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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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abgeflachten Schneiden verleiht dem Ganzen einen besonders netten Touch. Eine Auswahl verschiedenfarbiger Filzstifte ist auf dem Boden von Hon Dons Büro im Pablum Club verteilt. Der Hon Don selbst befindet sich anderswo, wo er zweifellos sein erhitztes Gemüt mit einem Paar exotischer Tänzerinnen abkühlt. Polly Cradle lehnt im Lauren-Bacall-Stil an der Bar und hört zu, wie ihr Geliebter vor sich hinmurmelt.
    »Nein, okay, das ist der Advertiser . Gut. Also: ›Komm nach Hause, Fred, alles ist vergeben.‹ Schön. Das ist der Crawley Sentinel , und darunter … Ha! Ja. Und dann … Yaxley Times , genau: ›Werd die Meine, Abigail, werd die Meine!‹, was ich doch ein bisschen verzweifelt finde. Und ich glaube … verfluchter Mist, das ist echt, na schön …« So geht es weiter, eine Flut von ausgeschnittenen und verworfenen Zeitungsmeldungen. Einen Augenblick später grinst Joe: »Jetzt finde die Dame!«
    Polly streckt die Hand aus, hält dann aber inne. »Was soll ich tun?«
    »Gar nichts! Es ist geschafft. Aber hilf mir, in dem Teil war ich nie gut. Es ist wie ein Kreuzworträtsel. Hier: ›Zu verkaufen: Drei zusammenpassende Mountainbikes. Angebot nur noch bis Ende März.‹ Das ist das Datum. 3. März. Stimmt’s? Dann hier: ›Sound-of-Music-Sing-a-long im Toxley Arms, Dover Street. Karten nur im Vorverkauf.‹ Also Dover Street. Aber welche Dover Street, es gibt nämlich mehrere, und welche Hausnummer, oder was könnte … oh.« Joe sieht enttäuscht aus. Der dritte Ausschnitt enthält offenbar keine Antworten. Polly Cradle späht darauf.
    »Könnte es die Stelle mit dem Toxley sein?«
    Er starrt vor sich hin. »Ja! Es ist andersherum! Toxley Arms ist der Eingang. Ein Pub. Ein Pub in …« Er lässt seinen Blick noch einmal über den dritten Ausschnitt gleiten. »Belfast? Das kann nicht stimmen.«
    »Vielleicht das Schiff?«
    »Ja! Auf der Themse. Der Pub, der der HMS Belfast am nächsten liegt. Es gibt da einen Weg in die Tosher-Tunnel. Ja. Genau.« Wieder grinst er. »Holen Sie Ihr feinstes Gewand aus dem Schrank, Mistress Cradle, und Ihre schönsten Tanzschuhe. Ich nehme Sie mit zum Nachtmarkt.«
    Der Markt sieht anders aus und ist doch gleich geblieben; an diesem Tag befindet er sich in einer riesigen Wasserzisterne aus der Ära von Heinrich VIII, die zum Zweck der Wiederherstellung ausgepumpt und mit hölzernen Gerüsten ausgekleidet wurde, an denen jetzt Leuchtstäbe in barocken Laternen hängen und aufziehbare elektrische Lampen, während der modrige Geruch von großen Räuchergefäßen übertüncht wird, die frische Blumendüfte ausströmen. (Und die, wie ein Schild stolz verkündet, von einer Chemiefirma in Harchester gestohlen wurden, die sich auf olfaktorische Raumerfrischung spezialisiert hat – größere Menge auf Nachfrage erhältlich.) Die Leute registrieren sie im Vorbeigehen und heften dann gleich noch einmal ihre Blicke auf sie: Oh, Flüchtlinge . Die Älteren und Klügeren schauen etwas genauer hin und erkennen Joshua Joseph Spork mit einer zweifelhaften Frau an seinem Arm und einem Gangsterhut auf dem Kopf und wissen, dass etwas im Busch ist, sodass schon bald ein Raunen von Stand zu Stand geht: Ist das Mathews Sohn? Mein Gott, der ist ja riesig! Und irgendwas hat er angestellt, um die Freunde und Helfer zu ärgern, aber nicht das, was ihm nachgesagt wird, so viel weiß ich.
    Ein Mann namens Achim reicht ihnen Gläser mit Wein und prostet ihnen zu. Andere schauen schnell weg – haben kein Verlangen danach, etwas zu erfahren, was in einer laufenden Ermittlung relevant sein könnte. An jedem anderen Ort würde Joe fürchten, verraten zu werden, doch der Markt ist sakrosankt: Er kann nur fortbestehen, wenn er geheim bleibt, und die Strafen für Verrat sind drastisch. Heutzutage vermutlich noch drastischer als früher. Nun, da Jorge hier anstelle von Mathew das Sagen hat – oder wie Jorge bereitwillig anerkennen würde: anstelle von Joe .
    In einem Raum, der als Wartungsplatz über der Zisterne gedient haben muss – eine Pumpstation oder ein Überlaufbecken –, hat sich Jorge ein Büro eingerichtet, wo er gerade seinen Geschäften nachgeht. Man kann allerdings sicher sein, dass ihn die stille Post bereits erreicht hat. Jorge selbst wiederum verhält sich alles andere als still.
    »Heilige Scheiße, Joe Spork! Fuck! Du bist der meistgesuchte Wichser des Landes, weißt du das eigentlich? Auf meinen Kopf wird ’ne Belohnung ausgesetzt, bloß weil ich in einem Raum mit dir bin. Jesusmaria!

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