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Der goldene Kuß

Der goldene Kuß

Titel: Der goldene Kuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in das leere Studio hinein, ein wenig verwirrt und ängstlich vor dem, was sie im ›Goldenen Kuß‹ alles machen sollte. Soviel war jedenfalls schon jetzt klar: Mit schauspielerischer Kunst hatte das nichts zu tun. Man mußte attraktiv sein, man mußte die Millionen Fernsehzuschauer mit einem Lächeln, einer Handbewegung, einer Kopfneigung, einem Blick verzaubern. Man mußte den Glanz ausstrahlen, der alle Kulissen um sie herum verblassen ließ. Sie mußte eine Zauberin sein, die sich in die Herzen von Millionen hineinlachte.
    Konnte sie das? War das aus der Vera Marfeldt, die man jetzt Hartung nannte, überhaupt zu machen?
    Sie stand vor einem der erloschenen, zur Seite gefahrenen Scheinwerfer, als jemand sie von hinten ansprach.
    »Helmke«, sagte die Stimme. »Horst Helmke. Ich bin der Chef-Kameramann für diese Sendung.«

Vera Hartung drehte sich um. Ein großer, braunlockiger Mann stand da. Sein Lächeln war jungenhaft und flößte sofort Vertrauen ein. Seine braunen Augen schienen zu fragen: Gefall ich dir? Und ohne zu zögern, war Vera bereit zu antworten: Ja, Sie gefallen mir. Das kam so plötzlich über sie, daß sie zurücklächelte. Und wenn zwei Menschen sich anlächeln, gibt es keine verschämten Hemmungen mehr.
    »Ich muß nachher ein paar Großaufnahmen von Ihnen machen«, sagte Horst Helmke. »Von den anderen kenne ich die schwachen Stellen … Sie muß ich erst testen. Jeder Mensch hat nämlich mit seinem Gesicht Krach. Es gibt eine fotogene und eine schaurige Seite. Die einen sind im Profil römisch-klassisch, die anderen sehen aus wie weinende Enten. Bei dem einen liegen bei normaler Ausleuchtung die Augen wie Höhlen im Kopf, andere lassen sie quellen wie Frösche.« Er sah Vera mit etwas zusammengekniffenen Augen an und ging mit ein paar Schritten um sie herum. »Ihre linke Seite ist besser«, sage er. »Außerdem haben Sie einen Höcker auf der Nase.«
    »Nein!« Veras Hand fuhr über ihre Nase. »Das ist nicht wahr! Ich habe eine gerade Nase!«
    »Denken Sie! Bei normalem Licht, sicherlich. Aber wenn Ihnen zwanzig Scheinwerfer auf das Gesicht knallen, dann gehen die unter die Haut. Und da sieht man jeden kleinsten Knubbel! Aber keine Sorge, das wird überschminkt. Da legen wir Fett drauf und dann Puder, und weg ist der Schattenriß!« Er lehnte sich gegen den Scheinwerfer und nickte zu den aufgeregt redenden Gruppen um das Szenenbild hinüber. »Das dauert noch lange. Können wir gleich nebenan ein paar Aufnahmen machen? Ich habe die Kamera fertig.«
    »Wenn Sie wünschen, Herr Helmke.«
    »Wenn Sie wünschen! Sie sind jetzt der Star!«
    »Das ist mir alles so fremd.«
    »Oh, daran gewöhnt man sich leicht. Ich habe hier schon Stargeburten gesehen, die schneller als ein Zeitraffer waren. Gestern noch ein kleines Singmäuschen … morgen schon die Diva, die Migräne hat. Das gibt es alles. Mein Gott, bin ich froh, daß Sie anders sind! Wir waren schon alle gespannt, was Direktor Pelz da als neues Protektionskind anschleppt. Wir waren alle angenehm überrascht. Nanu, sagten wir uns. Wie kommt der Pelz an solch eine Perle?«
    Vera senkte den Blick. Das glänzende Lächeln Helmkes irritierte sie. »Ich bin kein Protektionskind«, sagte sie fest.
    »Nicht? Wieso?« Helmke schüttelte den Kopf.
    »Was denkt man eigentlich über mich hier im Studio?«
    »Och – was soll man schon denken …«, wich Helmke aus.
    Vera stampfte mit dem Fuß auf. Ihr Kopf glühte plötzlich. »Ich bin nicht, was ihr alle denkt!« rief sie. »Ich habe mich nicht zu dieser Rolle gedrängt, ich habe nichts, gar nichts dafür gemacht … Herr Pelz hat mich als Abendansagerin gesehen und vom anderen Sender weggeholt. Weiter nichts.«
    »Und dann gleich die Hauptrolle?«
    »Kann ich dafür?« Plötzlich hatte Vera das Bedürfnis, sich zu rechtfertigen. Warum, das konnte sie sich nicht erklären; aber es kam ihr darauf an, in den Augen dieses Mannes richtig gesehen zu werden. Es war ihr, als müßte sie ihr ganzes bisheriges Leben vor ihm ausbreiten, damit er ihr auch glaubte. »Ich habe Herrn Pelz bisher dreimal gesehen …«
    »Das glaube ich Ihnen ja!« Da kann einmal schon genug sein, dachte er, aber er war merkwürdig zufrieden, daß er ihr glauben konnte. Er blickte ihr tief in die Augen, und sie hielt seinem Blick stand. Eine Wärme floß von dem einen zum anderen, körperlich fühlbar und angenehm. »Können wir die Aufnahmen jetzt machen?« fragte er.
    »Ja, wir können.«
    Unbemerkt von den anderen verließen sie

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