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Der goldene Ring

Der goldene Ring

Titel: Der goldene Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian May
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zur leichtesten Brise. Sie holten den Spinnaker ein und steuerten einen schönen Ankerplatz an, wo ein mit Lorbeerbüschen und Tamarisken gekrönter hoher Kalkstein-Auswuchs ihnen Schatten vor der Sonne spendete.
    »Die südliche Lagune endet da, wo wir in den Langen Fjord kamen«, sagte sie. »Diese Marsch erstreckt sich noch hundertundfünfzig Kilometer weiter westwärts, und dahinter sind Trockenseen und Sand und Alkali-Wüsten bis zum Isthmus von Gibraltar. Alles liegt weit unter Meeresniveau, ausgenommen den Alborän-Vulkan und ein paar kleinere Kegel. Dort leben nur Eidechsen und Insekten.«
    Sie wand geschickt die Leinen auf. Dann Überließ sie es ihm, sich mit den anderen Segeln zu befassen, ging in die kleine Kabine und holte den Lunchkorb, den er gepackt hatte: eine Flasche echten Krug 03 von Muriahs Schwarzem Markt, einen Keil des hiesigen Cheddarkäse-Äquivalents, Gänseleberwurst, süße Butter, ein langer Brotlaib und Orangen. Für schwarze Kirschen war es zu spät im Jahr gewesen.
    »Wenn du in der Zukunft nur auf mich gewartet hättest«, sagte Bryan, »dann hätten wir dies in der Bucht von Ajaccio gegessen. Ich hatte alles schon geplant. Die Kreuzfahrt, das Abendessen unter dem korsischen Mond ...«
    »der obligatorische Liebesakt. Lieber Bryan!« Ihre wilden Augen waren schillernd geworden.
    »Ich wollte dich heiraten, Mercy. Ich liebte dich von dem Augenblick an, als ich dich zum ersten Mal sah. Ich liebe dich immer noch. Darum mußte ich dir folgen, obwohl es bedeutete, so weit verschlagen zu werden.«
    Sie streckte ihm ihre Hand entgegen, berührte seine Wange. Die Brise bewegte ihr schweres kastanienbraunes Haar, das mit einem schmalen Band zurückgehalten wurde. Sie trug keine Tanu-Kleidung, sondern einen einfachen Sonnenanzug in Grün und Weiß nach der Mode ihrer eigenen Ära. Nur der Ring, der im V-Ausschnitt des Büstenhalters schimmerte, erinnerte ihn an den Abgrund, der Mercy jetzt von Rosmar trennte.
    Was kam es darauf an? Was kam es auf irgendeine der Veränderungen an - die Intrigen der Fremden, die zynische Art, mit der der Tanu-Liebhaber sie ihm anvertraut hatte, als er zu seinem unsinnigen Feldzug aufbrach? Mercy war hier bei ihm und real. Alles übrige waren Phantasien, die er vergessen -oder zumindest hinausschieben konnte.
    Bestand hat Himmel nicht und Erde, doch ewig ich sie lieben werde.
    »Haben sie dich glücklich gemacht?« fragte er.
    Sie schnitt Brot mit einem Glasmesser und teilte den Käse auf. »Kannst du es dir nicht denken, Bryan?«
    »Du bist anders. Lebendiger. In unserer Welt hast du nie gesungen.«
    »Woher weißt du das?«
    Er lächelte nur. »Ich freue mich, daß du hier singen kannst, Mercy.«
    »Ich habe in die Welt, in die wir hineingeboren wurden, nie gepaßt. Lach nicht! Es gibt mehr von uns Wechselbälgen, als du meinst! Mißgeburten. Atavismen. Keine Beratung, kein chemisches Herumfummeln am Gehirn, keine Tiefenredigierung hat mir je geholfen, mich zufrieden zu fühlen. Kein Mann - verzeih mir, wenn dich dies verletzt! -, kein Mann hat mir je mehr als flüchtigen Trost gegeben. Ich habe nie ein menschliches Wesen gekannt, das ich wirklich lieben konnte.«
    Er goß Champagner ein. Die Worte, die sie sprach, hatten keine Bedeutung, und deshalb verursachten sie keinen Schmerz. Sie war hier bei ihm. Auf nichts sonst kam es an.
    »Es waren meine latenten Fähigkeiten, Bryan. Das weiß ich jetzt. Die Leute hier haben es mich begreifen gelehrt. All diese starken metapsychischen Spannungen, ungenützt und unbemerkt eingeschlossen. Aber sie zerrten an mir - verstehst du? Die operanten Metapsychiker des Millieus haben ihre Einheit, für mich jedoch gab es auf der zukünftigen Erde nichts dergleichen. Ich gehörte nirgendwohin. Ich konnte nirgendwo ausruhen. Ich fand nirgendwo Frieden ... Ich fand ein bißchen Trost in Drogen, etwas mehr in der Musik, in meiner Arbeit bei den mittelalterlichen immersionsspielen in Irland und Frankreich. Aber im Grunde nützte das gar nichts. Ich fühlte mich als Außenseiterin, als schlecht angepaßt. Nur ein bißchen nicht lebensfähiger Abschaum auf unserm berühmten menschlichen Gen-Pool.«
    »Mercy ...« Ich würde dich lieben, was du auch bist.
    »Nichts davon im Augenblick!« Sie lachte leise und nahm das Glas perlenden Champagners von ihm entgegen. »Du weißt recht gut, daß ich ein hoffnungsloser Fall war und wie eine Motte um eine Straßenlaterne herumbumste. Ich trieb meine Spielchen im Chateau und fand andere

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