Der glueckliche Manager
einer Schauspielerin verheimlichen wollte. Eigentlich hätte er seine Zusammenkünfte mit ihr einfach über sein Privatkonto bezahlen können. Doch er kam auf die glorreiche Idee, einige Spesenquittungen zu fälschen. Von seinen 300.000 Mitarbeitern forderte er moralisch einwandfreies Verhalten und den regelmäßigen Besuch von Ethik-Kursen. Schuld an einem derart absurden Verhalten kann nur totale Selbstüberschätzung sein. Für die eigene Person gelten eben andere Maßstäbe als für den Rest der Welt.
Vielleicht ist das aber gar keine Top-Management-Krankheit, sondern vielleicht leidet jeder Mensch an einer gewissen Überheblichkeit. Daran leiden Menschen umso mehr, je erfolgreicher und selbstsicherer sie sind. Ist es vielleicht so, dass wir all unsere Befugnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen überschätzen? Dass wir viel zu wenig Bescheidenheit an den Tag legen? Dass Bescheidenheit in unseren Augen eben überhaupt nicht zu einem Manager passt?
Haben wir uns die griechische Mythologie zum Vorbild gemacht? Damals glaubte Ikarus die Eigenschaften eines Vogels übernehmen zu können. Aber er flog zu nahe an die Sonne, so dass das Wachs, das die Flügel zusammenhielt, schmolz und er ins Meer stürzte. So ging es auch manchen Managern, deren Überheblichkeit sie zu Fall brachte.
Aber so manche Geldanleger glauben, dass sie den Markt schlagen könnten. Auch ich gehöre zu dieser Kategorie. Ich habe viele Bücher über Geldanlagen geschrieben, bin eigentlich ein Profi, aber mir gelingt es nicht, besser zu sein als der Markt. Viele Autofahrer sind der Meinung, dass ihre Fähigkeiten besser sind als der Durchschnitt (Wer ist dann eigentlich schlechter als der Durchschnitt?). Aber man muss auch zur Kenntnis nehmen, dass nur der Glaube an uns selbst eine Voraussetzung für den Erfolg ist. Leider können wir die Grenze zur Selbstüberschätzung nicht so genau erkennen. Sie scheint fließend zu sein. Häufig erkennen wir sie auch erst im Nachhinein, und dann ist es eben zu spät. Manchmal ist das gar nicht so wichtig, weil die Auswirkung von vielen Entscheidungen nicht eben bedeutend ist. Bei Managern geht man aber davon aus, dass sie viele Entscheidungen mit weitreichenden Folgen treffen. In solchen Fällen hat die Überheblichkeit eine wichtige finanzielle Dimension, denn die Selbstüberschätzung der Manager schadet nicht nur den Unternehmen, sondern vernichtet auch viele Arbeitsplätze.
In der Nähe von Macht befindet sich häufig auch deren Missbrauch. Er kommt dann zustande, wenn die Kontrolle fehlt. So entstanden die schwarzen Kassen bei Siemens , wurden bei Volkswagen zweifelhafte Betriebsausflüge veranstaltet und ergingen sich die Banker der Landesbanken in Spekulationsgeschäften.
Ich vermute, dass vielen Top-Managern (die Betonung liegt in der Tat auf »Top«) im Laufe der Jahre das Verständnis für das reale Leben abhandengekommen ist. Wer den Vorstandsfahrstuhl benutzt und dem »Fußvolk« aus dem Weg geht, keine Zeit findet und noch weniger Lust hat, sich mit den Mitarbeitern in der Kantine regelmäßig in die Schlange zu stellen, wer seine Kinder in Privatschulen steckt, um sie vom Plebs abzuschirmen, wer in seinem Unternehmen mit Milliardengrößen hantiert und nicht mehr weiß, was ein Pfund Brot kostet, bei dem kann es durchaus vorkommen, dass die Maßstäbe verrutschen. So sind die Millionengehälter, die sie verdienen eine Selbstverständlichkeit, und wenn jemand dagegen moniert, wird dies als Neidkomplex abgetan. Vielleicht haben die so gescholtenen Top-Manager das gar nicht zu verantworten, sondern diejenigen, die sie einst eingestellt haben. Als Kriterium zählte bewusst oder unbewusst die Bereitschaft des Bewerbers, seine Seele an den Arbeitgeber zu verkaufen. Ich kenne viele Manager, die alles konsequent ihrer Karriere untergeordnet haben. Sie haben dabei alle sozialen Kontakte außerhalb der Firma aufgegeben. Die Ehe ging in die Brüche, die Freundschaften wurden rar, ihre Kinder wollten nichts mehr von ihnen wissen, und der Fußballclub hat sie aus der Mitgliederliste gestrichen. Diese Manager haben die Bodenhaftung verloren, sie wissen gar nicht mehr, was in der realen Welt vor sich geht. Sind sie glücklich? Nein.
Es gibt Unternehmen, die das wissen. Einige stellen nur Mitarbeiter ein, die neben glänzenden Zeugnissen auch Engagement für die Gesellschaft bewiesen haben. Andere schicken ihre Manager einmal im Jahr zum Sozialdienst, ins Altenheim zum Beispiel. So entdecken die Manager das
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