Der goldene Buddha
möglich an seine Waffe kommen.
Ong-Pal hatte den Vorhang bereits ein Stück zur Seite geschoben und peilte in den Gang.
»Nichts zu sehen«, meldete er. »Sie sind alle verschwunden.« Er drehte den Kopf und nickte dem Afghanen zu, »Los jetzt, Partner. Die packen wir schon.«
Vor den Mönchen hatten sie keine Angst. Es waren Menschen, die auf jegliche Gewalt verzichteten und auch im Kugelhagel starben, ohne einen Laut von sich zu geben.
Ong-Pal und Ghaliwa würden rücksichtslos von der Waffe Gebrauch machen, wenn sich ihnen jemand in den Weg stellte. Sie waren darauf vorbereitet.
Allerdings sah es so aus, als würden sie ohne große Schwierigkeiten den Weg zum goldenen Buddha schaffen. Sogar Ghaliwa steckte seinen Revolver weg.
Ong-Pal hatte die Führung übernommen. Er bewegte sich geschmeidig und lautlos durch den Gang. Auch sein Partner verursachte keine Geräusche. Immer wenn sie an den Kerzen vorbeistrichen, begannen die kleinen Flammen zu flackern. Vor der Tür, die in die große Halle führte, blieben sie stehen. Ong-Pal leckte über seine Lippen. Ein Zeichen, dass auch er Nerven zeigte. Es war schließlich nicht jedermanns Sache, fast am Ende der Welt zu sein und dazu noch gegen eine feindliche Umwelt zu kämpfen. Ghaliwa zog seinen 38er. Auf dem Schwarzen Markt hatte er sich diese Waffe besorgt. Damit deckte er Ong-Pal den Rücken, als der Tibeter die helle Holztür aufzog.
Von den Mönchen war weder etwas zu hören noch zu sehen. Wenn sie die Halle wirklich durchquert hatten, so war keine Wache zurückgeblieben.
Die beiden Diebe sahen keinen Menschen.
Nur die Rückseite des Buddha. Und der Anblick dieser goldenen Statue ließ die Herzen der Männer höher schlagen. Am liebsten hätten sie den Buddha vollständig mitgenommen. Leider war das nicht möglich.
Ong-Pal betrat als erster die Halle. Er ging auf Zehenspitzen über den flachen Holzboden, der in seiner handwerklichen Pracht wohl einmalig auf der Welt war.
Hoch wuchs der Buddha vor ihnen auf. Sie umgingen die Statue und blieben davor stehen.
Fast andächtig schauten sie in das Gesicht, wo die kostbaren Diamant-Augen funkelten und gleißten. Ihre Beute, die jetzt so nah war. Was vor ihnen lag, war ein Kinderspiel zu dem, was sie schon hinter sich hatten. All die Strapazen, die Kraft, die dieses halsbrecherische Unternehmen gekostet hatte.
Ein seltsamer Geruch schwängerte die große Halle. Eine Mischung aus Räucherstäbchen und ranzigem Fett. Unangenehm stieg er den beiden Männern in die Nase.
Kein Mönch hielt sich in der Halle auf. Dafür hörten sie die Männer.
Von draußen drang ihr eintöniger Singsang bis in die Halle herein, die doch mehr ein Tempel war. Der Singsang wurde hin und wieder vom Klappern der Gebetsmühlen unterbrochen. Die Mönche brachten ihren Bruder unter die Erde.
Erst jetzt sahen die beiden Diebe die Aushöhlungen im Holzboden.
Sie befanden sich zu den Füßen der Statue und waren mit kleinen, ovalen Schalen gefüllt, in denen ein glimmendes Pulver lag, das den Rauch abgab.
Ghaliwa senkte den Blick und schaute in die kleinen Schalen hinein.
Das Pulver schimmerte weiß-gelb, als wären darin Knochen zerrieben worden. Der Afghane kannte die Bräuche der Buddhisten nicht, konnte sich aber gut vorstellen, dass es Menschenknochen waren.
Ong-Pal war bereits über die Schalen geklettert und stand direkt vor dem großen Buddha.
Er schaute hoch und suchte nach dem bequemsten Aufstieg, um an die Augen zu gelangen.
Fast schien es ihm, als würde der Buddha ihn anschauen. Warnend sogar, doch Ong-Pal ignorierte das Gefühl und holte stattdessen den Diamantbohrer hervor.
»Ich klettere hoch«, sagte er, streckte seine Arme aus, fand einen Halt und zog das linke Bein vor. Er gab sich Schwung und stand auf den übereinandergelegten Armen. Seine Füße befanden sich dabei dicht neben dem Totenschädel.
Auch jetzt war es ihm nicht möglich, die Augen zu erreichen, sie lagen zu hoch.
Ghaliwa schaute zu, wie sein Partner auf den angewinkelten Armen Halt suchte und auch fand. Es schien also besser zu gehen, als es den Anschein hatte.
Ong-Pal blickte nach unten. »Alles klar soweit«, meldete er. »Von hier aus komme ich an die Klunkerchen.« Er lachte leise. Dann nahm er den Bohrer in die rechte Hand, streckte den Arm aus und schaltete das Gerät ein.
Ein leises Summen ertönte, das jedoch im monotonen Singsang der Stimmen unterging.
Der Mann setzte den Diamantbohrer an das linke Auge des Buddha.
Das Gold gab
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