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Der Glasmaler und die Hure

Der Glasmaler und die Hure

Titel: Der Glasmaler und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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ihnen.«
    Martin wollte ihr erklären, daß er das schon getan hatte, als er Wenzel das Leben genommen hatte, doch er wurde von einer weiteren Bewegung an der Tür zum Bauernhaus abgelenkt. Er kniff die Augen zusammen und verfolgte jeden Schritt des Mannes, der nach draußen trat. Dessen Gesicht wurde von einem großen Hut verdeckt. Der Kerl trat auf den Waldrand zu, und als er die ersten Bäume fast erreicht hatte, zog er den Hut vom Kopf und wischte durch sein Gesicht.
    »Das ist er«, raunte Thea in dem Moment, als auch Martin ihn erkannte. Es gab keinen Zweifel. Dort vor ihnen verschwand Berthold im Unterholz.
    Martin erhob sich und lief gebückt zwischen den Bäumen auf Berthold zu. Thea folgte ihm dichtauf. Nach wenigen Schritten hielt Martin inne und gab Thea ein Zeichen, hinter ihm zu bleiben und sich ruhig zu verhalten. Martins Finger krallten sich fest um den Griff der Pistole, als er auf Berthold zutrat, der ihm nur einen Steinwurf entfernt den Rücken zuwandte und dort sein Wasser ließ.
    Unter Martins Stiefel zerbrach ein Zweig. Berthold wandte sich um und musterte Martin argwöhnisch.
    Einen Moment lang standen sie sich abschätzend gegenüber. Berthold wollte etwas sagen, doch noch bevor er auch nur ein Wort hervorbringen konnte, machte Martin einen Satz auf seinen Vetter zu und schlug ihm mit der Pistole auf den Kopf. Berthold sackte jaulend auf die Knie und hielt sich die Hände schützend vor das Gesicht.
    Martin hielt inne. Seine Hand schmerzte von dem harten Schlag.
    Auch Thea eilte nun herbei und verfolgte erschrocken das Geschehen. Berthold betastete seine blutige Schläfe. Seine Augen wanderten von Martin zu Thea, und er wirkte nun noch erstaunter.
    Martin setzte die Mündung der Pistole an Bertholds Stirn. »Du wirst sterben«, raunte er.
    Berthold wich zurück und kroch wie ein Hund vor ihm auf dem Waldboden. »Warum?« krächzte er. »Warum denn?«
    »Erkennst du mich?«
    Berthold schaute ihn aus schmalen Augen an, doch er schüttelte den Kopf.
    Martin zog das Medaillon unter seinem Wams hervor, so daß Berthold es sehen konnte. »Du hast es lange getragen. Seitdem du es mir in Magdeburg gestohlen hast.«
    Martin las aus Bertholds Gesicht, wie sehr er ihn mit dieser Offenbarung überraschte.
    »Martin«, stammelte Berthold. »Das kann nicht sein. Rupert hat dich getötet.«
    »Du hast das Bild gesehen, das sich in dem Medaillon befindet.«
    Berthold nickte.
    »Ihr habt meine Frau ermordet und geschändet.«
    Berthold kauerte elendig unter ihm und faltete die Hände wie zu einem Gebet. Seine Lippen zitterten vor Angst.»Gott ist mein Zeuge, ich habe weder deiner Frau noch einem anderen Menschen das Leben genommen. Und ich habe deine Frau nicht geschändet.«
    »Das gleiche behauptete euer Kumpan Wenzel, bevor er unter meinem Messer starb. Nun werde ich dir das Leben nehmen und auch deinen Bruder Rupert töten.«
    Berthold wimmerte wie ein Kind und kauerte sich auf dem Waldboden zusammen. Martin hielt noch immer die Pistole auf den Kopf seines Vetters gerichtet. Eine Bewegung seines Fingers würde Bertholds Leben ein Ende setzen. Er wollte ihn tot sehen und Erlösung erfahren.
    »Erschieß ihn nicht, Martin«, sagte Thea. Sie berührte seine Schulter. »Lade nicht die Sünde auf dich, die sie begangen haben.«
    Ihre Worte kümmerten ihn nicht. Er drückte die Waffe fester gegen Bertholds Schädel. Seine Hand zitterte. Warum fiel es ihm so schwer, ihn zu töten? Er hatte in Podelwitz keinen Moment gezögert, Wenzel das Leben zu nehmen, doch in diesem Moment und unter Theas Augen brachte er es nicht fertig, die Pistole abzufeuern.
    »Verdammt, Thea …«, flüsterte er, doch bevor er weitersprechen konnte, wurden sie von einer fremden Stimme gestört.
    »He, was treibt ihr?«
    Martin wandte sich um und erkannte hinter sich zwei mit Partisanen bewaffnete Landsknechte. Er fluchte leise, und in diesem Moment rächte es sich, daß er Berthold aus den Augen gelassen hatte. Sein Vetter richtete sich halb auf und versetzte Martin einen Stoß. Martin taumelte und suchte Halt an einem Baum. Berthold rannte davon. Martin richtete seine Pistole auf ihn und schoß. Der Knall schmerzte in seinem Ohr. Pulverdampf umhüllte ihn. Er machte einen Schritt nach vorn und mußte zu seinem Verdruß feststellen, daß er sein Ziel verfehlt hatte. Berthold lief um sein Leben und eilte auf das Gehöft zu.
    Auch die beiden Landsknechte waren nun alarmiert und kamen auf sie zu. »Ihr da, bleibt stehen!« rief ihnen der

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