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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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versteckt gehalten wurde. Wir können die Hypothese aufstellen, dass es sich um eine Verbindung aus den zuvor erwähnten Regierungsinstitutionen und dem guten Hüter selbst handelte, der sich in ein Gewächshaus zurückzog, um persönlich auf das Stück aufzupassen, bis sich Joes Großmutter dazu entschließen würde, die alten Pläne wiederaufzunehmen, was sie, soweit wir wissen, nie getan hat.
    Offenbar hat es irgendwann in der jüngeren Vergangenheit eine alte Dame aus Hendon übernommen, den Anschauungsapparat in Gang zu setzen, um dabei die Welt entweder zu retten oder zu zerstören. Sie engagierte Billy Friend als Strohmann, brachte Joe dazu, den technischen Teil zu übernehmen, und luchste dem armen Mr Long sein bedeutendstes Exponat ab. Joe aktivierte die Maschine, die Bienen flogen, und sowohl die Ruskiniten als auch ein schäbiger Teil des öffentlichen Dienstes, bekannt – oder besser: unbekannt – als das Nachlassamt, begriffen, was vor sich ging, und schlugen zu, wobei sie ausnahmsweise einmal gemeinschaftlich agierten – auch wenn wir uns dadurch nicht zu der Ansicht verleiten lassen sollten, dass sie dieselben Ziele verfolgen. Sie schnappten sich Sholt und die Maschine in den Wirren eines wohl von ihnen selbst gelegten Feuers, verfolgten die Spuren zu Billy zurück, woraufhin er entweder beim Verhör getötet wurde, oder weil jemand peinlich darauf bedacht ist, dass nichts davon nach außen dringt. Über Billy fanden sie Joe, und ohne die Intervention der ehrwürdigen Kanzlei Mercer Cradle hätten sie auch ihn verschwinden lassen. Und hier sind wir nun alle miteinander. Hat noch jemand etwas hinzuzufügen?«
    »Ja«, sagt ihr Bruder. »Es nimmt sehr viel größere Ausmaße an, sehr, sehr schnell.« Er deutet auf den ohne Ton laufenden Fernseher, und sie sehen zu, wie Eilmeldungen das Programm unterbrechen. Parlamente debattieren, und Staatsoberhäupter fordern Erklärungen voneinander. Die Vereinten Nationen tagen, die NATO ebenfalls. Die Untaten der Regierung im Kongo liegen schmerzlich offen. Israel und Ägypten, früher in gutem Einvernehmen, beschuldigen einander jetzt voller Unruhe. In England herrscht höchste Alarmstufe, ebenso wie in Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien. Die USA , China, Indien und Pakistan haben jeweils ihre Absicht kundgetan, die Bienen zu vernichten, doch was sie tun werden – sie abschießen? Sie mit Atomwaffen ausradieren? –, ist noch unklar. Für die Mächtigen dieser Welt sind es böse Bienen. Es sind Bienen der Aggression, keine Bienen, die Honig und Frieden bringen, und sie können nicht geduldet werden.
    Zu viel Wahrheit kann nicht geduldet werden.
    Angestachelt womöglich von der Vermutung, dass all dies hier seinen Anfang genommen hat, ist London im Ausnahmezustand. Imker werden angewiesen, sich registrieren zu lassen, und müssen ihre Bienenkörbe zur Inspektion zur Verfügung stellen. Nein, natürlich sind dies keine normalen Bienen, aber sicher ist sicher. Es hilft, Leute auszuschließen. Jeder Imker könnte schließlich ein Sympathisant sein, ein heimlicher Agent. Währenddessen lassen die Menschen ihren Ärger auf Westminster spüren: Wer ist verantwortlich? Wer steht dafür gerade? Wer muss seine Pension zurückzahlen? (Nicht dass das jemals jemand getan hätte oder tun würde.)
    Wer muss zur Rechenschaft gezogen werden?
    Wer wird den Löwen zum Fraß vorgeworfen?
    Wer hat das getan?
    »Es wird immer größer«, wiederholt Mercer Cradle.

XI
    Frühgeschichte;
Eine persönliche Angelegenheit; Lovelace
    E die erwacht, und ihr ist immer noch kalt von der Jahrzehnte zurückliegenden eisigen Rettung der Cuparah . Sie ist müde, und die Anstrengung, die es bedeuten würde, in die Senkrechte zu kommen, ist für den Moment einfach zu viel. Ihr Körper ist alt, die Knochen haben sich ihr eigenes Murren angewöhnt. Sogar Bastion, denkt sie manchmal, ist insgesamt besser in Schuss als sie.
    Sie reibt ihm sanft die Ohren, woraufhin er grollende Rasenmäherlaute von sich gibt. Aber er wacht nicht auf. Edie ist kurz davor, ihn hochzuheben und zu umarmen, aber auch einem Hund muss man seine Schlummerzeit gönnen. In der Hoffnung, dass Bastions Wärmflaschenkörper ihren eigenen wieder in den Schlaf hinabgleiten lassen wird, schmiegt sie sich an ihn. Stattdessen aber taucht das mäandernde Kaleidoskop vor ihrem geistigen Auge auf, bei dem ihr Verstand nun so oft Zuflucht sucht: der verrückte Festumzug ihres Lebens.
    Wenn auch leider einige der frivoleren Teile

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