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Der globale Polizeistaat

Der globale Polizeistaat

Titel: Der globale Polizeistaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Darnstädt
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wird, niemals erreicht. Denn in dieser engen Definition kann ein Staat nicht gegen Privatleute Krieg führen, sei es innerhalb oder außerhalb seiner Grenzen. Nun ist allgemein anerkannt, dass diese strenge Auslegung der Definition von Krieg in Bezug auf die gewaltsamen Auseinandersetzungen auf der Welt zu nichts führt: Staaten im Kampf gegen Aufständische auf die innerstaatliche Rechtsordnung zu verpflichten und sie am Kriegführen zu hindern, ist ab einer gewissen Eskalationsstufe der Gewalt weltfremd. Durch Zusatzabmachungen zu den Genfer Kriegsrechtskonventionen und zum Teil durch Völkergewohnheitsrecht sind die Grenzen zwischen Kriegsrecht und innerstaatlicher Rechtsordnung neu bestimmt worden. Diese noch immer nicht ganz abgeschlossene Rechtsentwicklung lässt sich so zusammenfassen: In einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt ist der Staat berechtigt, wie in einem Streit um die äußere Sicherheit vorzugehen. Er darf sein Militär einsetzen, es darf getötet werden, und der Gegner darf interniert werden - allerdings nach den humantitären Regeln des Kriegsrechts.
    Interessant ist die Bestimmung des Punktes, an dem die Sache der inneren Sicherheit zur kriegerischen Sache wird: Es ist der Punkt, an dem organisierte bewaffnete Gruppen »unter einer verantwortlichen Führung eine solche Kontrolle über einen Teil des Hoheitgebiets der Hohen Vertragspartei ausüben, dass sie anhaltende, koordinierte Kampfhandlungen durchzuführen vermögen«. Dies ist die Definition in den Genfer Konventionen von 1949. 14 Natürlich ist diese Vereinbarung einst nicht getroffenen worden, um von Aufruhr zerrüttete Staaten von den letzten Resten ihrer Rechtsstaatlichkeit zu befreien, sondern um anarchischen
Zuständen der Rechtlosigkeit wenigstens kriegsrechtsähnliche humanitäre Bindungen zu verschaffen. In der modernen Welt des Kampfes gegen den Terror hat es sich jedoch eingebürgert, die Annäherung innerstaatlicher Konflikte an die Situation des Krieges als Erleichterung für jene Staaten zu betrachten, die sich für den Normalfall an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gebunden sehen. Das zeigte sich etwa im Jahr 2000, als Israel nach Ausbruch der Unruhen im damals besetzten Gaza durch seine Militärjuristen erklären ließ, es handele sich nicht etwa um besonders schwere Rechtsbrüche, sondern um einen »armed conflict short of war«. Dies hielten Regierungsvertreter später auch den Klagen entgegen, sie hätten bei der Niederwerfung der Aufstände unverhältnismäßig hart reagiert: Dies war kein law enforcement , das war Krieg oder so ähnlich. 15 Im Jahr 2009, als es erneut kriegsähnliche Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hamas in Gaza gab, war das Gebiet nicht mehr besetzt, sondern von Hamas kontrolliert. Damit war Gaza zwar kein innerer Teil Israels mehr, aber gleichwohl (noch) kein richtiger eigener Staat. Ein klassischer Krieg war die Schlacht von 2009 auch nicht. Auch in diesem Fall war unstreitig Kriegsrecht anzuwenden, weil Hamas de facto wie eine staatliche Organisation über Gaza herrschte. Generell hat sich so die völkerrechtliche Regel herausgebildet, dass, egal ob innerhalb oder außerhalb der staatlichen Grenzen, jene Gegner nach Kriegsrecht zu behandeln sind, die dem Staat faktisch auf Augenhöhe gegenübertreten: wie eine organisierte Streitmacht, deren Befehlshaber die tatsächliche Kontrolle über ein Stück Land innerhalb oder außerhalb des angegriffenen Staates haben.
    Diese im Völkerrecht entstandene Regel lässt sich für den Gebrauch in Mitteleuropa vereinfacht so ausdrücken: Die innere Ordnung eines Staates ist verbindlich, so weit und so lange sie wirkt. Sie wirkt natürlich ebenso, wenn - und sei es in spektakulärer Form - das Recht gebrochen wird. Sie wirkt aber nicht mehr, so weit sie nicht mehr anerkannt wird und nicht mehr durchsetzbar ist, weil andere Autoritäten ihren Willen zur Geltung
erhoben haben. Die Rechtsordnung wirkt, so weit sie wirkt: So einfach ist das.
     
    Wenn wir den Bereich der inneren Sicherheit mit der Rechtsmacht eines Garanten der Rechtsordnung identifizieren, ergeben sich bislang in der Wildnis der Weltordnung keine Abgrenzungsprobleme. Die Grenze zwischen innerer und äußerer Sicherheit verläuft an der Grenze der Rechtsmacht der (staatlichen) Autorität, der Durchsetzbarkeit der Rechtsordnung.

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