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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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zeigt euch den bösen Blick! Inselhexerei, Leute! Unsre ganz eigene blutige Gräfin!«
    Nun, im Schloss des Opium-Khans, überlegt Flagpole, was bei der Operation alles schieflaufen könnte. »Ay«, sagt er ernst. »Woll’n wa hoffen.«
    James Banister, Commander der Royal Navy, hält eine exotische Frucht in der einen und einen Elfenbeinlöffel in der anderen Hand, wobei er mit Letzterem tief in Ersteres eintaucht und sich überlegt, dass ein echter Geheimagent das ganze Problem wohl damit lösen würde, den Löffel in Shem Shem Tsiens Stirn zu rammen. Leider ist Verstümmelung mittels eines Löffels weit schwieriger, als einen die Abenteuerromane glauben machen wollen, und der Opium-Khan ist berühmt dafür, auf sich aufpassen zu können. Und dann gibt es da natürlich noch die unsichtbaren, aber zweifellos ideal positionierten Bogenschützen, die mit ziemlicher Sicherheit jeden Versuch im Keim ersticken würden, bevor ihrem Meister irgendein ernsthafter Kummer entstünde.
    Die Frucht hat die Textur von gekochtem Fisch und schmeckt nach Mango, Ingwer und Salz. Der Opium-Khan sagt, es handele sich um eine Feuerbirne, die ausschließlich an den Ufern des großen Flusses Addeh wächst.
    »In unaufgeklärten Zeiten hieß es, die Feuerbirne sei das Ei eines riesigen Katzenfisches«, sagt Shem Shem Tsien. »Bei spezieller Verarbeitung glaubte man, aus der Pflanze das Elixier göttlicher Unsterblichkeit gewinnen zu können. Und die getrockneten Blüten wurden als Aphrodisiakum geschätzt.«
    James Banister blickt ihn, aufs Stichwort beunruhigt, einen Moment lang an. Du liebst den großen Auftritt, nicht wahr?
    »Die Frucht ist ganz ungefährlich, Commander, das verspreche ich Ihnen. Ich habe viele, viele Vorkoster zwischen dem Fluss und dem Tisch. Ihre Instruktionen sind sehr genau.«
    Ja , denkt Edie grimmig hinter James Banisters Schnurrbart, das glaube ich sofort . Es breitet sich eine angenehme, grummelnde Wärme in ihrem Bauch aus. Sie vermutet, dass die Frucht teilweise vergoren ist oder in Schnaps getränkt wurde – hoffentlich nur in Schnaps. Abel Jasmines Lektionen haben auch eine kurze, aber einprägsame Woche des Ausprobierens von Amphetaminen und leichteren Giften beinhaltet. Edie erinnert sich, wie ihre Backenzähne gekribbelt haben und sie das überwältigende Bedürfnis verspürte, ihren Namen laut hinauszubrüllen und angebetet zu werden. Also.
    James Banister macht eine große Schau daraus, den letzten Bissen herunterzuschlucken, bevor er die leere Schale seiner Feuerbirne auf den Teller fallen lässt.
    »Ein sehr kräftiger Geschmack«, murmelt er ohne Begeisterung. »Liegt es an den Gaslampen, dass es hier drinnen so warm ist?«
    Der Opium-Khan macht eine kurze Geste, und einige Lakaien tauchen auf, um die Überbleibsel des Obstganges abzuräumen. »Nur das Klima, Commander, fürchte ich. Das Gas benutzen wir zur Beleuchtung und für den Export in befreundete Nationen. Es ist nicht bekannt, ob Addeh Sikkim über irgendwelche größeren Erdölvorkommen verfügt, aber es ist wahrscheinlich. Selbstverständlich …« Doch was auch immer mit Selbstverständlichkeit folgen soll, muss warten. Ein gewaltiges Geraschel bricht am äußersten Ende des Speisesaals aus, wo anstelle eines weiteren Stuhls eine Art Thron steht. Etwas, das sich so ähnlich anhört wie eine Trompete, wird wiederholt geblasen, und weitere Lakaien wuseln umher und legen Besteck und Kissen aus. In der Entfernung ertönt ein Gong.
    »Ihnen wird eine große Ehre zuteil«, sagt Shem Shem Tsien mit der Stimme eines Mannes, der nicht wirklich begeistert zu sein scheint. »Die große Schönheit, die von uns allen geliebte Rose von Addeh Sikkim – meine Mutter –, beehrt uns mit ihrer Anwesenheit. Guten Abend, Mutter.« Er erhebt sich abrupt und geht auf eine von zwei breitschultrigen Männern getragene Sänfte zu. Flüchtig beugt er sich hinunter, um das winzige Bündel Flitter zu küssen, das sich daraufhin bewegt und sich als graugesichtige, weißhaarige alte Frau erweist, die die Briefe schreibende Witwe Dotty Catty sein muss. Sie hebt ablehnend eine Hand gegen ihren Sohn und wendet sich ab.
    »Wir stehen auf keinem guten Fuß miteinander«, erklärt der Opium-Khan ruhig. »Eine Familienangelegenheit. Ohne große Bedeutung, außer für die Geschichtsschreiber.«
    »Mörder«, entgegnet die alte Frau ohne viel Energie.
    »Unsinn, Mutter«, sagt Shem Shem ausdruckslos. »Sei nicht unhöflich.«
    Dotty Catty ist sehr klein und versinkt fast

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