Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
versprach Lyle. »Aber im Sommer soll er ruhig seinen Spaß haben und sich an der frischen Luft bewegen.«
Jamie und seine Freunde fuhren mit den Rädern in den nächstgelegenen Park, der groß genug zum Kricketspielen war. Es war Freitagabend, und sie nutzten die länger werdenden Tage aus, die auf den Sommer hinführten. Es war wirklich ungewöhnlich warm für die Jahreszeit. Sie hatten jede freie Minute genutzt, um zu angeln, Fußball zu spielen und Himbeeren zu sammeln, und waren überall in der Gegend mit ihren Fahrrädern herumgefahren. Jamie war gewachsen im vergangenen Jahr, er war körperlich in guter Verfassung.
Die Jungen legten die anderthalb Meilen zum Park in Windeseile zurück und lieferten sich dabei ein Wettrennen. Dann spielten sie eine Stunde lang Kricket, und schließlich machten sie sich wieder auf die Heimfahrt. Als sie zur Queensbury Street kamen, fuhren vier der Jungen in eine andere Richtung weiter als Jamie, Andy, Tommy und dessen jüngerer Bruder George. Zwar waren sie erschöpft, nachdem sie einem Kricketball durch den ganzen Park nachgejagt waren, trotzdem lieferten sich Jamie und die drei anderen wieder ein Wettrennen.
Natürlich wollte Jamie beweisen, wie schnell sein neues Rad sein konnte, also versuchte er, die ganze Zeit an der Spitze zu bleiben. Er fuhr seinem Vater zuliebe auf dem Bürgersteig, fand es aber nervig, immer wieder Fußgängern ausweichen zu müssen. Stets übernahm dann Andy oder einer der anderen die Führung. Als Jamie sich wieder an die Spitze setzen konnte, kam Tommy zu seiner Linken heran. Weiter vorn war eine Baustelle auf dem Bürgersteig, also hatte er keine andere Wahl, er musste auf die Fahrbahn hinunter. Als er die Baustelle passiert hatte, konnte er nicht wieder auf den Bürgersteig zurück, weil ihm eine Frau mit Kinderwagen entgegenkam. Jamie raste die Queensbury Street herunter – endlich wurde er nicht mehr aufgehalten. Weiter vorne, an der English Street, sah er einen Wagen anhalten, der wohl in die Queensbury Street abbiegen wollte. Vor ihm fuhr ein Pferd mit Wagen, also fuhr Jamie zum Überholen auf die Straßenmitte, voller Schadenfreude darüber, dass seine Freunde auf dem Bürgersteig abbremsen musste, um vorsichtig um das Auto, das an der Ecke English Street wartete, herumzufahren.
Alfred Fitzsimons, pensionierter Filialleiter der Bank of Scotland in Dumfries, sah den herankommenden Pferdewagen und erkannte in dem Fahrer Hubert Soll, den Kohlenmann. Er überlegte, um den Pferdewagen herumzufahren, der viel langsamer war als er. Als er aufs Gaspedal trat, gab es einen lauten Knall – Fitzsimons’ Limousine hatte eine Fehlzündung, und der Motor starb ab. Er sah, wie Bertie, das Zugpferd, das vor den Kohlenwagen gespannt war, erschrak und sich laut wiehernd auf seine massigen Hinterbeine aufrichtete. Die Jungen, die genau in diesem Moment Fitzsimons’ Limousine erreichten, hörten eine Autohupe und ein schlitterndes Geräusch und sprangen von ihren Fahrrädern. Ein Lieferwagen, der aus der entgegengesetzten Richtung herangekommen war, bremste scharf ab und kam neben dem Pferdewagen zum Stehen. Den Fahrer kannten die Jungen. Er war ein zwanzig Jahre alter Mann, der vor einiger Zeit in Andys Nachbarschaft gezogen war und vor Kurzem den Führerschein gemacht hatte.
Hubert Soll bekam Bertie mit Mühe unter Kontrolle. Das Pferd war noch jung und nicht oft mit ihm unterwegs gewesen, deshalb war es Straßenlärm nicht gewohnt. Als Hubert es geschafft hatte, sahen die drei Jungen ihn hinter seinem Wagen verschwinden. Alfred Fitzsimons stieg aus seinem Auto und folgte ihm.
»Ist das nicht Jamies Rad?«, fragte George seinen Bruder und deutete nach vorn auf die Straße, wo ein rotes Fahrrad mit einem verbogenen Reifen lag. Es sah nicht mehr ganz so aus wie Jamies glänzendes neues Rad, aber sie erkannten, dass es seines war.
»Aber wo ist Jamie, wenn das sein Rad ist?«, fragte Andy in Panik.
George zuckte mit den Schultern. Er war verwirrt. »Jamie hat bestimmt ein paar ordentliche Schürfwunden abbekommen. Vielleicht hat er sich sogar etwas gebrochen«, sagte er verängstigt.
»Jamie!«, rief Andy und ließ sein Rad auf den Boden fallen. »Wo bist du?«
»Er muss sich wehgetan haben, als er vom Rad fiel«, meinte Tommy und warf seinen Freunden und seinem Bruder einen besorgten Blick zu.
Die Jungen ließen ihre Räder auf dem Bürgersteig liegen und gingen um den Pferdewagen herum. Sie begriffen nicht, weshalb so viele Fußgänger stehen
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