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Der goldene Kelch

Der goldene Kelch

Titel: Der goldene Kelch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloise Jarvis McGraw
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Schurken und ihrer Grabplünderungen musste der Ba eines lang verschiedenen Pharaos nun hungern und im Reich des Westens Not leiden, weil er den magischen Schutz durch seine edelsteinbesetzten Amulette verloren hatte und seiner Speisen, seines Goldes, seiner Möbelstücke und seiner Waffen beraubt war, die ihm in den Dreitausend Jahren im Jenseits Wohlleben und Genuss schenken sollten. Und wenn diese Schufte die Mumie des Pharaos beschädigt hatten, dann war sogar sein Ba tot; die Seele eines Menschen konnte nur weiterleben, wenn der Körper unversehrt war. Mord an einer Seele war ein abscheuliches Verbrechen; schon der Gedanke daran war ungeheuerlich.
    Ranofer bekam eine Gänsehaut. Schnell drehte er sich um und wand sich aus dem Griff des Alten. „Du hast Recht, Gevatter. Ich will das nicht sehen. Lass mich jetzt los, ich gehe.“
    „Du bist jung und klug – eine seltene Mischung!“ Der alte Mann ließ ihn kichernd los. Ranofer ging den gleichen Weg zurück, den er gekommen war. Die ganze Ausgelassenheit um ihn herum zerrte an seinen Nerven. Der Alte zog seinen Esel am Zügel und folgte ihm. „Komm, Lotos, los, mach voran mit deinen Hufen! Schließlich haben wir nicht jeden Tag die Gesellschaft eines so jungen und klugen Menschen. Ich fürchte jedoch fast, er rennt uns davon.“
    „Nein, das tue ich nicht!“ Ranofer verlangsamte seinen Schritt. Er schämte sich, weil er so bärbeißig zu dem Alten gewesen war; um es wieder gutzumachen, tätschelte er den struppigen Kopf des Esels. „Du hast ja deinen Papyrus verkauft“, sagte er und deutete auf die leeren Körbe.
    „Ja, an die Seiler. Sie zahlen wenig, aber für Lotos und mich reicht es. Heute war ein guter Tag, meine Körbe sind fast unter der Last gebrochen.“ Der Alte kicherte glücklich und zog sechs Ringmünzen aus seinem schmalen Gürtelband. Stolz hielt er sie Ranofer hin. „Heute Abend gibt es Honigkuchen und Linsen. Und dann werde ich ganz, ganz tief schlafen.“ Er ließ die Münzen um seine Fingerspitzen kreisen, dann steckte er sie weg und tätschelte zufrieden sein Gürtelband. „Wo lebst du denn?“, fragte Ranofer. „Da hinten, wo das Fruchtland aufhört und die Wüste beginnt.“ Mit seinem knochigen Finger zeigte der Alte nach Westen. „Es gibt kein Wasser dort, aber das Land gehört allen. Ich habe ein kleines Haus aus Lehmziegeln gebaut, die ich selbst gemacht habe.“ Ranofer betrachtete ihn aufmerksam. „Jeden einzelnen Ziegel mit meinen eigenen Händen“, wiederholte er. „Ich hatte zwar kein Stroh zur Verstärkung, aber mich und meinen alten Esel werden sie noch aushalten. Lotos und ich leben dort sehr glücklich.“
    „Kann der Esel dort auch weiden?“
    „Nein, dort gibt es keinen Halm und auch kein Blatt. Er hat sich an Papyrus gewöhnt.“ Der Alte gab wieder sein lustiges Kichern von sich; sein Auge funkelte wie Email unter dem dunklen Strich aus Kohl auf seinem Oberlid. „Wenn ich eine Münze übrig habe, bekommt er eine Hand voll Körner. Er ist nicht sehr anspruchsvoll.“ Zärtlich zog er den kleinen Esel am Ohr. Sie kamen an eine Kreuzung. Der Alte deutete mit einem Nicken auf eine Gasse. „Ich muss dich hier verlassen. Leb wohl, mein kluger Junge. Hoffentlich sehe ich dich nie von der Palastmauer baumeln!“ Mit einem fröhlichen Kichern bog der Alte in eine verwinkelte Gasse ein, der Esel trottete hinter ihm her. Ranofer sah den beiden nach, bis sie von den Schatten verschluckt wurden, und ging dann weiter durch die dämmrigen Straßen. Hier und da brannte schon eine Fackel über einem Eingang oder einem Tor. Er ist glücklich, dachte Ranofer. Er hat zu essen, er hat Kupfermünzen in seinem Gürtel und er schläft in einem Haus, das er selbst gebaut hat. Ich könnte doch auch früh morgens im Sumpf arbeiten, Papyrus schneiden und an die Seiler verkaufen, den Rest des Tages bin ich dann Lehrjunge bei Rekh… Mut, heilige Mutter! Natürlich könnte ich das! Auch ich könnte in einem Haus am Rand der Wüste leben, in der Nähe des Grabes meines Vaters. Ich könnte Lehmziegel für ein Haus machen, könnte…
    Er bog um die letzte Ecke und blieb stehen. Seine hochfliegenden Tagträume platzten beim Anblick der schäbigen Gasse und Gebus Hoftor wie Seifenblasen. Das hier war die Wirklichkeit.
    Es geht nicht, sagte er sich. Ich habe ja nicht einmal einen Esel, der die Papyrusstängel tragen könnte, und dann ist da auch noch Gebu… Ich muss eben noch warten. Am nächsten Morgen fand Ranofer einen Fremden an Ibnis

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