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Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Titel: Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo , Pößneck GGP Media GmbH
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Markstein und betrachtete mit abergläubischer Furcht den geisterhaften Scheiterhaufen, der zweihundert Fuß hoch in der Luft strahlte. Clopin Trouillefou biß wütend in seine breiten Fäuste. – „Unmöglich einzudringen!“ murmelte er zwischen den Zähnen.
    „Eine gefeite Kirche“, brummte der alte Zigeuner Matthias Hungardi Spicali.
    „Beim Schnurrbart des Papstes!“ rief ein alter, schon ergrauter Spitzbube, der als Landsknecht gedient hatte, „die Dachrinnen der Kirche speien uns geschmolzenes Blei noch besser ins Gesicht, als die Schießscharten von Lectoure.“
    „Seht Ihr den Teufel, der beim Feuer hin und her rennt?“ rief der Zigeunerherzog.
    „Bei Gott“, sprach Clopin „das ist der verdammte Glöckner Quasimodo.“
    Der Zigeuner erhob den Kopf. – „Ich sage, es ist der Geist Sabnac, der große Markgraf, der Teufel der Festungen. Er sieht aus wie ein gewaffneter Soldat und hat einen Löwenkopf. Bisweilen sitzt er auf einem scheußlichen Roß. Menschen verwandelt er in Steine und baut Türme mit ihnen. Er befehligt fünfzig Legionen Teufel. Er ist’s, ich erkenne ihn wieder. Bisweilen trägt er ein schönes Kleid mit Gold nach Art der Türken.“
    „Wo ist Bellevigne-de-l’Etoile?“ fragte Clopin.
    „Tot“, erwiderte eine Zigeunerin. – „So gibt’s denn kein Mittel, das Tor zu sprengen?“ rief der König von Thunes, mit dem Fuße stampfend. Der Zigeunerherzog zeigte ihm traurig die beiden siedenden Bleiströme, welche die schwarze Fassade wie zwei lange Spinnrocken von Phosphor zu beleuchten fortfuhren. – „Schon oft“, sagte er seufzend, „verteidigten sich so die Kirchen. St. Sophia in Konstantinopel warf dreimal Mohammeds Halbmond ab und schüttelte ihre Kuppeln, die ihre Häupter sind. Guillaume von Paris, der Notre-Dame baute, war ein Hexenmeister.“
    „Sollen wir denn demütig Reißaus nehmen“, sagte Clopin „und unsere Schwester da lassen, damit sie morgen die bekappten Wölfe hängen?“
    „Und die Sakristei, wo Wagen voll Gold liegen“, fügte ein Gauner hinzu, dessen Namen wir leider nicht kennen.
    „Mahoms Bart!“ rief Trouillefou. – „Versuchen wir’s noch einmal“, sagte jener Gauner.
    Matthias Hungardi erhob den Kopf: „Durch das Tor können wir nicht eindringen. Wir müssen die schwache Seite der Rüstung jener alten Fee ausfindig machen, ein Loch, eine Hintertür, irgendein Panzergelenk.“ – „Ich kehre zurück! Wer folgt?“ sprach Clopin. „Aber wo ist der kleine Student Jehan, der ganz in Eisen steckte? – „Wahrscheinlich tot“, erwiderte jemand, „man hört sein Gelächter nicht mehr.“
    Der König von Thunes runzelte die Brauen. „Sehr schlimm! Ein tapferes Herz schlug unter der Rüstung. Wo ist aber Meister Peter Gringoire?“ – „Kapitän Clopin“, antwortete Andry-le-Rouge, „er hat sich fortgeschlichen, als wir noch nicht am Pont-aux-Changeurs waren.“
    Clopin stampfte mit dem Fuße. „Gottes Rachen! Er hat uns aufgehetzt und ein schönes Geschäft auf den Hals geladen! Der feige Schwätzer.“
    „Kapitän Clopin“, rief Andry-le-Rouge, der in die Straße des Vorplatzes hinaufblickte, „dort kommt der Student.“
    „Pluto sei gelobt“, sprach Clopin, „aber beim Teufel, was schleppt er hinter sich her?“
    Jehan war es wirklich. Er lief so schnell, wie es seine schwere Rüstung und eine lange Leiter erlaubten, die er tapfer auf dem Pflaster schleppte.
    „Sieg! Sieg! Te Deum!“ schrie der Student. „Hier ist die Leiter der Auslader von dem Hafen St. Landry.“
    Clopin trat zu ihm heran. – „Kind, was willst du mit der Leiter anfangen?“ – „Gottes Horn! Da ist sie“, antwortete Jehan keuchend. „Ich wußte, wo sie war – im Wagenschuppen des Leutnants. – Ich kenne seine Tochter. – Sie glaubt, ich sei schön wie Kupido. – Mahoms Ostern! Da ist die Leiter. – Das Mädchen kam im Hemde, mir aufzuschließen.“ – „Ja“, sagte Clopin, „aber was willst du mit der Leiter?“
    Jehan betrachtete ihn mit pfiffiger, schlauer Miene und klapperte mit den Fingern, wie mit Kastagnetten. In dem Augenblick war er erhaben. „Was ich tun will, erhabener König von Thunes? Siehst du über den drei Portalen die Reihe von Pinseln dort?“ – „Nun?“ –„Das ist die Galerie der Könige von Frankreich.“ – „Was geht das mich an?“ – „Warte doch! Am Ende der Galerie ist eine Tür, die nur mit einem Drücker geschlossen wird. Ich steige mit der Leiter hinauf und bin in der Kirche.“ –

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