Der globale Polizeistaat
außenpolitisches Prärogativ definieren und unter diesem Vorzeichen einen Politikraum etablieren, zu dem sowohl Parlamente als auch die Gerichte nur äußerst eingeschränkt Zugang erhalten. Die Externalisierung der Politik der Inneren Sicherheit hat somit zur Konstruktion eines ›parlaments- und gerichtsschwachen‹ Kompetenzbereichs geführt. Die Absprachen und Übereinkommen, die auf diese Weise zustande kommen, können dann als außeninduzierter ›Handlungszwang‹ auf die einzelstaatliche Ebene übertragen und den nationalen Akteuren auferlegt werden.«
Mit »außeninduzierten Handlungszwängen« erklärt sich zum Beispiel die Hartnäckigkeit, mit der Schäuble innenpolitisch auf die Einführung weitreichender präventiver Kompetenzen im Gesetz für das Bundeskriminalamt drängte. Besonders die antiterrorkriegs-erprobten Briten verlangten, die Deutschen mögen doch endlich eine zentrale Antiterror-Polizei einrichten. Einer G-6-Absprache ist auch der Plan zu verdanken, eine supranationale Internetpolizei aufzubauen, die - wie schon länger in Deutschland - das Netz auf verdächtige Aktivitäten durchforstet.
Die G-6-Runde wird zum Einfallstor für Hardlinervorschläge ins europäische und auch ins nationale Recht. Das führt dazu, dass das Niveau des gesamten europäischen Sicherheitsraumes sich auf die Dauer auf den Stand des am härtesten agierenden G-6-Mitgliedes reduziert. Und das sind ohne Zweifel die Briten.
»Gefährder« dürfen dort umfassend überwacht und unter polizeiliche Kontrolle gestellt werden. Vorbeugehaft gegen jedweden Verdächtigen kann bis zu 28 Tage verhängt werden. Berüchtigt ist das umfassende Videoüberwachungssystem auf der Insel. Im Oktober 2008 erst enthüllte der Independent irrwitzige Pläne des Londoner Innenministeriums, den gesamten E-mail- und Telefonverkehr, der die Insel verlässt oder dort ankommt, aufzuzeichnen und zu kontrollieren. Im Mai 2006 geriet ein Memo des Premierministers an Innenminister John Reid an die Öffentlichkeit, in dem eine Revision der in Großbritannien geltenden Menschenrechtsgarantien erwogen wurde. Blair schlug vor, die Richter darauf zu verpflichten, die individuellen Menschenrechte gegen das »Gemeinschaftsrecht auf allgemeine Sicherheit« abzuwägen. Ebenso wurde in dem Memo die Möglichkeit erwogen, der Regierung die Befugnis zu verleihen, aus ihrer Sicht negative Entscheidungen der oberen Gerichte zu annullieren. 30 Im Februar 2009 wurde es schließlich dem Europäischen Gerichtshof für Menschenreche in Straßburg zu dicke: Er verurteilte den britischen Staat, Entschädigung an elf mutmaßliche Terrorhelfer zu zahlen, die nach dem 11. September 2001 vorbeugend inhaftiert worden waren. Das britische Vorbeugehaftgesetz, so urteilte das Menschenrechtsgericht, sei rechtsstaatswidrig und diskriminiere Ausländer.
Doch die Runde der G-6 ist kaum zu bremsen. Juristen, die trotz allem der neuen Sicherheitslehre im »Raum der Freiheit der Sicherheit und des Rechts« den staatsrechtlichen Segen geben, finden sich immer. In Bezug auf die »Sicherheitsphilosophie im 21. Jahrhundert« hielt der inzwischen verstorbene Kölner Verfassungsrechtler Peter Tettinger eine »gründliche Überarbeitung« des Sicherheitsrechts für nötig, insbesondere »umfassende Überlegungen zur Erhaltung und Verstärkung der Sicherheit« in der Europäischen Union, »die auf nationaler Ebene der Mitgliedstaaten flankierend entsprechende verfassungsrechtliche Absicherungen naheliegend erscheinen lassen.«
»Eine Art Todesurteil«
Kein Geld für Darkazanli - Finanzielles Guantanamo - Zuruf
von der CIA - Bestimmte spezifische restriktive Maßnahmen
gegen bestimmte Personen - Der Wettbewerb wird nicht verzerrt
Wie weit die Sicherheitsphilosophie des 21. Jahrhunderts schon gediehen ist, musste der Hamburger Mamoun Darkazanli erfahren, nachdem er vor dem deutschen Bundesverfassungsgericht erfolgreich gegen seine Auslieferung nach Spanien geklagt und bei der Gelegenheit das deutsche Gesetz den Europäischen Haftbefehl betreffend für verfassungswidrig hatte erklären lassen. Zwar machte sich die Bundesregierung umgehend an die Arbeit, nach den Karlsruher Vorgaben ein neues Haftbefehlsgesetz zu basteln, doch Darkazanli war davon nicht mehr betroffen, weil die Bundesanwaltschaft mittlerweile das Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt hatte. Dem Mann sind seine Verstrickungen in die Finanzierung des Al Kaida-Terrors mit rechtsstaatlichen Mitteln in Deutschland nun mal
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