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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Aufnahme entschuldigen, die bei Selfridge für einige Pennys in einer winzigen Kabine aufgenommen wurde? Wen sonst würde Daniel auf diese bizarre Weise verstecken, mit dem Etikett des guten alten Slim auf der Platte, sodass nie jemand davon erfahren würde?
    Frankie.
    »Es tut mir so unglaublich leid. Ich konnte nicht bleiben. Ich muss arbeiten. Es ist das Größte, was ich je vollbracht habe. Das Wichtigste. Es wird die Welt verändern. Die Wahrheit, Daniel. Ich schwöre es dir: Die Wahrheit wird uns frei machen!« Volltönend, glanzvoll, kehlig. Eine Edith-Piaf-Stimme. Eine Stimme, in der all die Leidenschaft, all der Wehmut des Flüchtlings mitschwingen, und alle Überzeugtheit eines Propheten.
    »Du darfst es niemandem sagen. Sie werden mich aufhalten. Das, was ich jetzt tun muss … es wird so viele alte und verrottete Bäume entwurzeln, und es gibt Männer, die in ihnen ihre Häuser errichtet haben. Es werden Männer entwurzelt werden. Alle Pfeile und alle Bögen der Welt sind aus diesem Holz geschnitzt, und ich werde diese Bäume fällen. Das wird uns zu besseren Menschen machen. Wir müssen bessere Menschen werden, als wir jetzt sind!«
    Joe wartet darauf, dass sie »Ich liebe dich« sagen wird, aber das tut sie nicht, und die andere Seite der Platte ist leer, ein endloses weißes Rauschen, wie Regen auf einer alten gusseisernen Regenrinne.

III
    Ein Fernkurs im Durchdrehen;
Zwischen Rüschen und Spitzen;
Keine Spieluhr von der Stange
    E die Banister hält sich für eine dumme Kuh. Darüber hinaus ist ihr klar geworden, dass sie gesündigt hat. Nicht auf eine fleischliche Weise allerdings, sondern in ihrem Herzen. Sie hat sich an Joshua Joseph Spork versündigt, hat ihn aufgespießt wie einen Bückling, wenn auch zum Besten der Menschheit, zu ihrer Verbesserung. Sie hat sich selbst eingeredet, dass es nichts Persönliches sei. Dass es so am besten wäre. Nun, da sie auf den kleinen Spielzeugsoldaten blickt, den er so geschickt repariert hat, und sich an die unterdrückte Enttäuschung auf seinem Gesicht erinnert, als er feststellen musste, dass dies alles war, was sie ihm anzubieten hatte, kommt sie sich schändlich vor. Sie ist sich in zunehmendem Maße sicher, dass sich in ihr ein Groll erhalten hat, der viel älter ist als Joshua Joseph Spork und der diese Methode gewählt hat, um sich zu rächen. Pflichtgefühl, Liebe, Idealismus und Rachsucht werden alle gleichzeitig freigesetzt. Sie prüft ihre Seele und stellt fest, dass sie Sehnsucht empfindet.
    »Scheißdreck«, sagt sie zu Bastion. Er schaut sie mit rosafarbenen Murmeln an und schnuppert. Sie glaubt Zustimmung, ja, sogar Bestätigung in seinem leidenden Gesicht auszumachen, aber es könnten auch Blähungen sein. Ohne Zweifel wird sie bald wissen, welches von beiden zutrifft.
    »Verschissener Scheißdreck«, sagt sie. Sie hebt den Spielzeugsoldaten hoch und stellt ihn zurück in sein Kästchen. Es ist zu spät, um die Pferde zu wechseln. Die Tat ist vollbracht. Die Räder haben sich in Bewegung gesetzt. Edie Banister, neunzig Jahre alt und eine treue Anhängerin der etablierten Ordnung, hat den Knopf gedrückt, der zur Revolution führen wird. Wieder seufzt sie. Es ist schon komisch, ein Superschurke zu sein, und das in ihrem Alter.
    Im Stillen muss sie zugeben, dass sie auch einfach wahnsinnig sein könnte. Doch wenn, dann handelt es sich um eine gnadenlose, klarsichtige Form von Wahnsinn und keineswegs um das, was sich eine alte Dame wünschen würde. Bei ihr hat sich keine Schraube gelockert, und es stehen auch noch all ihre Tassen im Schrank. Sie wurde also nicht von einer der gemütlicheren Arten von Wahnsinn befallen, die sie bei ihren Altersgenossen beobachtet. Wenn überhaupt, ist sie schlicht durchgedreht. Sie probiert die Bezeichnung an, ob sie passt; es schwingen wilde Wut und Müdigkeit in ihr mit.
    Ja. Edie Banister ist durchgedreht. Auf eine sehr britische Weise, bei der man nicht schreit, sondern bei der sich plötzlich alles restlos auf den Kopf stellt, woran man sein ganzes Leben über geglaubt hat. Wobei plötzlich in Wahrheit nicht ganz stimmt. Es ist nach und nach passiert und genau genommen aus eigenem Antrieb. Sie hat einen Fernkurs im Durchdrehen gemacht. Sie hat sich selbst durchgedreht.
    »Ich hab euch allen vertraut, dass ihr das Richtige tun würdet«, sagt sie zu fünfzig Jahren Regierungsmitgliedern, die sich zerknirscht vor ihrem geistigen Auge aufreihen. »Ich habe daran geglaubt, dass ihr das hinkriegt. Und ihr«,

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