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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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entgegen.
    Mr Biglandry sagt noch einmal »Fuck«, aber auf eine beeindruckte, entsetzte Weise. Er lässt den Hammer fallen und greift nach seiner eigenen Waffe. Edie schießt ihm in den Kopf. Der Revolver verursacht einen gigantischen Krach. Zu ihrer Erleichterung bleibt der hintere Teil von Mr Biglandrys Kopf da, wo er ist. Sie hört, wie im Nebenzimmer nun auch George immer wieder »Fuck« sagt und versucht, etwas aus seinem Hosenbund zu ziehen. Idiot. Wenn sich George nicht innerhalb der nächsten zwei Sekunden in den Penis schießt, wird er die Waffe herausbekommen und abfeuern. Aber jemand, der sich eine Pistole in die Jeans steckt, ist wahrscheinlich auch nicht der präziseste Schütze. Er wird wahllos herumfeuern. Edies Nachbarn könnten verletzt werden. Oder Bastion. Sie dreht sich um und schießt drei weitere Mal direkt durch die Gipskartonwand, wobei sie so zielt, dass jeder danebengehende Schuss die Backsteine des Kamins im angrenzenden Zimmer treffen wird. Der dritte Schuss verursacht ein spritzendes Geräusch, und George geht in die Knie. Edie tritt beiseite, falls James vorhat, dasselbe zu versuchen, entdeckt ihn aber an exakt derselben Stelle wie zuvor, mit einem Blick völliger Verwirrung auf seinem jungen, fahlen Gesicht. Sie richtet die Waffe eher neben als direkt auf ihn. Bastion, der auf der Spur von Mr Biglandry aus der Küche auftaucht, stellt fest, dass sein Feind bereits gefallen ist, und besteigt ihn, um seinen Sieg zum Ausdruck zu bringen. Vor lauter Furcht gestorben. So mächtig bin ich. Sie dürfen nun applaudieren.
    Edie blickt James scharf an. »Wirf sie weg.«
    James hat eine Waffe, aber sie steckt in seiner Tasche und ist sowieso nicht geladen. Kleinlaut legt er die Munition auf den Boden neben die Waffe. Edie schüttelt den Kopf. Er zuckt besiegt mit den Achseln.
    »Wer hat euch geschickt?«
    »Weiß ich nicht. Ehrlich!«
    »Hast du sie je gesehen?«
    »Nein! Sie hatten Hüte auf. Oder Schleier. Wie im Iran!«
    Wie im Iran. Ja, sie wüsste schon Leute, auf die die Beschreibung zutreffen würde. Sie seufzt.
    »Hast du eine Mutter?«
    »Ja. In Doncaster.«
    »Dann verpiss dich besser dahin, klar?«
    »Ja, Ma’am.«
    Sie nickt, dann stiert sie ihn an.
    »Ist das dein erstes Mal?«
    »Oh, Gott, ja. Herrgott.«
    »Trödel nicht rum. Erzähl niemandem, was passiert ist. Am besten verschwindest du, klar? Bleib bei deiner Mum. Keinen interessiert, dass du nicht gestorben bist, solange du nie wieder irgendwo gesehen wirst.«
    »Okay.«
    »Nie wieder. Und James? Besorg dir einen ordentlichen Job«, sagt Edie.
    »Ja, Ma’am.«
    »Ich werde mir jetzt zwei Taschen holen und das Haus verlassen, und wir werden einander niemals wiedersehen. Du wirst auf diesem Stuhl sitzen, mit dem Gesicht zum Fenster, und mich während der fünf Minuten, die ich mich hier noch aufhalte, ignorieren, und dann wirst du zehn weitere Minuten lang schweigend und in Gegenwart dieser toten Männer, die du einmal deine Freunde genannt hast, mit dir selbst zurate gehen. Und dann …«
    »Doncaster.«
    »Guter Junge.«
    Edie Banister wartet, bis er sich hingesetzt hat, und dann geht sie in ihr Schlafzimmer zurück und schnappt sich ihre Flugtasche (die, wie ihre Waffe, einmal im Monat inspiziert wird, um sicherzugehen, dass sie jederzeit bereit ist) sowie Bastions Reiseutensilien. Sie holt den Hund, steigt über Mr Biglandry und George und schließt hinter sich die Tür. Im Flur kämpft sie kurz mit ihrem zusammenklappbaren Regenschirm. Edie findet die Bezeichnung ausgesprochen zutreffend: Der Schirm klappt gut zusammen, aber mit dem Öffnen hat er so seine Schwierigkeiten. Normalerweise würde sie sich nicht die Mühe machen, aber heute sieht es nach Regen aus, und nachdem sie zwei Männer ins Grab befördert hat, um ihr eigenes Leben zu retten, hat sie keineswegs vor, an einer Lungenentzündung zu sterben, bevor sie diese Angelegenheit zu Ende gebracht hat. Der Tod ist ein vertrautes Stück Realität für Edie Banister, und zwar schon seit ihrer Jugend. Trotzdem gibt es keinen Grund, ihn einzuladen. Bastion wäre am Boden zerstört.
    Nachdem sie den Sieg über den Schirm davongetragen hat, blickt sie finster in den grollenden Himmel hinauf und verlässt Rallhurst Court ein für alle Mal.
    Während derselbe graue Londoner Himmel seinen blickdichten Regen über ihm ausschüttet, eilt Joe Spork durch die Straßen Sohos. Er hat das Telefonieren aufgegeben und beschlossen, Billy Friend persönlich die Meinung zu sagen. Aber da

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