Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der goldene Kuß

Der goldene Kuß

Titel: Der goldene Kuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
etwas tonlos. Er beugte sich vor und gab Vera zwei Küsse auf jede Wange. »Es war ein schöner Tag.«
    »Wirklich, Herr Intendant?«
    »Wirklich.«
    Sie nickten sich zu und verstanden sich. Mit einem schiefen Lächeln hörte Dr. Rathberg, wie Vera zweimal den Schlüssel im Schloß drehte. Dann ging er zurück in die große Wohnhalle und holte aus der Bar eine halbe Flasche Kognak. Mit ihr setzte er sich an den Kamin.
    So ist das nun, dachte er. Da verbringt man mit einem zauberhaften Mädchen eine Nacht unter einem Dach, und wo sitzt man? Allein mit einer Pulle Alkohol vor dem Kamin.
    Bist du daran schuld, Lore Althein?
    Bin ich ein müder, alter Mann geworden? Tauge ich nur noch dazu, vor durchsichtigen Spiegeln zu sitzen und mich an Anblicken zu berauschen, so wie der Irre, der im Museum das Gemälde von der nackten Maya im Liebeswahn zerschlitzte?
    Spät in der Nacht stand Dr. Rathberg noch einmal vor der Schlafzimmertür Veras. In der Hand hielt er einen zweiten Schlüssel. Aber er schloß nicht auf, er drang nicht in das Zimmer ein … er tappte weiter, fiel drei Türen weiter auf sein Bett und schlief sofort ein.
    Am nächsten Morgen war der Kaffeetisch gedeckt. Aus der großen, geblümten Bauernkanne zog der Kaffeeduft durchs ganze Haus. Sonne flutete durch die Fenster, der Herbstwald leuchtete in goldroten Farben.
    »Das Frühstück ist fertig, Herr Intendant«, sagte Vera, als Dr. Rathberg aus seinem Zimmer kam, den Kopf noch schwer vom Alkohol. Er sah sie an, sie trug wieder ihr eigenes Kleid. Die Frische der Jugend wehte ihm entgegen – er spürte es wie einen kühlenden Wind.
    »Sie sind ein seltener Fall«, sagte er, als er am Tisch saß und Vera ihm Kaffee eingoß. Er hielt ihre Hand fest und zog sie zu sich heran. »Warum haben Sie mich nicht gefragt, was das alles bedeuten soll, als Sie merkten, daß ich hier mit Ihnen zur Nacht bleiben wollte?«
    »Ich hatte Vertrauen zu Ihnen, Herr Intendant.«
    Dr. Rathberg sah in seine Kaffeetasse. Er war entwaffnet. Sie ist raffinierter, als ich dachte, sagte er sich. Oder ist sie tatsächlich noch ein kleines, scheues Mädchen? Na, man wird es sehen in den nächsten Wochen und Monaten. Auch der Schatten Lore Altheins wird einmal verschwinden …
    *
    Weniger ruhig ging es auf dem Flughafen zu, als Karin Jarut mit dem Charterflugzeug aus Larnaka landete.
    Theo Pelz war gerüstet. Er stand an der Abfertigung, einen riesigen Blumenstrauß in der Hand. Er hatte alles genau überlegt, was er sagen wollte. Wer Karin Jarut kannte, der war mit Worten vorsichtig, denn schnell war man festgenagelt auf Nebensätze, die bei Karin zu Hauptsätzen wurden, wenn es um ihren Vorteil ging. Überhaupt war es eine verflucht undankbare Aufgabe, einen Vulkan wie Karin zu bremsen und ihr beizubringen, daß man ruhig alles durchsprechen könnte, statt gleich mit Vasen oder Aschenbechern zu werfen.
    Zweimal hatte Theo Pelz so etwas schon erlebt. Da war zunächst die Sache mit der kleinen Monika Borick. Himmel noch mal, hatte sie da eine Schau von Eifersucht abgezogen. Sie hatte die Gardinen von den Fenstern gerissen und gedroht, sich damit zu erhängen. Erst, als Theo Pelz in die Küche ging, einen schönen, festen Strick holte und ihn hinhielt mit den Worten »Bitte, der ist besser, der reißt unter Garantie nicht!« ließ ihr Toben nach. Das Ende waren immer Tränen. Oh, weinen konnte die Jarut. Sie floß weg. Sie löste sich auf. Ihr zarter Körper verwässerte sich. Nach dem Fernsehspiel ›Lunjas Ende‹ kamen die Briefe säckeweise ins Funkhaus.
    »Endlich konnten wir wieder richtig von ganzer Seele weinen«, schrieben Tausende von Frauen. »Karin Jarut hat unser Herz getroffen!«
    Wenn Karin Jarut weinte, tropften selbst Tränen aus den Kameras und von den Studioscheinwerfern.
    Den zweiten Vulkanausbruch hatte es gegeben bei der Vergabe der Rolle der heiligen Johanna. Intendant Dr. Rathberg war schon weich geworden: »Na, dann versuchen wir es mal, Herr Pelz!« Aber Theo Pelz war hart geblieben. Die heilige Johanna ist keine chemische Lösung zu Versuchszwecken. Er sagte laut: »Nein!«
    Zunächst tobte Karin Jarut in alter Manier, dann weinte sie, trat sie in einen Hungerstreik und rief nach zwei Tagen mit brüchiger Stimme an: »Ich sterbe. Lebt wohl, alle …«
    Theo Pelz hatte daraufhin einen Mann des Beerdigungsinstitutes ›Heimkehr‹ zu Karin Jarut geschickt mit dem Auftrag, die Leiche zu messen, wegen der Sarggröße.
    »Du Schuft!« tobte eine Stunde später Karin am

Weitere Kostenlose Bücher