Der goldene Greif
Fleisch der verstörten Männer bohrten. Auch die anderen Soldaten vergaßen ihre Schwerter und suchten voll Angst ihr Heil in der Flucht.
„Fort, fort!“ heulte einer der Männer. „Dieser Neskon ist mit den Dämonen im Bu n de!“
Sie wendeten ihre zitternden Pferde und flohen zurück in die Richtung, aus der sie geko m men waren. Fünf von ihnen jedoch lagen tot am Boden. Die fürchterlichen Klauen Phägors hatten ganze Arbeit geleistet.
Während Phägors und Argins Kampf hatte Raigo einen schweren Stand gegen La r dar und Warson, der ihn nun auch erreicht hatte. Warson war ein ausgezeichneter Schwertkämpfer, und Lardar wußte genau, um was es für ihn ging. Die beiden hatten zwar das Geschrei hi n ter sich gehört, konnten aber nicht sehen, was da vor sich ging, denn Raigo ließ ihnen keine Zeit dafür. So hatten sie auch den in ihrem R ü cken anfliegenden Phägor nicht bemerkt und meinten, die Männer würden sich g e gen den angreifenden Adler zur Wehr setzen. Doch sie meinten, die Bogenschützen würden schnell mit dem Tier fertig werden.
Da Raigo zu Fuß war, besaß er die größere Wendigkeit, und so gelang es ihm, La r dar vom Pferd zu reißen. Kaum hatte Warson jedoch den Sturz des Prinzen ges e hen, als er rasch aus dem Sattel sprang , um Lardar beizustehen. Eben kam Lardar wieder auf die Füße und griff Raigo, der sich heftig gegen Warson wehrte, im Rücken an. Raigo kam in arge B e drängnis. Er wußte genau, streckte er nicht einen der beiden sofort nieder, wurde seine L a ge aussichtslos. Mit einer blitzschnellen Dr e hung brachte er sich aus Warsons Reichweite. Mit machtvollem Hieb schlug er La r dar das Schwert aus der Hand, und dann bohrte sich Handur durch die Brust des Prinzen. Hastig riß Raigo das Schwert zurück und warf sich zur Seite. Keine Seku n de zu früh, denn Warsons Waffe zischte knapp an ihm vorbei. Die Wucht des ins Leere gehenden Schlags riß Warson nach vorn. Ehe er sich jedoch wieder aufric h ten konnte, drang ihm Raigos Klinge in die Seite, und er stürzte tot zu Boden.
Jetzt, wo seine beiden Gegner gefällt waren, blickte sich Raigo schwer atmend um und sah die restlichen Feinde in wilder Flucht davonstürmen. Argin verfolgte sie hoch droben, um zu sehen, ob sie sich auch wirklich davonmachten.
Phägor jedoch schritt auf Raigo zu. Sein goldenes Fell war auf einer Seite blutig, wo ihn ein Schwerthieb getroffen hatte. Doch die Wunde schien nicht gefährlich zu sein.
,Wie freue ich mich, dich wiederzusehen, Raigo!’ hörte dieser seine Stimme zu sich dringen. ,Lang war die Zeit, in der es mir nicht vergönnt war, an deiner Seite zu sein, mein Freund.’
,Ja, die Zeit war lang’, antwortete Raigo. ,Doch jetzt, wo ich dich vor mir sehe, scheint es mir, als seien wir nie getrennt gewesen.’ Er ließ sich vor dem Greifen aufs Knie nieder und legte seine Arme um den glattgefiederten Hals. ,Es tut gut, die Nähe eines Freundes zu sp ü ren, wenn man von Verrat umgeben ist. Du kamst zur rechten Zeit, Phägor, und du kamst schneller, als ich zu hoffen wagte.’
,Ich wußte, daß du aufgebrochen warst’, sagte Phägor, ,und flog dir entgegen, weil ich wu ß te, daß dir Gefahr droht. Lardar hatte herausgefunden, wer du bist, und es war klar, daß er versuchen würde, dich zu verderben.’
,So hat niemand im Schloß mich verraten?’ fragte Raigo erfreut. ,Ich rätselte schon, wie Lardar herausgebracht hatte, wohin ich ging, denn nur Tamantes, Scharin und Coriane wu ß ten, wohin ich wollte.’
,Tamantes und Scharin wurden von Lardars Diener belauscht, und so erfuhr es auch Konias, von dem auch der Plan zu deiner Verfolgung stammt. Den Diener brachte dein Onkel als lästigen Mitwisser sofort um, und auch alle Männer, die mit Lardar zu deiner Vernichtung ritten, sollten anschließend getötet werden. Lardar sollte sie nach vollbrachter Tat vergiften.’
,So bedauere ich nicht, daß ich Lardar tötete’, meinte Raigo, ,denn dadurch rettete ich das Leben von fünfzehn Männern, die nur einem Befehl gehorchten. Leider war es mir nicht möglich, auch die anderen sechs zu retten. Gern hätte ich das getan, denn sie waren meine Untertanen.’
,Gräme dich nicht um diese Männer!’ entgegnete Phägor. ,Warson, den du e r schlugst, war Konias treu ergeben und hat manche üble Tat auf dem Gewissen. Der Tod des alten Erigal, deines Vaters treuem Ratgeber, geht auf seine Rechnung. Er erstickte den alten Mann mit einem Kissen im Schlaf, weil er
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