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Der goldene Greif

Der goldene Greif

Titel: Der goldene Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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fast gegen den Mann stieß, der stehengeblieben war und den Vorhang zu einer kleinen Seitenhöhle aufhielt. Ein Feuer brannte dort auf den Herdsteinen, dessen Rauch durch ein Loch in der Decke,  wohin auch immer, nach oben stieg. Über dem Feuer hing ein großer Kessel, aus dem Ra i go ein aromatischer Duft entgegentrieb. In einer Ecke lagen weiche Felle, die ein gemütl i ches Lager bildeten. Der Geruch des Essens und der Anblick der Lagerstatt machten Raigo schlagartig klar, wie hungrig und müde er war. Er hatte keine Vorstellung davon, ob es noch Nacht, oder schon Morgen oder gar noch später war, denn er wußte nicht, wie lange er ohne Besinnung gewesen war.
    Sein Führer sagte einige Worte, die Raigo nicht verstand, und deutete auf den Ke s sel und das Fell-Lager . Raigo nahm an, daß beides für ihn bestimmt sei, und machte sich ohne gr o ße Umstände über das unbekannte, aber doch recht schmackhafte Mahl her.
    Der Mann hatte sich zurückgezogen, und es schien auch niemand auf dem Gang Wache zu stehen. Man nahm wohl an, daß er nicht versuchen würde zu fliehen, da er seine Entsche i dung getroffen hatte.
    Wohin und wie hätte er auch fliehen wollen, und aus welchem Grund? Da er nun sicher wu ß te, daß man Ahath und wohl auch Argin nichts zuleide tun würde, war sein Herz sehr viel leichter geworden. Außerdem ermutigte ihn das Bewußtsein, die erste Prüfung bereits b e standen zu haben. Wenn alle Prüfungen so wie diese waren, so wollte er sie wohl bestehen. Niemals hätte er einen Freund verraten. Doch Raigo glaubte nicht, daß man nochmals etwas Derartiges an ihn herantragen würde. Eine solche Entscheidung konnte niemanden um den Verstand bringen. Was also würde man von ihm verlangen? Er legte sich auf die Felle ni e der und gab sich seinen fruchtlosen Grübeleien hin, bis ihm die Augen zufielen.
     
    Raigo erwachte durch die Gegenwart eines Menschen im Raum. Eine Frau hockte vor dem Kamin und versuchte, das niedergebrannte Feuer wieder in Gang zu bri n gen. Neben Raigo auf dem Boden stand ein Teller mit kalten Bratenstücken und etwas, das wie Brotfladen aussah. Ein Krug mit frischem Wasser vervollständigte das Mahl. Raigo hätte gern gewußt, welche Tageszeit es war und fragte die Frau, die jedoch nur lächelte und den Kopf schütte l te. So machte Raigo sich über das Essen her, da er nichts anderes zu tun hatte. Die Frau nickte ihm zu und verließ den Raum. Kurze Zeit später trat der alte Mann ein.
     
    „Du hast lange geschlafen“, sagte er zu Raigo. „Bald wird die Abenddämmerung hereinbr e chen. Das war es wohl, was du von Ktorna wissen wolltest. Sie hat dich nicht verstanden, denn nur wenige von uns Wyranen sprechen die Sprachen der nördl i chen Lande. Zwar ist es uns meistens gleich, wer die Männer sind, die zu uns kommen, um das Orakel zu befragen. Uns kümmert nicht, wer sie sind und was sie dazu treibt. Doch du reitest ein Pferd des Go t tes, und darum interessiert mich deine Geschichte und wer du bist. Wir haben noch Zeit, und wenn es dir nichts ausmacht, bitte ich dich, mir zu erzählen, warum du das Orakel befragen willst.“
     
    Raigo nickte. „Ja, ehrwürdiger Herrscher, ich will Euch gern sagen, was mich hierhergeführt hat.“
     
    „Ich bin kein Herrscher“, entgegnete der Alte. „In unserem Volk gibt es keinen K ö nig. Ich bin nur der Älteste des Stammes. Man fragt mich um Rat und erweist in mir dem Alter die Ehre. Nur darum habe ich in der großen Halle einen erhöhten Platz. Ansonsten handeln wir nach allgemeinem Beschluß. Darum nenne mich nur mit meinem Namen. Ich heiße Huvran. Und nun würde ich gern deine Geschichte h ö ren.“
     
    Raigo berichtete Huvran von seiner Vertreibung aus Ruwarad und seinen weiteren Erlebni s sen. Der Alte hörte schweigend zu, und Raigo bemerkte mit Verwunderung, daß der Greis nicht einmal bei der Erwähnung Phägors Erstaunen zeigte. Es schien, als sei für Huvran der Umgang mit einem Greifen nichts Ungewöhnliches. Als Raigo jedoch zu der Gabe von Tamantes kam und er seine erste Begegnung mit Ahath schilderte, leuchteten die klaren Augen des Alten, und ein wissendes Lächeln krä u selte seine faltigen Lippen. Doch er sagte nichts, und so erzählte Raigo weiter.
    Er war schon fast am Ende seiner Geschichte angekommen, als Huvran ihn unte r brach.
     
    „Es tut mir leid“, sagte er, „aber ich kann den Schluß deiner Geschichte jetzt nicht mehr h ö ren. Denn nun ist die Zeit für die nächste Prüfung gekommen. Folge mir

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