Der globale Polizeistaat
ein bisschen präventive Hilfe für die Freie und Hansestadt Hamburg bei der Terrorabwehr.
Was denn, die SPIEGEL-Redaktion ein Terrornest?
Das Bundeskriminalamt gibt bekannt, dass aus ermittlungstaktischen Gründen vorerst keine Details bekannt gegeben werden können. Der Innenminister äußert seine Überzeugung, dass der Einsatz »vor der Rechtsordnung Bestand« habe.
Wem solche Visionen hysterisch erscheinen, der muss nur in die USA schauen, wo der Krieg gegen den Terrorismus verfassungsrechtliche Grenzen sprengte, wo Militärs und Auslandsgeheimdienste weitreichenden Zugriff auf die Daten und die dazugehörigen Bürger haben. Wer das alles für übertrieben hält, kann nachlesen, was der verstorbene amerikanische Philosoph Richard Rorty sagte: »Der Verdacht, dass der Krieg gegen den Terrorismus gefährlicher als der Terrorismus selbst ist, erscheint mir völlig gerechtfertigt.«
»Das größte Kunstwerk, was es überhaupt gibt«
Ist der Staat noch zu gebrauchen? - Albtraum Weltinnenpolitik -
Römische Säulen in Washington - Ein Notstandsvölkerrecht -
Die Westfälische Ordnung in Bedrängnis
Wer wundert sich noch über die Rufe nach einem Staat, der aus eigener Souveränität Entscheidungen als Ausnahmen trifft, der sich nicht um seine verfassungsrechtlichen und seine territorialen Grenzen schert, wenn es darum geht durchzugreifen? Der gute alte Staat, wie wir ihn kennen, ist überfordert. Der Terrorismus, wie er sich im vergangenen Jahrzehnt entwickelt hat, zeigt sich als Teil einer weltweiten Entwicklung, die den Staat alter Lesart als Auslaufmodell dastehen lässt. Nicht nur die Wirtschaft und ihre Krisen, ebenso die Gefahren, die den Bürgern durch Umweltkatastrophen wie Klimawandel, organisiertes Verbrechen und weltweit verbreitete Seuchen wie die Vogelgrippe drohen: All dies entzieht sich der Kontrolle und Bewältigung durch einzelne Staaten.
Auch der Staat als Garant für Frieden und Freiheit scheint vielen ausgedient zu haben. Nach dem Ende des Kalten Krieges begannen viele Politiker, Juristen und auch Philosophen wie etwa Jürgen Habermas, über die Möglichkeit von »Weltbürgerrechten« nachzudenken. Nicht das Bürgersein in einem territorial begrenzten oder gesellschaftlich abgegrenzten Verband wie dem Staat sollte die Grundlage der Freiheit sein, sondern allein die Zugehörigkeit der Bürger zur Menschheit, zu jenen zivilisierten Wesen, die sich »universell«, unabhängig von staatlicher Anerkennung, geltende Rechte zuerkennen und respektieren. Für die mehr alltäglichen Rechte sind supranationale Vereinigungen wie die Europäische Union zuständig, die Freiheit und Wohlstand auf einem halben Kontinent regulieren soll und für deren Arbeit die traditionellen Grenzen der alten Mitgliedstaaten, deren Souveränität und deren Verfassungen, nur noch Hindernisse darstellen.
So richtig altes Denken. Der prominente US-amerikanische Autor Robert Kagan, ein alter Haudegen des starken Staates, spottet in seinem neuesten Werk Die Demokratie und ihre Feinde über die Globalisierungseuphorie: »In der Ära nach dem Kalten Krieg versuchte ein siegestrunkener Liberalismus, seinen Triumph noch auszuweiten und das Recht der ›internationalen Gemeinschaft‹, im Falle gravierender Bürgerrechtsverstöße gegen souveräne Staaten einzuschreiten, als völkerrechtliches Prinzip zu verankern. Internationale NGOs mischen sich in innenpolitische Belange ein; internationale Organisationen wie die OSZE beobachten und beurteilen Wahlen; internationale Rechtsexperten überlegen, das Völkerrecht um so neuartige Konzepte wie die ›Schutzverpflichtung‹ oder einen ›freiwilligen Souveränitätsverzicht‹ zu erweitern.« Ein »System ständiger gegenseitiger Einmischung in die inneren Angelegenheiten« des jeweils anderen, »bis hinunter zu Bier und Würstchen« - so zitiert Kagan EU-kritische Stimmen aus Großbritannien.
Kagan hat ja recht, das alles waren Schönwetterdiskurse über die Neuordnung der Welt. Was aber passiert, wenn es knallt?
Wenn Passagierflugzeuge, von Terroristen entführt, gezielt in zwei Hochhaustürme rasen, die den Namen des globalen Hype tragen, »World Trade Center«, grad so, als brauchte man für Wohlstand und Reichtum nicht mehr als freien Handel und hohe Häuser? Wer soll antworten, wenn nicht der Staat? Die souveräne, eingespielte Kampfmaschine, der Machtapparat mit seinen knarrenden Gelenken, der eben noch außer Dienst gestellt schien, ist die einzige Instanz, die in
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