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Der goldene Kuß

Der goldene Kuß

Titel: Der goldene Kuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einzige Frau, an die er zurückdachte mit Ehrfurcht und schmerzendem Herzen.
    »Es war das schönste Kleid im Schrank«, sagte Vera Hartung unbefangen.
    Dr. Rathberg nickte und trug die Gläser mit dem Cocktail zum Kamin. »Ich weiß. Es steht Ihnen sehr gut. Darf ich es Ihnen schenken?«
    »Aber Herr Intendant …«
    »Es ist wie für Sie gemacht, Vera. Nachdem ich Sie darin gesehen habe, könnte ich mir keine andere Trägerin mehr denken. Behalten Sie es, bitte!«
    Er sah Vera Hartung an, wie sie zum Kamin ging, sich bückte und mit zwei großen Kaminstreichhölzern das Holz in Brand setzte. Dann nahm sie den Blasebalg und blies die kleine Flamme höher, die vom trockenen, kleingehackten Unterholz aufloderte.
    Was hat er vor, dachte sie dabei. Was wird aus dem harmlosen Sonntagsausflug in die Natur noch werden? Was soll ich tun, wenn er zärtlich wird? Ich kann ihm doch keine Ohrfeige geben, und weglaufen kann ich auch nicht. Wohin denn? Wo bin ich denn? Um mich ist dichter Wald, wir sind nach Süden gefahren, weiter weiß ich nichts … Sie blieb am Kamin hocken, blies mit dem Blasebalg in die kleinen Flammen und lauschte nach hinten, was Dr. Rathberg machen würde.
    Der Intendant setzte sich in einen der tiefen, ledernen Kaminsessel und starrte in das anbrennende, qualmende Holz.
    »Sie werden die Hauptrolle in unserer neuen großen Show ›Der goldene Kuß‹ übernehmen«, sagte er unvermittelt. Vera zuckte zusammen, der Blasebalg fiel neben das gestapelte Kaminholz.
    »Aber ich bin doch ein Anfänger«, sagte sie stockend. »Ich bin doch ein Niemand. Keiner kennt mich …«
    »Nach der ersten Sendung werden Millionen Sie kennen. Ein Gesicht wie Sie, eine Ausstrahlung wie die Ihre … so etwas habe ich immer gesucht. Bitte, das sind keine Komplimente, und daß Sie hier mit mir allein in meiner heimlichen Jagdhütte sind, hat keinerlei Bedeutung.« Er sah wieder auf das bunte, enge Dirndlkleid, und es tat ihm leid, gegen seine Absicht zu reden. Was hatte er sich von diesem Abend und der Nacht erwartet. Wie hatte er diesen Tag herbeigesehnt, alles vorbereitet, durch den Waldhüter den Eisschrank mit Wurst, Käse, Kaviar und geräucherten Forellenfilets auffüllen lassen … und dann zog sie dieses Kleid an, das wie ein Panzer war, das Kleid, das sie unangreifbar machte.
    Dr. Rathberg hob sein Glas und prostete Vera zu.
    »In einer Woche beginnen die Proben. Herr Pelz und der Regisseur werden sich um Sie kümmern. Enttäuschen Sie mich nicht, Vera.«
    »Um ehrlich zu sein – ich habe Angst.« Sie setzte sich in den anderen Sessel und zog den Rock des Kleides über ihre Knie. Dr. Rathberg lächelte verstohlen. So hatte auch Lore dort gesessen, abweisend, aber höflich … und trotzdem war sie seine Geliebte, sein großes Erlebnis geworden.
    Er wischte sich über die Augen und sah dann hinauf zu den Jagdtrophäen an den Wänden. Im Kamin prasselte das Feuer, die großen Kloben brannten nun auch. Der Flammenschein zuckte über den Körper Veras. Dr. Rathberg dachte an das Bild, das er im durchsichtigen Spiegel gesehen hatte. Er schloß die Augen.
    »Erzählen Sie mir aus Ihrem Leben«, sagte er.
    »Da ist nicht viel zu erzählen.« Vera legte die Hände in den Nacken. Die Wärme des Feuers war herrlich. »Was kann man mit zwanzig Jahren von seinem Leben erzählen?«
    »Oh, meine Beste … ich kenne Mädchen, die haben mit zwanzig schon mehr erlebt als andere mit hundert.«
    »Zu dieser Sorte gehöre ich nicht.«
    »Das klingt sehr stolz, Vera.«
    »Ich bin auch stolz darauf, daß ich noch mir selbst gehöre. Ich könnte nie Karriere machen auf die … die andere Art …«
    Aha, das ist eine Warnung, dachte Dr. Rathberg. Sie macht es charmant, ein wenig kindlich, aber ich verstehe, kleines Fräulein. Du hast das Glück gepachtet. Du kannst nicht wissen, daß es Cocktails gibt, die nach Zucker schmecken und die Hölle in sich haben. Nach vier Gläsern verändert sich die Welt … und wenn der Morgen kommt, die trübe Stunde der Reue, dann gibt es Tränen, ein gutes Frühstück, eine Tasse starken Kaffee … und dann gewöhnt man sich daran, daß das Leben nun einen Fleck mehr hat. Wer sieht ihn denn?
    Sie saßen noch lange zusammen, tranken eine Flasche Sekt und unterhielten sich über belanglose Dinge.
    Vor der Tür ihres Schlafzimmers blieb Dr. Rathberg stehen und gab Vera die Hand. Es war die Minute, die noch einmal eine Entscheidung bringen konnte.
    »Schlafen Sie gut«, sagte Dr. Rathberg. Seine Stimme klang

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