Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)
Einstellung im Kasten war, in der er als brennender Gast hinter der Tafel versinkt.
Für den »Bettenkauf« gingen wir nicht, wie man das heute sicher tun würde, in ein Originalmotiv, das Bettenhaus wurde nach Loriots Entwurf im Studio aufgebaut samt Betten – dreisätzig, wie ein klassisches Klavierkonzert: Allegro – Andante – Presto.
Auch für den relativ kurzen »Skat«-Sketch wurde eine komplette Kneipe ins Studio gestellt.
Loriot war ein großer Fan des Hollywood-Schauspielers Karl Malden und wollte als dritter Mann unbedingt eine »Karl-Malden-Nase« haben. Unser unermüdlicher Maskenbildner Heino Weber modellierte ihm die Nase, die später noch einmal einen großen Auftritt bekommen sollte, in »Ödipussi«, Loriots erstem Spielfilm. Er trägt sie dort in der herrlichen Szene, in der ein wildgewordener Lustgreis seiner deutlich jüngeren Geliebten kichernd und kreischend in einem italienischen Hotelflur nachstellt.
Mit »Skat« endet »Loriot 4«. Das Bild des skatunkundigen dritten Mannes, der den beiden völlig entnervten Herren dasSpiel »Schnippschnapp« beibringen will und dazu die Karten des Skatspiels zu kleinen Dächern faltet, war so stark, dass wir auf eine eigentlich geplante Schlusszene des Sketches verzichteten. Ursprünglich war vorgesehen, dass nach einem Zeitsprung ein Kommissar mit Assistenten und Polizisten in der Kneipe den Mord am dritten Mann untersucht und tiefsinnig schlussfolgert: »Alle Indizien deuten darauf hin, dass es sich hier um ein Opfer und zwei Täter handelt!«
Einige Worte zu Loriots Arbeit mit Schauspielern. Es heißt, es gebe zwei Sorten von Regisseuren, die Dompteure und die Gärtner. Die Dompteure sind energetisch, schreien gern rum und verlangen ihren Schauspielern durch Druck Höchstleistungen ab. Die Gärtner hingegen pflegen und gießen die zarten Schauspielerseelen, bis sie von allein aufblühen.
Loriot war ein stiller Dompteur mit der Seele eines Gärtners. Aber er war beharrlich und arbeitete so lange mit seinen Schauspielern, bis er genau das bekam, was er wollte. Heinz Meier hat schon von Loriots Lieblingsregieanweisung »bitte etwas angelegentlicher« erzählt. Manchmal bat er auch darum, Dinge »angefasster« vorzutragen. Vor allem aber war ihm an richtigen Betonungen gelegen. »Die meisten deutschen Schauspieler können keine Doppelbetonungen, dabei braucht man die doch fast in jedem Satz. Es ist zum Verzweifeln …«, klagte er. Nun gibt es unterschiedliche Wege, von Schauspielern die richtige Betonung zu bekommen. Entweder man macht ihnen die Szene, die Situation, in der ein Dialog gesprochen wird, inhaltlich und emotional klar, oder, und das war eher Loriots Weg, man spricht ihnen den Dialog vor, damit sie durch das Hören der richtigen Betonung den verborgenen Sinn des Textes und die darin schlummernden Emotionen besser verstehen.
Im Deutschen, und nicht nur da, kann der Sinn eines Satzes durch die falsche Betonung auch nur einer einzigen Silbeleicht in sein Gegenteil verkehrt werden. Loriot liebte Beispiele für solche Entstellungen, etwa wenn auf einer verkehrsberuhigten Straße ein Schild stünde: »Die auf der Straße spielenden Kinder bitte vorsichtig umfahren.«
Bis die richtige Betonung saß, wurden Takes oft wiederholt. Loriot achtete wenig auf das Drehverhältnis, also die Relation zwischen verbrauchtem und im fertigen Film verwendetem Film-Material. Es konnte vorkommen, dass eine Einstellung bis zu 25mal wiederholt wurde, das war aber nicht die Regel, auch wenn Loriot dieser Ruf vorauseilte. Er wusste, dass viele Schauspieler es durchaus schätzten, an Details zu feilen und Einstellungen oft zu wiederholen: »Dieses ›Klappe – Bums – Danke!‹ reicht denen ja gar nicht. Das finden die nicht gut, denn ein Schauspieler möchte ja auch arbeiten, er möchte ja zeigen, was er kann.« Also wurde so lange wiederholt, bis es seinen hohen Qualitätsansprüchen genügte und bis er exakt das bekam, was er wollte. Aber es ging nicht nur um Betonungen.
Evelyn tat sich ein bisschen schwer, am Ende der »Eheberatung« – in der die Gattin unablässig mit dem Verschluss ihrer Handtasche knipst und der Gatte sich nicht für eine Lieblingsfarbe entscheiden kann (»… ein grünlich-blaues Braun-Rot-Grau«) – über den auf einer Stahlfeder sitzenden grauen Kusskopf aus Styropor herzufallen, ihn quasi zu vergewaltigen. Loriot probierte lange mit ihr und machte es immer wieder vor, ein Anblick für Götter. Er packte den Kusskopf wie ein
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