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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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seinen Schultern, aber davon abgesehen hat sein Vater gekonnt eingeschätzt, welche Maße er als Erwachsener einmal haben würde. Polly Cradle beobachtet schweigend, wie er sich den Hut aufsetzt.
    Er wendet sich dem Posaunenkoffer zu.
    Es ist natürlich gar kein Posaunenkoffer. Er sieht ein bisschen wie einer aus, aber niemand in Joes Lage – Arthur Sullivan nicht eingerechnet – würde glauben, dass sich sein Problem mit einer Posaune lösen ließe. Wenn ihn nicht alles täuscht, enthält dieser Koffer etwas, das lauter und weniger melodiös ist. Es ist auch überaus illegal, aber Joe ist deutlich über den Punkt hinaus, wo ihn das noch geschert hätte. Er öffnet den Koffer. Die Nicht-Posaune ruht in Einzelteilen in mit schwarzem Samt ausgeschlagenen Fächern. Verschiedene Instrumente und Aufsätze gehören dazu, sodass er seine Nicht-Posaune warten und nach Belieben modifizieren kann. Es gibt sogar eine Partitur, die einem verrät, wie man darauf Musik spielen kann und wie man weiteres unverzichtbares Zubehör beschafft. Auf der Innenseite des Deckels ist das Zeichen des Herstellers eingeprägt: die Auto-Ordnance Corporation von New York.
    Papa Sporks geliebte Thompson Maschinenpistole.
    Plötzlich wird ihm bewusst, wie lange er auf diesen Augenblick gewartet hat.
    Er grinst, steckt sorgsam die Einzelteile aufeinander und steht dann im Halbdunkel. Er hebt die Tommy Gun hoch, hält sie sich quer vor die Brust und lächelt in erwartungsvoller, jungenhafter Freude.
    »Endlich ist meine Hand wieder ganz«, sagt Crazy Joe Spork.

XVI
    Drinks im Pablum Club;
Jorge, Arvin und die Tricoteusen;
Im Nur-keine-Hemmungen-Land
    D er Pablum Club befindet sich gar nicht wirklich in St James. Er liegt etwas abgelegen und ist nicht mal annähernd so altehrwürdig, wie die Brille des Mannes an der Tür vermuten ließe. Gegründet für die Gentlemen, die noch einen Rest von Feuer in sich spüren, verfügt er über all die Zier eines echten St-James-Clubs, über all die Ledersessel und teuren Brandys, doch die Mitglieder reden hier eher über ihre Geliebten als über ihre Handicaps, und für ihre Unterhaltungen gilt das eiserne Gebot der Verschwiegenheit, mit der Androhung des Ausschlusses bei Zuwiderhandlung.
    Der Hon Don ist einer der Hauptanteilseigner, also bestellt sich Joe einen unanständig alten und kostspieligen Malt Whisky und einen Patron Gold Tequila (mit echtem Gold darin) für Polly. Dann lässt er sich in einen thronartigen Stuhl sinken und legt seine zweifarbigen Budapester auf den Kaffeetisch aus Mahagoni. Nach einem Augenblick taucht der erstklassig ausgebildete Butler auf, um ihn zu bitten, dies zu unterlassen, und um sich zu erkundigen, ob die Dame nicht vielleicht die Ladys’ Bar bevorzugen würde. Polly Cradle lehnt lächelnd ab, woraufhin der Butler erwidert, dass er sich beinahe sicher ist, dass sie die Ladys’ Bar bevorzugen würde, und Polly ihm sanftmütig erklärt, dass dies wirklich nicht der Fall sei, was den Butler wiederum dazu bringt, sich bittend an Joe zu wenden und dieser ihm sagt, er solle tout de suite den Hon Don herbeischaffen, während er ihm seine Waffe zeigt.
    Der Butler rennt wie der Teufel – da Männer, die noch Feuer in sich spüren, jedoch durchaus zu derartigen Ausbrüchen neigen, ruft er nicht die Polizei. Polly lässt Bastion aus ihrer Tasche, und dieser wählt ein Damastsofa, das er, obwohl er klein ist, vollständig mit Beschlag belegt. Joe lächelt ein Lächeln gehässiger Vorfreude und wartet.
    Ein Teil von ihm – so langsam betrachtet er seine Selbstzweifel als die des alten Joe – hegt die Befürchtung, zu früh hierhergekommen zu sein. Er sollte eigentlich vernünftig sein. Für diesen Einwurf jedoch hat der Gangster in ihm nur ein tiefes, schmutziges Lachen übrig. Wenn einem das Leben Zitronen schenkt, macht man Limonade draus. Und wenn es einem kompromittierende Bilder bestechlicher Bankiers mit besten Beziehungen in höheren und überaus mächtigen Kreisen schenkt, dann erpresst man ihn, bevor er bis zehn zählen kann.
    »Ich brauche den Hon Don«, hat er Polly auf dem Weg zurück nach London gesagt, »und ich brauche den Nachtmarkt. Was ich auch tun werde, ich brauche sie auf jeden Fall. Das spüre ich.« Wie versprochen hat sie zwischen den Abfahrten fünfzehn und sieben Sex mit ihm gehabt. Einen Moment lang schließt er die Augen und schwelgt in der berauschenden Erinnerung.
    Ein für sein Traditionsbewusstsein bekannter Bischof macht Anstalten, sich auf das

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