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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Khaygul-Khans teilzuhaben«, versichert Tah nachdrücklich.
    »Naturgemäß.«
    »Es sind nur die Banditen von jenseits der Grenze, die etwas dagegen haben. Sie wiegeln zu Rebellion und Unruhe auf. Genau wie die Piraten vom Addeh.«
    »Ich bin sicher, Piraten sind tückisch.«
    »Ja. Piraten sind tückisch. Ganz genau.«
    Tah nickt nachdrücklich.
    In den Lücken zwischen den stolzen, importierten Bäumen die armseligen Häuser und die hoffnungslosen Gesichter.
    Edie hört in Gedanken die Stimme von Abel Jasmine: Dies ist nicht der Kampf, Edie. Keine Kreuzzüge. Uns geht es ums Überleben. Die guten, die richtigen Dinge tun wir später. Im Moment geht es nicht um den Kampf.
    Es gefällt ihr nicht, aber sie weiß, dass es wahr ist. Sie beruhigt sich, zwirbelt mit einer Hand ihren falschen Schnurrbart und versucht, wie ein verwegener Spross des Empires zu denken.
    Von der Tür der Demut – durch die die Bittsteller den Thronsaal des Opium-Khans betreten – bis zu dem erhabenen Platz, wo Shem Shem Tsien sitzt, wo ihm von Jungfrauen Luft zugefächelt und wo er von Eunuchen bedient wird, benötigt man vierzig Schritte. Der gesamte Raum wird von zahllosen Gaslampen beleuchtet, kleine Kugeln, die sehr hell und heiß brennen. Zwischen ihnen sind zudem seltsame Spiralen aus Licht von radioaktiv strahlendem Blau angebracht. Immer wieder knistern und knacken sie, wenn eine Motte oder Fliege sich in sie verirrt. Ein lavendelfarbener Seidenteppich verläuft durch den ganzen Raum und endet an einer schienbeinhohen, mit Gold und Edelsteinen besetzten Barriere, die zum Niederknien gedacht ist. Der Engländer, Banister, nimmt seine Mütze ab und klemmt sie sich unter den Arm. Er hat sich schon freundlicherweise bereit erklärt, seinen Degen und seine Pistole dem Lakai zu seiner Linken auszuhändigen. Er wendet sich um, lässt seine vierköpfige persönliche Garde im hinteren Teil des Raumes zurück und geht langsam, aber ohne Feierlichkeit, den langen Teppich hinunter. Der Opium-Khan beobachtet jeden einzelnen seiner Schritte, vorbei an massiven, mit Mosaiken überzogenen Marmorsäulen; an gewaltigen Goldskulpturen, die die Großtaten des Khans darstellen (angemessen zensiert); an dem Organisten, der die persönliche Hymne des Khans spielt, und schließlich über eine kleine Brücke, die über einen gezackten Abgrund führt, dessen Tiefe bodenlos erscheint, von dem aber Blitze blauen Lichts und das Geräusch rumorender Gesteinsschichten aufsteigen, als würde sich ein schlafender Drache auf die Seite drehen. Hinter dem Opium-Khan erstreckt sich ein riesiges Spinnennetz aus blauen Spiralen, die strahlenden Arme eines vielgliedrigen Gottes. Sich dem Thron zu nähern ist, als gehe man in eine Sturmwolke hinein; es stehen einem die Haare zu Berge dabei.
    Commander Banister erreicht die Barriere und senkt respektvoll den Kopf.
    »Ich überbringe Grüße von Ihrer Majestät von England«, sagt er kurz. Seine Stimme ist hell, sogar hoch, aber dem englischen Adel wird ja ohnehin nachgesagt, er sei ein effeminierter Menschenschlag.
    Der Lakai hustet.
    »Es ist üblich, dass Besucher vor dem Khaygul-Khan knien«, sagt er.
    »Ich bin kein üblicher Besucher«, erwidert der junge Mann keck und mit herablassendem Lächeln. »Ich bin ein Gesandter der britischen Krone. Ein solcher kniet nicht in Peking und nicht in Moskau. War nie anders. Wird nie anders sein. Für Don Bradman würde ich vielleicht knien. Ordentlicher Schlagmann. Was meinen Sie denn, Khan? Finden Sie, dass Bradman was taugt?«
    »Bradman ist ein hervorragender Cricketspieler, Commander Banister. Obwohl ich immer das Gefühl habe, dass Larwoods gutmütiges Naturell eine angemessene Konfrontation verhindert.«
    »Wie das?«
    »Larwood weigert sich, das Risiko einzugehen, ihn schwer zu verletzen, Commander Banister. Selbst mit der neuen Bodyline-Taktik. Er hält sich zurück.«
    »Liegt in der Natur des Spiels, Khan. Am Ende geht es nicht um den Sieg.«
    »Ein sehr englisches Spiel, Commander. Weswegen ich es auch nicht spiele.«
    »Du liebe Zeit. Wie verbringen Sie denn dann den Sommer, ein sportlicher Kerl wie Sie?«
    »Mit Fechten, Commander Banister. Mit der Jagd. Manchmal mit Krieg. Und natürlich muss ich mich um meine Herde kümmern.«
    »Schafe? Komische Ideen habt ihr Leute. Schafe, ja? Kein Zeitvertreib für einen Aristokraten, würde ich sagen, aber ich denke mal, Sie kennen Ihr Land, Khan.«
    Die Augen des Khans sind scharf auf Banisters Gesicht gerichtet.
    »Mein Volk,

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