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Der Glanzrappe

Der Glanzrappe

Titel: Der Glanzrappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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der Mensch konnte nichts tun, als dem Metall das eigene Fleisch als Schild entgegenzuhalten. Denn ehe der Mensch dort ankam, hatte er jeden Willen aufgeben müssen außer dem Bestreben, zu töten oder getötet zu werden, und dies überlebt zu haben bedeutete, um den Tod betrogen worden zu sein. Robey wußte, am Ende dieses Weges wartete sein Schicksal.
    Er rief den Männern, die ihm auf dem Rückzug entgegenkamen, nicht den Namen seines Vaters zu, fragte die Gestalten mit den trüben Augen und eingesunkenen Wangen nicht, wo er ihn finden könne. Er wollte ihr Leid nicht verstärken, vor allem aber wollte er nicht, daß sie i hn hörten oder sahen. Er wollte durch die murmelnden Reihen gehen, als gäbe es ihn gar nicht, als wäre er etwas Flüchtiges und in der Lage, die Zeit aufzutrennen und entlang der Nahtstellen unbekannte und unsichtbare Orte aufzuspüren. Das hatte er schon früher getan, war lautlos zu den Orten der Hirsche und Bären geschlichen, hatte sich einem Kaninchen genähert und es im Nacken gepackt, als es ihn kommen sah. Er wußte einfach, daß er seinen Vater finden würde, weil er dort sein würde, wo er nach ihm suchte.
    Als er sich der Stadt näherte, fiel sein Blick erneut auf den Unrat des Krieges. Überall klebte das regennasse Papier der Patronenhülsen, überall waren Fetzen von Kleidern, Decken und Säcken verstreut, dazwischen zersprungene Uhren, zerbrochene Teller und andere Scherben. Er sah einen Stiefel, und dann einen Stiefel mit einem Fuß darin, er sah einen Ärmel und dann einen Arm in einem Ärmel, einen Handschuh und dann eine Hand in einem Handschuh. Tote Pferde, zersplitterte Munitionskisten, Abfälle von Maiskolben und Reste von Messinggeschützen, die weißen Eichenlafetten zerschlagen und die rußgeschwärzten Kanonenrohre ausgebeult und geborsten. Ein Schimmel ohne Vorderbeine lag auf der Seite und zupfte still an einem zertrampelten Roggenbüschel.
    Die Bäume glitzerten bleich wie Knochen, wo die knorrige Rinde weggeschossen war, und Menschen lagen steif und verrenkt am Boden, während andere so friedlich ruhten, als wären sie bei einem Picknick eingeschlafen.
    In den leblosen Wäldern, in denen der Kugelhagel niedergeprasselt war und die Luft noch immer vor Hitze knisterte, hingen Scharfschützen an ihren Ledergürteln v on den Bäumen. Sie schwebten in der Luft wie große Raubvögel, die sich auf ihre Beute stürzen wollten und mitten im Flug erstarrt waren. Sie waren tot, zu keiner Bewegung mehr fähig, und doch schien es, als könnten sie jeden Moment zu raschen, wilden Bewegungen erwachen, und wer immer unter ihnen vorbeiging, hätte den sicheren Tod zu gewärtigen.
    Das waren nur einige wenige Bilder, die Robey in sich aufnahm, während auf den Maisfeldern fünfzigtausend Opfer der Schlacht lagen, fünfzigtausend gefallene oder verwundete Männer, die nun in den Truppenlisten fehlten. Manche waren in Stücke zerfetzt. Andere schienen unversehrt herumzulaufen, dem eigenen Tod entgegen, und wieder andere waren nichts als fettiger Dunst, Fleischfetzen und zermahlene Knochen. Über mehrere hundert Morgen verteilt lag hier alles, was ein Mann in und an sich trug. Da lagen genug Organe und Gliedmaßen, Köpfe und Hände, Füße und Rippen, um einen Körper nach dem anderen wieder zusammenzunähen. Alles, was fehlte, waren Nadel und Faden und eine himmlische Näherin.
    In der feuchten Luft zog das klebrige, verklumpte Blut die Fliegen an. Hier lagen Männer mit gebrochenen und verrenkten Beinen, so verdreht, daß es praktisch unmöglich war, ihnen wieder eine menschliche Gestalt zu geben. Er wurde Zeuge schrecklicher Szenen, mit flehentlichem Bitten um Wasser und Hilfe, während die stummen Toten, in rätselhafter Ruhe verharrend, die Arme zum Himmel reckten. Von diesem Tag an war er überzeugt, daß ein Gott, der solche Verzweiflung auf Erden zuließ, ein herzloser Gott sein mußte oder, wie sein Vater immer sagte, ein Gott, der zu müde war, seine Arbeit zu erledigen.
    An einigen Stellen war ein Wimmern und Zappeln, als ob die Seelen zu entfliehen versuchten, doch er wußte, an diesem Ort waren selbst die Seelen tot. Das wußte er jetzt, obwohl seine Mutter immer gesagt hatte, auch wenn der Körper stirbt, die Seele ist unsterblich. Dann hob sich ein Kopf, und ein vom Tod gezeichnetes Gesicht erregte seine Aufmerksamkeit, lächelte ihn mit aufgerissenen Augen an und rief ihm einen Namen zu. Robey trat näher, und als er sich hinabbeugte, griffen zwei Hände nach ihm und

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