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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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es übrigens nicht gab – er war ein gastronomischer Opiumtraum, eine fette Halluzination, dessen weiße Kochmütze in den Jahren zwischen ’62 und ’79 von sieben arbeitslosen Shakespeare-Schauspielern getragen wurde) verwendete in seiner Küche Knoblauch, und zwar reichlich, und bezog Gewürze, von denen der Rest Englands noch nie gehört hatte oder doch zumindest nicht im Traum daran gedacht hätte, sie in einer christlichen Mahlzeit zu verwenden.
    Sie waren fünf Minuten vom Leonardo’s entfernt, als Mathew unvermittelt den Wagen anhielt, ihn ein Stück zurücksetzte, bis er in eine bestimmte Gasse hineinschauen konnte, und dann Flüche ausstieß, die nicht einmal Harriet je untergekommen waren, und sie verbrachte ihre Zeit immerhin mit Musikern aus den entferntesten Ecken der Welt.
    »Bleib du kurz hier sitzen«, sagte Mathew zu seiner zukünftigen Frau. »Ich muss nur mal eben meine Krawatte richten.«
    Dann stieg er aus dem Wagen und marschierte in die Nacht hinaus.
    Jonah Noblewhite – in diesem Augenblick war er für Mathew bloß irgendein Dickwanst – stand mit dem Rücken zur Wand und hielt ein kurzes Stück Holz in Händen. Er sah aus wie ein in die Enge getriebenes Meerschweinchen. Vor ihm standen drei Männer mit kahl geschorenen Köpfen. Einer von ihnen hatte im Nacken ein Hakenkreuz tätowiert, was Mathew sehr zuvorkommend fand, da es ihm eine gute Zielscheibe für seinen Gummiknüppel bot. Der Hooligan ging in die Knie, was beeindruckend war, da die meisten Menschen für gewöhnlich nach so einem Treffer sofort ohnmächtig umkippten. Mathew sah sich noch immer im Angriffsvorteil, also schlug er erneut mit voller Wucht zu. Die beiden anderen starrten ihn an, und Jonah Noblewhite nutzte die sich bietende Gelegenheit, um mit seinem Holzstück auf den Kerl direkt vor ihm einzuschlagen.
    Der dritte Mann war schnell. Er ging dazwischen und erwischte Jonah zweimal mit seinem Ellenbogen, einmal von unten, dann von oben. Jonah brach zusammen.
    Mathew musterte den Angreifer. Er betrachtete seine schweren, hässlichen Stiefel und seine mit Nieten besetzte Jeansjacke. Er betrachtete sein schmales Gesicht und die beinahe unsichtbaren Augenbrauen.
    Offenkundig fand er nichts, was ihn in Begeisterung versetzt hätte.
    Der Mann steckte eine Hand in seine Tasche und zog ein Messer hervor. Mathew betrachtete auch das. Es schien ihn ebenfalls nicht sonderlich zu interessieren. Der Mann beugte die Knie und fuchtelte mit dem Messer herum. Mathew rührte sich nicht von der Stelle, breitbeinig, die Tanzschuhe fest auf dem dreckigen Boden der Gasse verankert. Dann sprach er.
    »Alter«, sagte er. »Du und ich haben hier gerade eine kleine Meinungsverschiedenheit. Deine Freunde werden bald aufwachen, und dann geht ihr schön zusammen in den Pub, allerdings wird’s besser sein für euch, wenn’s kein Pub in meinem Viertel ist. Aber wenn du jetzt mit deinem Saufänger auf mich losgehst, werd ich ziemlich ungemütlich.«
    Welche genauen Folgen dieses Ungemütlichwerden mit sich bringen würde, erwähnte er nicht. Er wartete mit in die Hüften gestemmten Armen und machte schließlich nur eine kleine, zufällige Bewegung, mit der er dem anderen einen Blick auf sein helles Seidenhemd und den stupsnasigen Revolver in seinem Hüftholster gewährte.
    Zwanzig Minuten später begleitete Jonah Noblewhite Harriet und Mathew zum Abendessen, und es stellte sich heraus, dass er amerikanische Baseballkarten sammelte und ein Fan von Joan Greenwood war. Harriet hatte ihn zum süßesten Mann der Welt erklärt, Mathews Hand in einem festen Griff umschlossen und eindeutig nicht vor, ihn je wieder loszulassen. Er war ein Held und ein Krieger, und er beschützte die Aufrechten vor den Schurken. Eine Woche später machte Mathew ihr einen Antrag, und Jonah war der Erste, dem sie es erzählten. Als Joshua Joseph zur Welt kam, erklärte Jonah ihn zu einem großen Sohn des britischen Volkes und erkundigte sich kurze Zeit später, als er per Zufall selbst zum Vormund eines neu geborenen Jungen und eines Mädchens geworden war, ob der Erbe des Hauses Spork nicht vielleicht Freude an der Gesellschaft seiner beiden Ausgestoßenen hätte. So wuchsen die drei ganz zwangsläufig miteinander auf, auch wenn Mary Angelica in gewisser Weise über den beiden Jungen stand und das Leben sie in eine ausländische Schule entführte, gerade als ihre Verwandlung vom Entlein zum Schwan begann.
    Und wie es aussieht, hat Joshua Joseph Spork mit Mercers Schwester

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