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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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dass ich so spät dran bin!« Na also. Jeden Moment wird jemand hierherkommen, und für diesen Jemand halte ich euch. Dann kommt ihr wohl besser später noch mal wieder, was? Erledigt mich, wenn’s ruhiger ist.
    Der frisch getaufte Mr Biglandry zögert. Edie tritt strahlend auf ihn zu, mit ausgestreckter Hand, und er bewegt seinen Körper so, als wolle er sie tatsächlich schütteln. Edie hat keinesfalls die Absicht, ihn zu berühren, oh nein, und eine Umarmung mit einem Typen riskieren, der derartig breite Schultern hat. Wobei … als wir noch jünger waren, hätte es uns schon Spaß gemacht, so einen Berg zu besteigen, was? Oh ja, in der Tat. »Ach, wo sind denn meine Manieren geblieben?« Sie lässt ihre Hand sinken. Die Nachwuchs-Schweinehunde verteilen sich, um ihr den Fluchtweg abzuschneiden. Ich muss doch bloß ein wenig Milch holen, um euch Tee zu kochen, meine Lieben, meint ihr nicht? Ha! Die würden mich in Stücke reißen. Langsam, langsam, alte Kuh. Du hast ein großes Stück Weg vor dir und nur wenig Zeit, um ans Ziel zu gelangen. Ziel: Flucht. Nichts anderes. So. »Ich setze uns Teewasser auf, nicht wahr? Sagen Sie, würde es Ihnen etwas ausmachen, mir die Möbel umzustellen? Ich fürchte, ich bin zu alt, ich habe es versucht, aber das Fleisch ist schwach. Nicht wie Ihres, Mr Biglandry. Und wen haben wir hier?«
    Nachwuchs-Schweinehund Nummer eins streckt seine Hand aus, als ihr Blick auf ihn fällt, und murmelt: »James.« Das ist offenkundig nicht sein richtiger Name, aber Nachwuchs-Schweinehund zwei und Mr Biglandry starren ihn an, als hätte er gerade seine Hosen heruntergelassen. Ha! Ich würde mal sagen, jetzt bist du aber bei deinem Test durchgefallen, kleiner Jimmy. Mr Biglandry wird später noch ein ernstes Wörtchen mit dir reden wollen, kann ich mir vorstellen. »Hallo!« Edie winkt debil. »Und Sie müssen Biglandry junior sein, ich sehe die Familienähnlichkeit. Wie war der Name noch … George?« Ihr seid beide hundsordinäre Killer, das steht fest, aber er ist ein rotgesichtiger alter Penner, und du hast etwas Blasses und Ungarisches an dir, ich würde mich nicht wundern, wenn dein Vater bei der ungarischen Geheimpolizei gewesen wäre, und wahrscheinlich war er genauso ein Schlägertyp wie du. Sie lächelt sogar noch breiter. »Würde es Ihnen etwas ausmachen, den Riegel vorzuschieben? Manchmal klappert die Tür im Wind und erschreckt mich.« George Biglandry schaut seinen Dad an, und Dad nickt. Edie schlüpft in die Küche: Messer, Nudelhölzer, der Mikrowellenherd. (Sie stellt sich vor, wie sie die Tür aufreißt und droht, sie zu kochen, das Ding hinter ihr angeschlossen und piepsend, mit dem kleinen Bild eines Hühnchens in blauem Neon auf dem Teller.) Nein, nein und nochmals nein. Edie Banister weiß, welchen Weg sie einschlägt. Drück den Schalter auf dem Wasserkocher. Von dem müssen sie dich jetzt erst mal wegbekommen. Kein Gentleman möchte den Schoß voll heißem Wasser haben, während er alte Damen umbringt. Das kann bleibende Schäden verursachen. Edie ruft ihre erste Geheimwaffe herbei.
    »Bastion! Darling? Bast-ion? Mammi hat ein Stück Pastete, ja, das hat sie, ja, happiphappihappi!« Und möge der Herrgott eurer Seele gnädig sein.
    Es ist nicht die Zeit für Pastete. Bastion weiß das. Er weiß auch, dass Edie das weiß. Sie haben schon vor langer Zeit untereinander ausgemacht, dass er zwischen drei und neun Uhr nur in äußersten Notfällen gestört werden darf – außer es gibt Steak. Als Notfälle wiederum gehen nur wahrhaft bedrohliche Vorkommnisse durch: Feuer, Erdbeben, vom Himmel regnende Frösche, das Auftauchen einer Katze im Gebäude. Pasteten jedenfalls zählen definitiv nicht. Bastions Nachmittagsnickerchen ist sakrosankt.
    »Bastion?« Sie schaut sich um. Er ist natürlich in ihrem Schlafzimmer, am Fuß des Bettes: Dort bewegt er sich nicht weg, höchstens um gegen fünf Uhr auf den Balkon zu stolzieren und auf vorbeischlendernde Passanten hinunterzupinkeln. Edie lächelt Mr Biglandry an, der gerade damit beschäftigt ist, sich zwischen ihr und dem Wasserkocher aufzustellen. James und George befinden sich noch immer im Wohnzimmer. Edie täuscht eine Bewegung Richtung Wasserkocher an, und Biglandry springt ein Stück weit vor. Seine Augen verengen sich. Sie grinst ihn an, ein wenig wölfisch, quid pro quo . Er erwidert den Blick mit versteinerter Miene. Edie legt ihre Hand auf den Russel-Hobbs-Kocher. »Erlauben Sie?« Du glaubst, das sei hier die Endrunde.

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