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Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucius Apuleius
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der sich nie etwas aus Mädchen gemacht hat, durch diese funkelnden Augen, diese Rosenwangen, dies glänzende Haar, diese wollüstigen Küsse, diesen duftenden Busen so sehr an Dich haben fesseln können, daß er Dir freiwillig wie ein Leibeigener zugetan ist? Denn frage ich wohl nach meiner Heimat oder denke ich an die Abreise? Ich lebe, webe und bin allein in Deiner Umarmung.«
    »Wie sehr wünscht' ich,« antwortete Fotis, »daß ich Dir gewähren könnte, was Du von mir verlangst, lieber Lucius! Wenn nur meine Frau nicht immer aus Abgunst die Einsamkeit suchte und jedermanns Gegenwart mied, sobald sie dergleichen heimliche Sachen vornimmt! Indessen soll dennoch Dein Begehren meiner Gefahr vorgehen und bei erstem gelegenem Augenblick, den ich wahrnehme, ihm Genüge geschehen. Aber Du mußt in dieser wichtigen Sache auch hübsch verschwiegen sein, so wie ich es gleich anfangs von Dir gefordert habe.«
    Während dem Gespräche waren unvermerkt unsere Lüste und Begierden wach geworden und hatten unsere Sinne erregt.
    Wir entledigen uns jeglicher Hülle und überlassen uns also dem Taumel der Wollust.
    Schon ermattete ich und glaubte alles Vergnügen erschöpft, als Fotis aus eigener Freigebigkeit eine neue Quelle der Lust mir eröffnete und zum Beschluß mich noch der Freuden Übermaß schmecken ließ.
    Nun sank auf unsere vom Wachen schweren Augenlider der Schlaf und schloß sie bis zum hellen Morgen.
    Kaum waren uns auf diese Art noch ein paar Nächte in Wonne verstrichen, als Fotis eilfertig und schüchtern eines Tags zu mir hereinhuscht und mir verkündigt: Diese Nacht würde ihre Frau sich befiedern und zu ihrem Geliebten hinfliegen; denn ihre übrigen Künste wollten bei dieser ihrer Liebe nicht anschlagen. Ich sollte mich also fertig halten, diesen wichtigen Prozeß insgeheim mitanzusehen.
    Sobald es Nacht war, holt sie mich ab und führt mich leisen, unhörbaren Tritts hinauf an die Erkerstube. Da zeigt sie mir eine verborgene Ritze in der Tür und läßt mich hindurchgucken; wo ich denn folgendes sah:
    Allererst zieht sich Pamphile fasernackt aus. Nachher schließt sie eine Lade auf, woraus sie verschiedene Büchschen nimmt. Eines von diesen Büchschen öffnet sie und holt daraus eine Salbe, die sie so lange zwischen beiden Händen reibt, bis sie völlig zergangen ist, alsdann beschmiert sie sich damit von der Ferse bis zum Scheitel.
    Nun hält sie ein langes, heimliches Gespräch mit ihrer Lampe.
    Darauf schüttelt und rüttelt sie alle ihre Glieder. Diese sind nicht sobald in wallender Bewegung, als daraus schon weicher Flaum hervortreibt. In einem Augenblick sind auch starke Schwungfedern gewachsen, hornicht und krumm ist die Nase; die Füße sind in Krallen zusammengezogen.
    Da steht Pamphile als Uhu!
    Sie erhebt ein gräßliches Geheul und hüpft zum Versuche am Boden hin. Endlich hebt sie sich auf ihren Flügeln in die Höhe und in vollem Fluge hinaus zum Erker!
    Also ward Pamphile vorsätzlicherweise durch ihre magische Wissenschaft verwandelt. Sonder Zauber aber und vor bloßem Wunder über das Gesehene wußt ich nicht, was aus mir geworden war. Die Haare standen mir auf dem Kopfe zu Berge, ohne alle Besinnung phantasierte ich.
    Ich rieb mir lange Zeit die Augen und fragte, ob ich wirklich wache.
    Wie ich endlich wieder zum Bewußtsein meiner selbst und dessen, was vorgegangen, gelangt war, so ergriff ich Fotis' Hand und drückte sie gegen meine Augen und sprach:
    »Teures, liebes Mädchen! schlage mir jetzt, da die Gelegenheit sich dazu darbietet, den seltensten Beweis Deiner Zuneigung nicht ab! Bei Deinen schönen Augen bitte ich Dich: gib mir von der Salbe da und verbinde Dir durch diese unaussprechliche Wohltat Deinen Sklaven auf ewig! Mache, daß ich befiedert hier neben Dir stehe, wie der Venus zur Seite Kupido!«
    »So?« versetzte sie hastig. »Ei, über Dich schlauen Gast! Ich sollte mir so selbst eine Grube graben? sollte meinen Lucius den thessalischen Mädchen mutwillig in die Hände spielen? Nein, nein, guter Freund, daraus wird nichts, laß Dir das vergehen! Wo in aller Welt sollt' ich Dich suchen, wenn ich Dich zum Vogel gemacht hätte, und wann würde ich Dich wohl einmal wiedersehen?«
    »Behüten mich die Götter vor der schweren Sünde,« war meine Antwort, »daß selbst als Adler, dessen stolzem Fluge der ganze Himmel offensteht, der Botschafter des erhabenen Zeus und rüstiger Waffenträger ist, daß, sag ich, trotz aller Würde des Königs der Vögel ich dennoch nicht

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