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Der Glasmaler und die Hure

Der Glasmaler und die Hure

Titel: Der Glasmaler und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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bitte«, wiegelte sie ab.
    Katharina richtete ihren Löffel auf Thea. »Bin wohl doch nicht die einzige launische Person hier.«
    Thea stellte den Teller auf die Erde. Sie erhob sich und stemmte erbost die Hände in die Hüfte. »Laßt mich in Ruhe. Alle beide.«
    Wütend stapfte sie davon und ärgerte sich schon im nächsten Moment über ihr auffälliges Verhalten. Sie mußte sich von Martin fernhalten, bis sie sich beruhigt hatte.
    Thea lief einige Schritte bis zum Wagen und blieb dort stehen. Ein dumpfer Schmerz pochte hinter ihrer Stirn, und ihre Haut kribbelte. Sie holte das Medaillon aus der Schurztasche hervor und strich über das silberne Metall. Es wirkte so unscheinbar, und doch konnte dieses Medaillon alles zerstören, was Martin in den vergangenen Monaten erreicht hatte.
    »Thea.«
    Sie zuckte zusammen, denn sie hatte Martin nicht kommen hören. Ihre Finger schlossen sich um das Medaillon.
    Martin faßte ihre Schulter und drehte sie zu sich um. Er wirkte besorgt.
    »Sprich endlich mit mir«, sagte er. »Du bist verwirrt. Und du hast keinen Appetit. Ich mache mir Sorgen um dich.«
    Thea versuchte ihn mit einem Lächeln zu beruhigen, doch sie befürchtete, daß es zu einer Grimasse entglitt. »Mein Kopf schmerzt. Mir ist übel. Morgen werde ich mich gewiß besser fühlen, und dann werde ich auch wieder essen können.«
    Martin schmunzelte. »Aber es könnte ja vielleicht aucheinen ganz bestimmten Grund für deine Übelkeit und deinen mangelnden Appetit geben.« Er umfaßte ihre Hände, die noch immer zu Fäusten geballt waren. Das Medaillon schien darin wie Feuer zu glühen.
    »Bist du schwanger, Thea?«
    »Ich … Himmel, nein!« Seine Vermutung lag so fern der Wahrheit, daß sie fast darüber lachen mußte, doch er schien fest davon überzeugt zu sein.
    »Es wäre doch wunderbar«, meinte er. »Ich weiß, daß unser Leben hier im Troß nicht immer einfach ist, aber ich würde mich trotzdem sehr darüber freuen.«
    Die Situation wurde immer verfahrener. Thea konnte ihm nicht länger ins Gesicht schauen. Sie verspürte den Drang, fortzurennen. Sie wollte allein sein, und vor allem konnte sie es nicht länger ertragen, daß er ihre Hände umklammerte.
    Ruckartig entzog sie sich ihm, machte dabei allerdings eine ungeschickte Bewegung und geriet ins Wanken. Als sie versuchte, ihr Gleichgewicht zu halten, öffnete sich ihre Hand, und das Medaillon fiel in den Morast.
    Einen Augenblick lang standen sie nur stumm voreinander und schauten auf den ovalen Anhänger, der halb in den Schlamm gesunken war. Thea stockte der Atem.
    »Was ist das?« fragte Martin leise.
    Thea bückte sich, hob das Medaillon auf und wischte es sauber. Dann legte sie es in seine Hand.
    Martins Gesicht hatte sich in eine starre Maske verwandelt. Selbst als er das Medaillon öffnete und das Bild seiner Frau betrachtete, konnte sie nicht die geringste Regung erkennen.
    Schweigend berührte sie seine Schulter und trat langsam an ihm vorbei. Sie glaubte, daß es besser war, ihn nun eine Weile allein zu lassen. Später würde genug Zeit sein, um ihm die Erklärungen zu geben, nach denen es ihn zweifellos verlangte.

Kapitel 17
    Nebelschwaden wucherten über den Boden und umschlossen das Gehöft wie ein weißer See. Die Morgensonne tauchte die Gebäude in ein verträumtes Licht. Vereinzelt erklang ein Scheppern, ein Rufen oder ein Fluch. Geräusche, die diese fast verzauberte Umgebung der Wirklichkeit preisgaben.
    Martin und Thea verbargen sich hinter einem umgestürzten, moosüberwachsenen Baumstamm am Rande des Waldes, von wo aus sie den vorderen Bereich des Bauernhauses überblicken konnten. Martin hatte ein Wolltuch auf den klammen Boden gelegt, auf dem sie nun ausharrten und schweigend das Gehöft im Auge behielten, das kaum fünfzig Schritte von ihnen entfernt lag. Ein kühler Wind blies ihnen entgegen, doch Martin spürte die Kälte nicht. Seine Aufregung machte ihn unempfindlich gegen die Witterung.
    Nachdem Thea ihm am gestrigen Abend das Medaillon in die Hand gelegt hatte, war er lange am Wagen stehengeblieben und hatte auf Sophias Porträt gestarrt. All die unheilvollen Bilder aus Magdeburg waren erneut auf ihn eingestürzt, als hätten sie nur auf diesen Moment gelauert. Die Zerstörung der Stadt, das Eindringen seiner Vettern und der Anblick seiner toten Frau – er hatte geglaubt, die Feuer in seinem Kopf wären erloschen, doch von einem Moment zum anderen loderten sie so heftig auf, als hätte man Öl auf sie geschüttet.
    In der

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