Der Glaspavillon
hingeben, und ich kann es kaum noch aushalten. Ich bin so glücklich, aber ich habe auch große Angst.
Als ich das gelesen hatte, weinte ich nicht wirklich, aber trotzdem waren meine Wangen naß. Ich fühlte mich nicht mitgenommen oder so. Ich hatte einen sehr befreienden Fünf-Minuten-Heulanfall, nach dem ich mich bedeutend besser fühlte, mir das Gesicht wusch und Caspar anrief.
Als er den Hörer abnahm, wußte ich gar nicht mehr so genau, warum ich ihn eigentlich hatte anrufen wollen. Ich fragte ihn, ob er Lust auf einen Drink hätte, und er fragte, wann denn, und ich sagte, jetzt sofort. Aber er meinte, daß er nicht weg könne, weil ein Stockwerk höher ein Kind schlafend im Bett liege. So schlug ich vor, mit einer Flasche Wein zu ihm zu kommen, und versprach, auch höflich und anständig zu sein und keine Szene zu machen.
Ich wolle keine Mitleidsbezeugungen oder weisen Ratschläge. Er meinte, ich solle besser aufhören und lieber keine weiteren Versprechungen machen. In Ordnung. Also machte ich mich auf den Weg.
»Du bist wirklich sehr geduldig«, sagte ich zu Caspar, als mein Fahrrad im Flur und die Weinflasche auf seinem Küchentisch stand.
»Ich habe Geduld mit dir « , erwiderte er. »Aber verlaß dich besser nicht darauf.«
»Ich weiß. Du mußt ganz schön viel mit mir aushaken.
Das tut mir wirklich leid.«
»Ich fühle mich anscheinend zu Frauen hingezogen, mit denen es das Leben nicht gut gemeint hat. Sicher wird es hochinteressant zu sehen, wie ich mit einer glücklichen Jane Martello zurechtkomme.«
»Glücklich?« fragte ich. »Na, ja, wir wollen es nicht gleich übertreiben.«
Ich berichtete ihm, wie mein Abend verlaufen war, und erzählte ihm, ohne ins Detail zu gehen, daß ich in meinem alten Tagebuch gelesen hatte.
»Bist du noch immer auf der Suche, Jane?«
»Nein, natürlich nicht. Ich bin dabei, das alles hinter mir zu lassen. Aber wahrscheinlich hatte ich gehofft, dort irgendeinen Hinweis zu entdecken, der auf wundersame Weise die Entwicklung der Ereignisse bestätigt. Es erscheint mir noch immer so merkwürdig. Ich möchte etwas anderes – jemand soll mir sagen, daß alles in Ordnung ist.«
Es folgte eine lange Pause. Ich hatte insgeheim gehofft, daß er dieses Schweigen mit beruhigenden Worten füllen würde, doch er tat es nicht. Er lächelte mich nur so merkwürdig an, spielte mit seinem Glas und trank schließlich einen Schluck.
»Und dennoch«, sagte er, »hast du das Angebot abgelehnt, dich dieser Selbsthilfegruppe von Frauen anzuschließen, die ihr Gedächtnis wiedererlangt haben.
Sie hätten dir geholfen. Warum hast du abgelehnt?«
Ich lachte und nahm eine Zigarette aus meiner Tasche, dachte aber im selben Augenblick an Fanny, die oben schlief, und legte sie wieder weg.
»Aus mehreren Gründen, nehme ich an. Unter anderem war es ein Satz von dir.«
»Von mir?« meinte Caspar mit gespieltem Erschrecken.
»Als wir uns damals auf einen Drink getroffen haben, bevor du zu der öffentlichen Anhörung wegen des Wohnheims gekommen bist, erzähltest du mir von einer Studie, die zeigt, daß Leute, wenn sie einmal etwas öffentlich geäußert haben, bei ihrer Meinung bleiben, selbst wenn man ihnen beweisen kann, daß ihre Behauptungen nicht stimmen. So ist es doch, oder?«
»Ja.«
»Ich möchte Gewißheit, aber ich möchte Gewißheit und dazu noch recht haben. «
»Dabei kann ich dir nicht helfen.«
»Ich weiß nicht.«
Beide stellten wir unsere Gläser auf den Tisch. Ich weiß nicht mehr, wie es dazu kam, aber plötzlich lagen wir uns in den Armen, küßten uns leidenschaftlich, während unsere Hände den Körper des anderen erkundeten. Ich knöpfte sein Hemd auf und glitt mit den Lippen seine behaarte Brust hinab. Er zog mir den Pullover aus und schob den BH, ohne ihn zu öffnen, von meinen Brüsten.
»Warte«, sagte ich atemlos. »Ich muß erst die Stiefel ausziehen.«
Meine Schuhe waren so fest verschnürt wie ein Korsett.
Er schüttelte den Kopf, und ich spürte seine Hände auf meinen Knien und dann, wie sie meine Beine hinauf-glitten. Zum Glück hatte ich keine Strumpfhosen an. Als er sich bis zum Slip vorgetastet hatte, zog er ihn mit einem Ruck nach unten und über meine Schuhe. Als ich auf das Sofa zurückfiel, rutschte mein Rock hoch, und schon spürte ich ihn in mir.
Später gingen wir ins Schlafzimmer und befreiten uns von unseren verknautschten Kleidern, erkundeten zärtlich den Körper des anderen und schliefen wieder miteinander.
Ich fühlte, fast
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