo aus sie, wie er vermutete, das erste Schiff genommen hatte, das sie wieder nach Großbritannien zurückbrachte.
»Die Scheidung ist seit einigen Wochen durch, aber ihr seid immer noch nicht verheiratet?«, fragte Elena. Alison musste es allmählich leid sein zu warten.
»Wir hatten einfach noch nicht die Zeit, die Hochzeit zu organisieren. Alison ist immer so beschäftigt, und ich verbringe meine gesamte Freizeit in Winton mit Marcus.« Einer der Piloten, der für die Fliegenden Ärzte arbeitete, hatte eine Freundin in Winton, sodass die beiden Männer sich so oft wie möglich freimachten, um nach Winton zu kommen. »Ich nehme an, wenn Marcus zum Medizinstudium fortgeht, werde ich wieder mehr in Cloncurry sein, und dann werden wir die Formalitäten erledigen.«
Elena spürte einen Stich der Eifersucht. Sie würde seine Besuche schrecklich vermissen. Und während sie der Tatsache ins Auge sah, dass sie ihn bald nicht mehr wiedersehen würde, wurde ihr klar, was sie sich so lange Zeit nicht erlaubt hatte zu denken: Lyle, nur Lyle war der Grund dafür, dass sie jeden Tag mit Aldo durchstand.
Im Mai 1934 bekam Marcus per Post seine Prüfungsergebnisse. Er hatte mit Auszeichnung bestanden und war von der Medizinischen Hochschule in Brisbane angenommen worden. Kaum hatte er den Brief mit der Bestätigung erhalten, rief er aufgeregt Lyle über Funk an. Dann
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