Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Glanzrappe

Der Glanzrappe

Titel: Der Glanzrappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
Vom Netzwerk:
schäumten, als verfolgte er, wie das Leben aus ihm schwand, als verstünde er, daß es nicht mehr lange dauern würde und sein wacher Geist nichts dagegen tun konnte.
    Sie zogen den Kavallerieoffizier mit dem kunstvoll gezwirbelten Schnurrbart näher ins Licht, wo sein schwarzes Haar immer noch vor Öl glänzte. Die Goldtressen der Kavallerie trug er nicht mehr, sondern war in Zivil gekleidet. Er war verwundet worden, als er gerade zur Hintertür eines Hauses hinaus verschwinden wollte.
    »Mach ihn alle«, sagte einer von ihnen, die Stimme von Whiskey beschwert, und dennoch willens weiterzumachen mit dem, was hier begonnen hatte.
    »Der tut doch keinem mehr was.«
    »Sicher ist sicher«, entgegnete der erste, zog seine Pistole und jagte dem Offizier eine Kugel in die Stirn.
    »Der ist tot«, stellte der zweite fest, nachdem er sich hinuntergebeugt und mit leerem Blick auf die Leiche gestarrt hatte, dann nahm er Stiefel und Sporen an sich.
    »Allerdings«, meinte der erste und fügte wie selbstverständlich an, in der Hölle sei schon ein Platz für den hier reserviert. Er gratulierte sich selbst zu diesem sicheren Schuß und ritt davon.
    »Er knallt sie gerne ab«, sagte der zweite.
    Die Soldaten, die das Gemetzel überlebt hatten, wurden zum Bahnhof gebracht und mußten sich dort zwischen den Verstümmelten und Sterbenden auf den Boden kauern. Wer geflohen war, dem setzten bewaffnete Spähtrupps nach, und es hallten einzelne Schüsse durch die dunkle Nacht, wenn ein Jäger auf Beute traf.
    Das Blut wurde schon schwarz, als die Hausierer wiederkehrten und ihre Waren feilboten. Die Berittenen schossen ununterbrochen weiter, bis sie sich den Armeewagen zuwandten, in denen sie Wurst, harte Kekse und Biskuits entdeckten. Sie drehten das Rohr eines Geschützes herum, richteten es auf die Lokomotive und feuerten Löcher in den Dampfkessel. Der Wasserbehälter riß, und Dampf zischte hoch in die Luft. Die nächsten Schüsse durchbohrten den Dampfzylinder, zerstörten Kurbelzapfen und Treibrad und ließen Wasserschleier auf die Schwellen regnen.
    Kurze Zeit nach der Schlacht hörte er bereits wieder das Klappern von Würfeln in Keksdosen, und es gab auch wieder etwas zu essen: Milch, Butter, Eier und Hühnchen, die aus Verstecken geholt und in die Küchen und auf die Veranden gebracht wurden. Die Herde wurden angeschürt und Töpfe zum Kochen aufgestellt. Dann öffneten sich Türen und Fenster, und die Leute auf der Straße wurden zum Essen hereingerufen, währenddessen ertönte aus einer Kapelle der himmelwärts steigende Gesang eines Chors, gefolgt von anschwellenden Orgelklängen.
    Als er die Straßen nach dem Glanzrappen absuchte, hoffte er, auch auf das Mädchen zu treffen. Er überquerte Straße um Straße, schob sich dabei einen Bissen in den Mund und warf die Hühnerknochen in den Rinnstein, doch er fand weder das Pferd noch das Mädchen.
    Von den Männern, zwischen denen er jetzt umherlief, ging eine unmittelbare Gefahr aus. Sie wirkten skrupellos, als könnten sie sich auch jederzeit gegeneinander wenden, ja sogar gegen sich selbst. Sie waren unrasiert, ihre Haare waren lang, und sie trugen flache, breitkrempige Hüte und von Fett und Rauch verschmierte Hemden. An den grauen Hosen zeichneten sich dunkle Flecken vom Schweiß der Pferde ab. Ein jeder hatte drei oder vier Navy Colts im Gürtel und eine Flinte auf dem Rücken. Sonne und Schießpulver hatten ihre Gesichter dunkel gefärbt, und ihr Gang glich dem Schnüren von Wölfen.
    »Mörder«, rief die alte Dame mit dem weißen Schleier und der Perlenkette einem vorbeilaufenden Mann mit Gewehr zu, der eine goldene Kordel um seinen schwarzen Schlapphut gewickelt hatte.
    »Alles Mörder, Madam, jeder einzelne«, entgegnete dieser, ohne innezuhalten und ohne sie anzusehen.
     
    IN EINEM SCHUPPEN fand Robey sein Nachtlager, und er fiel in einen unruhigen Schlaf. In der Nähe heulte immer wieder ein Hund auf. Unterwegs hatte er erfahren, daß eine Armee, vielleicht die seines Vaters, bei Front Royal zurück ins Tal verlegt worden war, und als er nachfragte, stellte sich heraus, daß er nur wenige Tage davon entfernt war. Eine Stimme erfüllte plötzlich die Stille, jemand rief dem Hund zu, mit dem Gekläffe aufzuhören, doch der bellte weiter, bis ein gedämpfter Schuß sich löste und dann wieder Stille eintrat. Der Morgen nahte, als er aufwachte und wieder einschlief, es war immer noch d unkel, und die Spähtrupps machten sich davon, verschwanden so geräuschlos, wie

Weitere Kostenlose Bücher