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Der goldene Kuß

Der goldene Kuß

Titel: Der goldene Kuß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einer gefunden?«
    »Für fünfhundert Dollar. Ein junger Zypriote.« Heimann lachte und gab Tommy Brest einen Schubs in den Rücken. »Nun geh los und fang die Szene an. Alles andere läuft ohne dich. Nur an Land klettern, das mußt du wieder.«
    Es war gegen zehn Uhr vormittags, als die große Szene gedreht wurde. Tommy Brest rannte wie der Teufel zur Klippe. Der Killer, dargestellt von dem Fernsehbösewicht Norman Heydeck, folgte mit gezogenem Colt. Brest kam an das Wasser und setzte zu einem Sprung an.
    »Aus! Gestorben!« schrie Heimann. »Keine Aufnahme mehr. Saß auf Anhieb. Nun der Sprung!«
    Er winkte einem Einheimischen zu, der abseits stand und mit großen Augen das Durcheinander einer Filmaufnahme beobachtete. Er trug die gleiche Kleidung wie Tommy Brest und sah ihm sogar etwas ähnlich. Nicht weit von hier hatte er einen kleinen Hof mit zehn Ziegen und einem Rind, ein paar steinigen Äckern und drei Kindern, die nie satt wurden. Fünfhundert Dollar, das war ein Vermögen für ihn. Er kannte das schäumende Meer und seine Gefahren, aber er wußte auch, daß man sie lebend überstehen konnte und dann ein Jahr lang satte Kinder hatte.
    »Aufgepaßt!« rief der Regieassistent auf griechisch. »Jetzt kommen Sie! Haben Sie alles verstanden?«
    Der Zypriote nickte stumm.
    Szene Nr. 452. Georgios.
    »Kamera ab!« kommandierte der Regieassistent.
    Carlos Heimann wurde flink. Kamera 1 wurde in Stellung gefahren, Kamera II, auf der gegenüberliegenden Seite, probte die Einstellung dort, wo Georgios an Land schwimmen sollte. Kamera III, auf einer Felsnase postiert, drehte bereits. Es war ein herrlicher Sprung in die Strömung. Georgios versuchte auf Kurs zu bleiben. Bösewicht Norman Heydeck ballerte aus zwei Colts in seine Richtung. Ihn filmte Kamera V, eine Handkamera, die ein Mann in einem eisernen Bügel auf der Schulter trug.
    »Der Mann im Wasser kommt zu nahe an die kleineren Felsen!« rief Tommy Brest. Auch Heimann starrte auf Georgios, der von oben nichts als ein dunkler Punkt war und jetzt offenbar hilflos in der Strömung trieb, die ihn kurz darauf gegen die Felsen schleuderte. Dann versank Georgios im strudelnden Wasser, wurde im stäubenden Toben geschluckt von der Gischt …
    »Mein Gott«, sagte Tommy Brest und faßte nach seinem Kreuz auf der Brust. »Das können Sie nie wiedergutmachen, Heimann.«
    »Halt's Maul!« Heimann trat noch näher an den Abgrund heran und beobachtete, wie unten drei Techniker ins Wasser sprangen, um dem Verunglückten zu Hilfe zu kommen. Nur Sekunden später tauchte zwischen ihnen ein vierter Kopf auf, und alle vier Männer schwammen zurück zum Ufer.
    »Er lebt!« schrie Tommy Brest. »Er lebt!«
    »Jetzt jubelt er!« Carlos Heimann sah Brest verächtlich an. »Aber vorher stinkt's in der Hose! Junge, das waren die besten Aufnahmen, die in den letzten zehn Jahren gemacht wurden. Das ist Leben! Und das ist Fernsehen! Die Wirklichkeit einfangen!«
    Er kletterte hinunter, wo man den erschöpften Georgios aus dem Wasser zog. Er blutete aus vielen Schürfwunden, seine Augen rollten ohne Kontrolle hin und her.
    »Sofort ins Krankenhaus!« sagte Carlos Heimann besorgt. »Wir drehen jetzt mit Tommy weiter …«
    Zwei Stunden später kam der Jeep, der Georgios ins Hospital gebracht hatte, zurück. Der Regieassistent wischte sich den Staub aus dem Gesicht.
    »Er hat Prellungen, und zwei Rippen sind angebrochen.« Dann schüttelte der Assistent den Kopf und mußte lachen. »Die haben von vornherein damit gerechnet. Seine Frau und die drei Kinder warteten schon im Krankenhaus auf ihn. Und so zerschunden er am Ende auch war … als ich ihm die Dollars auf die Bettdecke legte, begannen alle, die Frau, die Kinder, Georgios und der Stationsarzt, laut zu singen und dem Schicksal zu danken. Und Georgios sagte: Kann ich weiterspielen im Film?«
    »Solche Darsteller bauche ich!« schrie Heimann ins Meer hinunter. Dort probte Tommy Brest frierend zum neuntenmal das Anschwimmen ans Ufer. »Noch einmal! Ich will keine magenkranke Robbe im Bild haben, sondern einen Helden, der Killer frißt! Kamera – abfahren!«
    Man soll nicht glauben, Fernsehproduktion sei einfach. Auf keinen Fall bei Carlos Heimann.
    *
    Der Abend bei Karin Jarut war herrlich. Er war genauso, wie ihn Theo Pelz erwartet hatte, nachdem sie ihn im Funkhaus angerufen hatte.
    »Komme nicht mittags«, hatte sie gesagt. »Ich muß Amar erst loswerden. Er hat zwar eine Suite im Hotel gemietet, aber er will unbedingt bei mir

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