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Der globale Polizeistaat

Der globale Polizeistaat

Titel: Der globale Polizeistaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Darnstädt
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dieser Situation bekommt die These der Neuromediziner, mit eifernder Gewissheit vorgebracht, explosive Bedeutung: dass es das »Ich« der Menschen gar nicht gibt. Ebenso wenig wie den freien Willen, so die naturwissenschaftliche Erkenntnislage, gebe es eine Instanz, von der ein solcher Wille ausgehen könne. Der Mensch, verdrahtet und durchschaubar wie ein Atomkraftwerk.

    Der Philosoph Jürgen Habermas warnt: Das Ich, das den freien Willen bestimmt, sei vielleicht eine »soziale Konstruktion«, aber »deshalb ist es noch keine Illusion«.
    Ist nicht auch die Macht, die ein Staatssekretär über die Menschen im Land hat, Teil einer großen sozialen Konstruktion namens »Rechtsstaat«?

»Genau abgegrenzte Ausnahmefälle«
    Nichts ist wie vorher - Hammervorschriften - Sofern bestimmte
Tatsachen hinweisen - Gefahren-Gefahren - T ist relativ zu Z -
Das Verfassungsgericht macht die Verwirrung noch größer
     
    Früher kamen die Herren noch ins Haus, »wegen der Reparatur der Zentralheizung«, und statt die rostigen Ventile zu erneuern, bauten sie haarfeine Hightech ein, fertig war der Lauschangriff. Heute kommen sie nicht mehr selbst. Sie schicken eine Mail, in deren Anhang, »bitte öffnen«, der Autohändler des Computerbesitzers seine Frühjahrsmodelle anbietet. Oder sie lassen ein Microsoft-Fenster aufleuchten, das zum Herunterladen des neuesten Sicherheitsupdate auffordert - »urgent«. Wer könnte da widerstehen?
    Bei solchen Angeboten handelt es sich um geschickte Fakes, eingeschmuggelt möglicherweise vom Bundeskriminalamt. Wer darauf eingeht, holt sich einen Spion in den Kasten, einen »Trojaner«. Kaum geht der Benutzter online, nimmt der digitale Undercoveragent seine Geschäfte auf, fordert heimlich von seinem Auftraggeber übers Netz Spionagesoftware an, installiert sie auf der Festplatte. Die Helfershelfer, kaum angekommen, suchen die Festplatte nach interessanten Dateien ab und senden diese, für den Benutzer unbemerkt, ans BKA. Falls geeignete Hardware vorhanden, können die kleinen Spione auch mal die Webcam oder das Mikro einknipsen, damit die Auftraggeber ein bisschen fernsehen können. Ist die Arbeit getan, verduften die
Eindringlinge sehr leise, löschen alle verräterischen Spuren. Die Onlinerazzia ist vorbei. Es herrscht wieder Friede im Computer, alles ist wie vorher.
    Nichts ist wie vorher. Seit die Fahnder das Netz als Schauplatz im Krieg gegen den Terror entdeckt haben, kann die Onlinecommunity ihren eigenen Computern nicht mehr vertrauen. Privatpost, Steuererklärungen, Familienfotos, der Entwurf für dieses Buch: Nichts ist sicher vor den digitalen Schnüfflern. Es gibt kein Versteck mehr auf der Festplatte, das die amtliche Spysoftware nicht aufspüren könnte, keine Firewall, die unüberwindbar ist. Auch Auslagern auf fremde Server hilft nichts: Die Fahnder finden’s.
    Onlinerazzien nach diesem Muster hat es in Deutschland mehrfach gegeben. Zwar verbot der Bundesgerichtshof den Einsatz digitaler Trojaner zwischenzeitlich. Das hatte aber nur zur Folge, dass sich Sicherheitsexperten in Bund und Ländern dranmachten, die vom BGH vermisste Rechtsgrundlage eben nachzuliefern. Ein Update im Gesetz. Mit nicht nachlassender Energie kämpfte Innenminister Schäuble dafür, die Erlaubnis für den digitalen Angriff auf die Computer auch ins Gesetz für das Bundeskriminalamt zu schreiben. Die heimliche Ausforschung sei unerlässlich: »Das Netz bietet dem Terrorismus ein gigantisches und schier unzerstörbares Forum: Kommunikationsplattform, Werbeträger, Fernuniversität, Trainingscamp und Thinktank in einem.« Alles nicht strafbar, aber sehr gefährlich.
    Ein »Gemeinsames Internetzentrum« von Geheimndiensten und BKA ist seit 2007 in Berlin in Betrieb. »Check the web«, ist die von Schäuble verbreitete Devise, die europäischen Partnerstaaten sollen alsbald in den großen Staatsgoogle einbezogen werden. Alles, was nicht geheuer ist, kommt dann in einen gemeinsamen Topf. Und Krönung der Sammlung sollen nun wichtige Teile verdächtiger Festplatten werden.
    »Hammervorschriften«, so charakterisiert der Frankfurter Polizeirechtsexperte und Staatsrechtsprofessor Erhard Denninger, was da entsteht. Der digitale Zerfall der Bürgerrechte ist
nicht mehr zu bemänteln. Die Fahnder fahnden nicht mehr nach Terror - sie fahnden nach bösen Gedanken. Sie wollen mitlesen, sich übers Netz einklinken in die Köpfe künftiger Terroristen. Das geht weiter als jeder Lauschangriff. Denn das heimliche Abhören

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