Der Glucksbringer
aufgespürt hatte, grenzte an ein kleines Wunder, anders konnte man es nicht nennen. Plötzlich hatte er weiche Knie und presste die Finger flach auf das Glas. Um sich abzufangen, sonst wäre er der Länge nach hingeknallt.
Wie war die Brosche nach Cowra gelangt? Hatte Jenny sie schließlich doch an jemanden verkauft, oder war sie hierher in diese Gegend gezogen? Hatte er endlich mal eine Glückssträhne? Bohrende Fragen, auf die er keine Antwort wusste.
Zehn Minuten, vielleicht auch länger, stand er wie angewachsen vor dem Schaufenster und starrte beschwörend
auf die Brosche, als könnte sie ihm Aufschlüsse über Jennys Verbleib geben. Schließlich stopfte er die Hände in die Hosentaschen und schlenderte zu seinem Wagen zurück, wo er auf seine Kollegen wartete.
In dieser Nacht machte Mike kein Auge zu. Sobald es hell wurde, sprang er aus dem Bett und zog sich an. Beim Frühstück erklärte er einem verschlafenen Mario: »Ich muss in die Stadt. Kurz was erledigen. Sag dem Vorarbeiter, dass ich etwas später komme.«
Seine Hände zitterten, als er das Lenkrad umklammerte und den Wagen die Landstraße entlang in die Stadt steuerte. Die Geschäfte waren noch geschlossen, also parkte er direkt vor dem Pfandhaus. Verschränkte die Arme vor der Brust und wartete, bis er einen Mann wahrnahm, der mit langen Schritten die Straße passierte. Vermutlich der Pfandleiher, tippte er. Der schloss nämlich die Ladentür auf und verschwand im Innern. Mike wartete noch ein paar Minuten und verfolgte aus den Augenwinkeln, wie der Ladenbesitzer in der Auslage herumwerkelte und dabei gelegentlich aufblickte. Schließlich glitt Mike aus dem Wagen und steuerte auf den Eingang zu. Vor dem Schaufenster blieb er kurz stehen. O Schreck, die Topasbrosche war weg! Und was jetzt?
»Aha, ein Frühaufsteher. Guten Morgen, Sir«, sagte Joe Stefanos, als Mike den Laden betrat. »Möchten Sie etwas kaufen oder verkaufen, Sir?«
»Ich bin mir noch nicht sicher. Eigentlich brauche ich ein paar Informationen.«
»Ich bin kein Auskunftsbüro, Sir, sondern bloß ein einfacher Kaufmann, der sich auf redliche Weise seinen Lebensunterhalt verdient, indem er Gegenstände ankauft
und wieder verkauft«, erklärte Joe, sein freundliches Grinsen eine Spur verkniffener.
»Ja, ja«, meinte sein Gegenüber leicht gereizt. »Ich komme wegen der Topasbrosche. Ich hab sie gestern Abend im Fenster liegen sehen, und jetzt ist sie nicht mehr da. Sie haben sie doch bestimmt noch nicht verkauft, oder?«
»Die Nadel steht nicht mehr zum Verkauf, Sir. Die Person, die sie als Sicherheit für eine kleinere Summe hinterlegt hatte, ist anscheinend wieder liquide. Sie rief vor ein paar Minuten bei mir an, dass sie das Pfand auslösen wird. Bedaure, aber ich zeige Ihnen selbstverständlich gern andere hübsche Stücke.«
»Ich interessiere mich ausschließlich für diese Brosche. Wem gehört sie? Kennen Sie die Besitzerin?«
Joe, der Exilgrieche, beäugte den akkurat gekleideten Kunden argwöhnisch über den Tresen hinweg. Er vertraute auf den ersten Eindruck – der ganz passabel schien – und hielt sich für einen guten Menschenkenner. Das war in seinem Gewerbe ein Muss. Andererseits war er loyal seinen Kunden gegenüber, zumal er die nette, freundliche Mrs. Brown besonders mochte. Er wiegte skeptisch den Kopf. Sie würde ihm bestimmt böse sein, wenn er diesem Fremden ihre heiß geliebte Brosche verkaufte. Daran bestand kein Zweifel.
»Mmh, diesbezüglich darf ich Ihnen keine Auskunft geben, Sir.«
Mike schob sich ärgerlich eine gewellte Strähne aus der Stirn. Mit dieser Taktik kam er anscheinend nicht weiter, dachte er. Er durfte den Griechen nicht vergrätzen, schließlich war er auf seine Hilfe angewiesen.
»Ich halte Sie für einen fairen Geschäftsmann und für einen realistischen Menschen«, hob Mike an.
»Wenn Sie mir einen Moment zuhören wollen, erzähle ich Ihnen eine Geschichte. Eine wahre Geschichte. Sie handelt von der Brosche, die in Ihrem Schaufenster lag, und von einem verliebten jungen Paar. Wissen Sie, ein Mädchen namens Jenny Smith fand die Brosche irgendwo in Sydney im Rinnstein. Sie war auf dem Weg zu einer Tanzveranstaltung, die das Rote Kreuz organisiert hatte. Dort lernte ich sie kennen. Sie war bezaubernd schön. Ich hatte eine Woche Heimaturlaub. Wir waren in jener Woche unzertrennlich, und da hat es eben gefunkt.« Er stockte, um sich zu vergewissern, ob der Pfandleiher ihm überhaupt zuhörte. »Bevor ich nach England flog,
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