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Der goldene Greif

Der goldene Greif

Titel: Der goldene Greif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriel Galen
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flößten ihm ein heißes Getränk zwischen die Lippen. Auf einmal begannen seine Augenlider zu flattern, und dann schlug er die Augen auf.
     
    Als Raigo zu sich kam, sah er zuerst zwei fremdartige Gesichter, die sich über ihn beugten. Braune Haut spannte sich über hohen Backenknochen, dunkle, mande l förmige Augen unter kräftigen Brauen schauten gleichmütig auf ihn nieder. Schwarze, lange Zöpfe, mit bunten Bändern durchflochten und von goldenen Spa n gen gehalten, hingen den beiden Frauen bis auf die Taille. Kein Lächeln zeigte sich auf ihren vollen Lippen, als sie nun bemerkten, daß Raigo erwacht war. Wortlos e r hoben sie sich und gaben ihm den Blick auf seine Umgebung frei.
    Raigo setzte sich auf und schaute sich um. Die seltsame Umgebung und die vielen auf ihn gerichteten Gesichter brachten ihn in Verwirrung. Erst langsam kam die E r innerung an den Überfall auf seinem Lagerplatz zurück.
    Mit einem Satz stand er auf den Beinen, doch sofort richteten die umstehenden Männer ihre scharfen Spieße auf ihn. Raigos Hand tastete zur Hüfte, doch Handur war nicht da. Sofort fielen ihm auch Ahath und Argin ein. Suchend blickte er sich um, konnte die beiden aber nirgends entdecken.
    Da fiel sein Blick auf den weißhaarigen Alten, der auf dem Podest über ihm stand. Raigo vermutete in ihm den Anführer dieser Leute, und so fuhr er ihn zornig an:
     
    „Was soll das alles? Warum überfallt ihr friedliche Reisende und verschleppt sie? W a rum habt ihr mich niedergeschlagen, und wo sind meine Tiere? Was tat ich euch, daß ihr mich so behandelt?“
     
    Um den faltigen Mund des Greises spielte ein kleines Lächeln. „Langsam, langsam, junger Mann!“ sagte er mit erstaunlich klarer Stimme in der Sprache von Imaran. „Ich verstehe nur wenig von den Sprachen der nördlichen Länder, und gerade die Mundart von Ruwarad ist mir nicht sehr geläufig. Doch nehme ich an, du fragtest, warum du hier bist. Nun, das will ich dir gern erzählen.
    Du hast ungefragt unsere Grenzen übertreten. Ich nehme an, daß du zum Orakel des Go t tes Mynthar willst. Doch wenn das so ist, wirst du wissen, daß wir nicht jedem erlauben, dorthin zu gehen. Nur wer von uns geprüft wurde und würdig ist, das Heiligtum zu betreten, darf die heilige Grotte aufsuchen.“
     
    „Dafür hättet ihr mich nicht niederschlagen müssen!“ entgegnete Raigo ärgerlich, nun auch in der Sprache von Imaran. „Ich wäre freiwillig mit euch gekommen, denn ich habe nicht die Absicht, mich den Prüfungen zu entziehen.“
     
    Der Alte sah Raigo nachdenklich an. „Deine Augen scheinen die Wahrheit zu spr e chen“, meinte er dann, „doch wir sind nur Menschen und können nicht wie die Gö t ter in dein Herz sehen. Viele haben schon versucht, den Weg zum Orakel allein zu finden. Sie sind uns in den unübersichtlichen Klüften entkommen, und einem gelang es sogar, das Orakel zu fi n den. Der Zorn des Gottes über den frechen Ei n dringling war groß, und lange hatten wir unter diesem Groll zu leiden. Darum fa n gen wir jeden ein, der unser Land betritt, damit das nicht wieder geschieht.
    Verzichtest du auf den Besuch des Orakels, so werden wir dich und dein Eigentum zurück an unsere Grenze bringen. Dann kannst du jedoch nie wieder den Versuch machen, hierher zu gelangen. Willst du aber den eingeschlagenen Weg weiterg e hen, werden wir dich den Prüfungen unterziehen. Du mußt dich entscheiden - jetzt und hier!“
     
    „Halt! Nicht so schnell!“ begehrte Raigo auf. „Zunächst will ich wissen, wo mein Pferd ist. Und auch Argin, meinen Adler sehe ich nicht, der mir bestimmt gefolgt ist. Aber ich sehe bei einigen deiner Leute Verletzungen, die von seinen Klauen stammen könnten. Wehe euch, wenn ihr meinen Tieren ein Leid getan habt!“
     
    „Was wolltest du wohl gegen uns unternehmen, allein und waffenlos unter hundert bewaffn e ten Männern?“ lächelte der Alte. „Aber sorge dich nicht! Deinen Tieren geht es gut und sie werden verpflegt. Den Adler mußten wir leider anketten, aber er ist unverletzt, was man von den Leuten, die ihn einfingen, leider nicht behaupten kann.“
     
    „Und wo ist mein Schwert?“ fragte Raigo, halbwegs beruhigt. „Es ist eine berühmte Waffe, und sie ist mit magischen Kräften ausgestattet, obgleich der Zauber nun das erste Mal ve r sagte. Diesmal warnte das Schwert mich nicht, daß mir Gefahr drohte.“
     
    „Du bekommst es wieder, wenn du von hier fortgehst“, sagte der Greis ernst. „Aber du b e findest dich hier

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