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Der Glücksritter

Der Glücksritter

Titel: Der Glücksritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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langen Schleppzügeln hinter sich zerrend, mit tief gesenktem Schild aus dem Sattel beugte.
    Und mitten in das Chaos, das nur in einem Blutbad enden konnte, schlugen drei unterschiedliche Ereignisse mit der Wucht von Blitzen ein, die aus wolkenlosem Himmel kamen.
    Die Flammenorgel stieß abermals, zum zweitenmal an diesem Tag, ihren grauenerregenden Schrei aus. Dieser Urlaut, der aus einer Zone zwischen Unterwelt und Chaos zu stammen schien, versetzte Menschen und Tiere wieder in Angst und Panik.
    Dann ertönten Waffenklirren, barsche Stimmen und der rasend schnelle Hufschlag von etwa zweimal zehn Reitern.
    Sie kamen im rechten Winkel auf die durcheinanderquirlende Masse zu, die sich in unaufhörlicher Bewegung befand und in der zahllose Einzelkämpfe stattfanden. Einige Flüchtlinge sahen die Reiter kommen und warfen sich schreiend zur Seite. Denn dort ritten nicht Händler oder Karawanenführer, sondern gepanzerte, entschlossene Männer mit entblößten Waffen. Vor ihnen lief hechelnd und mit bösen Augen, tiefe Hautfalten der Wut auf der Schnauze, ein starker grauer Wolf.
    Und hinter einer Wand aus Lava, die einer erstarrten, sich überschlagenden Brandungswelle glich, hob sich ein kantiger, tiefschwarzer Schädel hoch. Er schien aus lauter eckigen Knochenplatten und Hornwülsten zu bestehen, ein dämonischer Schädel, der verschwommene Ähnlichkeit mit einer ins Riesige vergrößerten Flussechse hatte. Ein faltiger Schuppenhals schob sich nach vorn und hob den Riesenschädel höher. Träge öffneten und schlossen sich die lodernd gelben Augen. Dann zersplitterte die oberste Kante des geschmolzenen Gesteins, und aus der schrecklichen Kehle kam ein Schrei, nicht unähnlich dem Laut aus der geheimnisvollen Flammenorgel. Schlagartig hörten die Kämpfe auf.
    *
    Mythor, Sabesch und der Bitterwolf, der nach den Beinen der Menschen und den Läufen der Pferde schnappte und beide in wilden Sprüngen auseinandertrieb, rasten als Spitze des Keils in die Menschenmenge hinein. Mythor richtete sich in den Bügeln auf und schrie, so laut er konnte:
    »Hört auf! Alle! Sonst bekommt ihr meine Wut zu spüren.«
    Noch immer scheuten die Pferde, wieherten aufgeregt und verhielten sich, als sei ein Dämon aus der Finsterzone hinter ihnen her.
    Zehn Bogenschüsse weiter wuchs das schwarze Ungeheuer immer höher über die Klippe hinaus, kletterte darüber und öffnete einen gewaltigen Rachen, der mit dolchartigen Zähnen gespickt war. Eine Zunge schnellte hervor und streckte sich zitternd vor Gier in die Richtung der Menschen.
    Mythor blickte geradeaus, in die Höhe und hinüber zur Wüste. Dann sagte er halb schicksalsergeben, halb rasend vor Wut, Enttäuschung und Ärger: »Bei Erain und God! Ein ruhiges Leben ist mir wohl erst vergönnt, wenn ich tot bin.«
    Sabesch tat das Richtige. Er schlug Mythor kräftig und aufmunternd zwischen die Schulterblätter und rief: »Nach den Kämpfen, König Mythor, erwarten dich die Freuden der Stadt Leone. Willst du den Lavadrachen allein erwürgen, oder dürfen wir dir helfen?«
    Mythor ließ seine Klinge senkrecht durch die Luft zischen. Alton erzeugte ein klagendes Summen, und Mythor musste wider Willen lachen. Er stach mit dem Gläsernen Schwert in die Luft.
    Seine Stimme dröhnte: »Leoniter! Wir sind keine ausgemergelten Wanderer und keine Händler. Wir sind Krieger. Zuerst werden wir dieses Monstrum in die Wüste zurücktreiben. Dann nehmen wir uns dieses Haufens an.«
    Er holte Atem und schrie weiter: »Wer ist der Anführer der Karawane?«
    »Ich, Abudirg!« gab ein Reiter zurück, der mit einer Hand seine Schulter umklammert hielt. Zwischen den Fingern sickerte Blut hindurch und tränkte den dunklen Stoff.
    »Und wer führt diesen Elendszug an?«
    »Ich bin es, der Schmied Congolf. Herr! Wir verdursten und verhungern.«
    Mythor wies auf die Bestie, die mit plumpen Schritten näher heranstapfte und jedesmal eine Staubwolke hochschleuderte.
    »Ihr könnt diesen Giganten rösten und grillen!« rief er. »Folgt mir, Männer aus Leone!«
    Zwanzig Männer rissen ihre schäumenden Pferde herum, jagten in gestrecktem Galopp von der Straße herunter und sprengten auf das riesige Tier zu. Die Bestie war so groß wie jene Mammuts, die seinerzeit die Flöße… Wieder schob sich Arruf oder Luxon in den Vordergrund seiner Gedanken.
    Die Reiter Sabeschs waren geübte Kämpfer. Sie ritten nach links und rechts und bildeten eine Kette. Sie rissen die Wurfspeere aus den Sattelköchern und bereiteten

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