Der globale Polizeistaat
haben, denn um der Sicherheit willen beschlossen sie, alles noch viel besser zu machen als der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Zusätzlich zu der Uno-Liste führten sie gleich eine eigene EU-Terrorliste ein.
Auf der Liste, die Brüssel unabhängig von der Uno aus eigener Machtvollkommenheit führt, standen Ende 2008 rund sechzig
Namen und Gruppen. Die Liste wird von einer geheimnisvollen Brüsseler Instanz gepflegt, die sich intern Clearing House nennt und deren Mitglieder fast niemand kennt. Clearing House wird mit Vorschlägen gefüttert, die aus den Mitgliedstaaten der EU kommen. In Deutschland hat ein Beamter des Auswärtigen Amtes den heiklen Auftrag, Kandidaten für die zivilen Todesurteile zu benennen.
So ist der Schlamassel komplett: Die Mitgliedstaaten, die ausgebaute Rechtsschutzsysteme haben, können sich allenfalls per Vorschlag in die Terrorliste einmischen. Die EU, die alle Kompetenzen dafür an sich gezogen hat, verfügt hingegen nur über rudimentären Rechtsschutz, der für dermaßen heikle Eingriffe in Bürgerrechte auch gar nicht gedacht ist. Hilflos reagierte so wiederholt das Gericht erster Instanz des Europäischen Gerichtshofs, an das sich Gelistete wendeten. Als sich die Richter 2006 erstmals dazu durchrangen, die Sache überhaupt zur Überprüfung anzunehmen, äußerten sie sich sogar richtig frech: Auch die Uno, so erklärte das Gericht erster Instanz, hätte sich an das »Jus Cogens«, einen zwingenden Menschenrechtskern, zu halten. Deshalb werde man die Berechtigung der Uno-Terrorliste gegebenenfalls überprüfen. »Gegebenenfalls« heißt: Jetzt erst mal nicht. Kein einziger Fall, der den Richtern bislang vorlag, war Anlass genug für eine solche Überprüfung, die tatsächlich unerhört wäre.
Mit der eigenen, der EU-Liste, gingen die europäischen Richter nicht so zimperlich um. Gleich mehrfach erklärten sie es für rechtswidrig, dass die iranische Exilorganisation Volksmudschahidin, die seit Jahren der Gewalt abgeschworen hat, als Terrorhelfer geführt werde, und verlangten die Streichung. Clearing House reagierte jedes Mal prompt, überprüfte alles - und ließ die rebellischen Iraner auf der Liste. Erst im Januar 2009 wurden sie von der Liste genommen.
Wenigstens Herrn K. hat der EuGH recht gegeben: Ein Listenmitglied namens Kadi erreichte es in der zweiten und letzten europäischen Instanz, dass das Gericht eine Verletzung seines
»Eigentumsrechts« konstatierte, weil er ohne angemessene Rechtsbehelfe zum Terrorhelfer erklärt und sein Vermögen blockiert worden war. Nun warten seine Anwälte darauf, dass die vom Gericht vermissten Rechtsbehelfe eingerichtet werden. Auch der Lissabon-Vertrag verspricht solche Vorkehrungen in seinem Artikel 75 über Finanzsperren.
Mamoun Darkazanli, 22085 Hamburg, fragt sich, ob er bis dahin verhungert ist.
»Einschließlich der militärischen Mittel«
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Schwarzer Johannisbeerlikör hat die guten Sitten in Europa verdorben. Das klebrige Getränk, das die Franzosen so gern mit Champagner mischen, durfte lange Zeit in Deutschland nicht verkauft werden - weil es, wie so manches aus Frankreich, den hiesigenVorstellungen über gesunde Ernährung nicht entsprach. Die Franzosen waren empört: Das könne doch keine Wirtschaftsgemeinschaft sein, wo dermaßen unterschiedliche Einschätzungen über die Qualität von Cassislikör regierten. Der Europäische Gerichtshof schlichtete: Was für Frankreich gut ist, ist für alle gut. So entstand das Prinzip der »gegenseitigen Anerkennung«.
Die Idee, dass alle Mitgliedstaaten zulassen müssen, was in einem Mitgliedstaat als gut und richtig beurteilt wird, bestimmt mittlerweile weite Teile der europäischen Rechtsordnung. Die gegenseitige Anerkennung von Gerichtsentscheidungen, Haftbefehlen und Beweisbeschlüssen führt zur Nivellierung der europäischen Rechtsstaatssysteme auf dem jeweils niedrigsten Niveau. So müssen nun nicht nur alle anderen Mitgliedstaaten anerkennen,
dass der regelmäßige Genuss von Cassislikör ungefährlich ist. Sondern sie müssen sich ebenfalls damit auseinandersetzen, dass im gemeinsamen Vorgehen gegen den Terror das Land des guten Essens und Trinkens Europas Sicherheit mit außerordentlicher Brutalität verteidigt. Unter dem langjährigen Innenminister und
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