Der goldene Schwarm - Roman
Welt, die von modernen Schwächen klein gehalten wird, von dieser zeitgenössischen Ironie, die solche Angst hat vor großen Ideen, dass sie sie einfach auseinandernehmen muss, muss, muss. Englands endgültiger Triumph, Mr Spork: eine Welt der Ladenbesitzer.« Letzteres voller Verachtung. Joe versucht es sich einzuschärfen: Modernität, Ladenbesitzer: schlecht.
»Ich bin so viel mehr, als Sie sich vorstellen können. Ich bin mehr und doch nur ein Bruchteil von dem, was ich in zukünftigen Tagen noch sein werde. Mein Sieg, der Spross meines Hasses, ist unvermeidlich, denn ich werde zu Gott werden. Und bin ich Gott, so werde ich vollkommen sein, und bin ich vollkommen, werde ich von Anbeginn vollkommen gewesen sein. All diese scheinbaren Umwege sind ein direkter Weg zu meiner Apotheose, betrachtet man sie durch das zeitlose und unbeschreibliche Verständnis des Göttlichen.«
Joe nimmt all das auf und weiß, dass er noch vor einer Woche darüber gelacht hätte. Doch jetzt nicht, nicht hier, in diesem Raum. Joes einzige Hoffnung besteht darin, dass der Meister der Ruskiniten lügt, dass er doch von jemandem unter Kontrolle gehalten wird. Und dann, mit sinkendem Mut, wird ihm klar, dass derjenige, dem diese Aufgabe zukäme, Rodney Titwhistle wäre. Und der gute Rodney hat sein Gewissen ja bereits für ein höheres Gut geopfert, das nur für ihn selber sichtbar ist.
»Dann, zur Abwechslung, eine andere Frage. Aber diese müssen Sie richtig beantworten, keine Ausflüchte. Sind Sie bereit? Gut.
Wenn ich den Geist Napoleons habe und den Körper von Wellington, wer bin ich dann?«
Auf Joes gebeutelten Blick hin beginnt er, recht aufrichtig zu lachen.
Joe Spork hat keine Ahnung, wie die richtige Antwort darauf lauten könnte, also denkt er angestrengt darüber nach, was er getan haben mag, um seinen Gesprächspartner derartig wütend zu machen, und wie er Abbitte leisten könnte. Aber sein Mund lässt ihn im Stich, und er würgt und spuckt leicht aus. Der Mann fasst dies als Beleidigung auf, und einen Moment später kehrt Mr Ordinary zurück und sagt, er sei sehr enttäuscht.
Joe versucht abzudriften und sich an schöne Dinge zu erinnern, aber schöne Dinge sind weit weg und verblassen. In seinem Kopf tummeln sich gefährliche Haie, Erinnerungen, die er nicht zulassen will und nicht länger unterdrücken kann.
An seinem fünfzehnten Geburtstag öffnet der junge Joshua Joseph die Tür und findet auf der Schwelle seinen Vater in einem schicken Anzug und mit einem Geschenk unter dem Arm. Ein ziemlich außergewöhnliches Kunststück, da Mathew gerade wegen schweren Raubes (schwer beeindruckenden Raubes, wie manche sagten) in einem der Gefängnisse Ihrer Majestät von England sitzt.
»Hallo Joe«, sagt Mathew Spork unbekümmert. »Ich dachte, ich schau mal vorbei. Hoffe, dir macht das nichts aus.«
»Du bist draußen?«, fragt Joshua Joseph.
»Wie du siehst, Joe. Wie du siehst. Ich bin ein freier Mann – zumindest für den heutigen Tag.«
»Bloß für einen Tag?«
»Länger, wenn ich es möglich machen kann.« Letzteres in einem trockenen Tonfall. Das Aufblitzen von Verruchtheit, das Markenzeichen seines Vaters, lässt Joe zu einer beunruhigenden Schlussfolgerung gelangen.
»Du bist ausgebrochen.«
»Ja, das bin ich. Und auf ziemlich geschickte Weise, muss ich sagen. Ich musste einen Arzt in der Harley Street aufsuchen, weißt du, wegen meiner Gesundheit. Das Gefängnisessen ist schrecklich, mein Junge, es schmeckt nach Fett und ist schlecht für die Verdauung. Also dachte ich: Na ja, warum nicht? Ich schau mal bei meinem Sohn vorbei und umarme meine mich liebende Frau, und dann verdrücke ich mich an Argentiniens schönen Busen, und ihr könnt mich von Zeit zu Zeit da besuchen. Wie hört sich das an?«
»Du bist verrückt!«, ruft Joshua Joseph hocherfreut aus. »Du kannst nicht hierbleiben, sie werden dich finden.«
»Dein Vater, Joshua Joseph Spork, mag ein alter Mann sein und klapprig noch dazu, aber er ist kein Narr, und das hier ist nicht sein erster Fandango. In diesem Augenblick steht ein feiner Bursche, der auf den Namen Brigsdale hört, in der Schlange für die Fähre nach Irland und trägt ein Mathew-Kostüm. Mr Brigsdale hat in seinem ganzen Leben noch niemals jemandem etwas zuleide getan, Josh, aber er hat eine große Ähnlichkeit mit deinem Alten. Er wird die Fähre besteigen, er wird festgenommen werden, und unsere Freunde und Helfer werden einige Tage lang fälschlicherweise glauben, mich
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