Der glücklose Therapeut - Roman
Zimmer « , sagte ich.
Sie warf mir einen kurzen, scharfen Blick zu. Dann nickte sie. » Kommen Sie, ich zeige Ihnen alles. « Ich folgte ihr ins Freie. » Hier ist der Pool « , deutete sie, » und dort drüben ist der Fußweg zum Hafen und zur Promenade. Dort sind alle Restaurants und Bars, fünf Gehminuten entfernt. «
Wir stiegen die breite Treppe zu meinem Zimmer im zweiten Stock hinauf. Sie schloss es mit einem großen Metallschlüssel auf und sagte, sie hoffe, ich würde meinen Aufenthalt genießen. Das Zimmer war klein, hell und bescheiden eingerichtet. Ich schob meinen Koffer in den winzigen Wandschrank und ließ mich stöhnend aufs Bett fallen. Die Bettfedern stöhnten ebenfalls. Durch das offene Fenster hörte ich die Stimmen spielender Kinder und in der Ferne dröhnende Musik. Es war heiß, doch die Sonne wurde allmählich schwächer. Ich war müde und gleichzeitig rastlos; die Eindrücke einer neuen Umgebung, die schwere Luft, die mit neuen Gerüchen gesättigt war – nach Bougainvillea, Meersalz, fermentierenden tropischen Früchten.
Ich beschloss, einen kleinen Spaziergang zu machen. Ich umrundete den Pool, in dem ein paar rotgesichtige Touristen herumplanschten, und fand den Fußweg zum Hafen. Entlang der Promenade ankerten Seite an Seite Segelboote und Motoryachten. Einige ältere Schiffe, mit großen weißen, um den Mast aufgerollten Segeln, und daneben flache Boote mit scharfen Konturen, glatt und glänzend wie neue Küchenarmaturen. Ich schlenderte am Wasser entlang. Die Bootsbesitzer – massige Geschäftsleute mit Sonnenbrille, ihre Ehefrauen mit Wespentaille und eine Reihe lebhafter, sonnengebräunter Familien – waren damit beschäftigt, Rettungswesten auszuwaschen oder sich auf weißen Kissen auf Deck zu räkeln. Das Meer, dachte ich, tut den Menschen gut. Was ist sein Geheimnis? Eine seltsame Freude durchflutete mich, denn obwohl ich die Antwort nicht kannte, spürte ich, dass diese Frage richtig war. Es war viele Monate, vielleicht sogar Jahre her, seit ich mir zuletzt eine richtige Frage gestellt hatte.
Nach ein paar hundert Metern kam ich zum » The White Conch Restaurant«. Lichterketten baumelten träge von dem strohgedeckten Dach, das die Veranda beschattete. Jeder Tisch war mit einer tropischen Plastikblüte und einer großen, offenen Schneckenmuschel geschmückt. Von den bunten Holzstühlen blätterte die Farbe. Ich setzte mich und bestellte Fisch und ein Glas Wein. Um mich herum sah ich leicht beschwipste Touristen, Paare, die sich aneinanderlehnten. Ich schaute aufs Meer hinaus, das sich allmählich purpur, karminrot und golden verfärbte. Dann schaute ich auf den leeren Stuhl mir gegenüber.
Alex hätte noch warten können, dachte ich plötzlich. Der Kollaps, die Sintflut hätte noch warten können, zumindest bis nach dieser Reise. Wir hätten den Zusammenbruch, die Niederlage auf später verschieben können. Doch mir war nicht klar, ob es eine Last oder eine Erleichterung gewesen wäre, diese funkelnden neuen Erinnerungen zu all den anderen zu packen, die wie ein Scheiterhaufen unablässig in meinem Kopf brannten.
Seit Alex ausgezogen war, hatte ich mich rächen wollen. Ich wollte, dass es ihr schlecht ging. » Ein verletzter Mensch will seinen Schmerz immer teilen « , behauptet John Savoia stets. Aus beruflicher Erfahrung weiß ich, dass Wut nicht einfach verschwindet, wenn man ihr Luft macht. Dass sie trotzdem bleibt. Doch auch dieses professionelle Wissen half mir bei meinem privaten Schmerz nicht weiter.
Vor meinem inneren Auge sah ich Alex in den Tagen vor jenem furchtbaren Freitag, wie sie sich zum Computerbildschirm beugte, sorgfältig unsere Reise und unsere Aktivitäten plante und dabei stets meine Vorlieben und Abneigungen bedachte. Während der ganzen Zeit hatte sie sich heimlich mit ihm getroffen – mit McCormicks verschollen geglaubtem Jungen, dem Piloten, zu dem sie ausgerechnet auf meine Empfehlung hin Kontakt aufgenommen und ihn davon überzeugt hatte, sich mit seinem dahinsiechenden Vater auszusöhnen. Seine Dankbarkeit manifestierte sich in einer Einladung zum Mittagessen und vielleicht in einer zweiten, und von da an nahmen die Dinge ihren Lauf; zumindest schloss ich das aus den spärlichen Informationen, die ich bisher aus Sam herausquetschen konnte.
Als ich Dich in den Hintern gevögelt habe. Als mein dicker Schwanz völlig in Deinem Arsch verschwunden war, habe ich mich gefühlt wie ein König.
Dieser Brief. Von all den Briefen, die sie bekommen
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