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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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ganz persönlichen Schlägermob. Waisen, wie ich gehört habe, von ihm und für ihn ausgebildet, also kennen sie nichts anderes und wollen auch nichts anderes kennenlernen. Jetzt geht es um die Bekehrung durch Feuer und Schwert: Gott wird die Seinen schon erkennen und so weiter.«
    »Was wollen sie denn?«
    »Was ihnen gerade in den Sinn kommt. Und Antiquitäten. Sie haben eine Schwäche für Antiquitäten.«
    »Warum? Fisher, das ist wichtig, sie …«
    Fisher unterbricht ihn, lässt eine Hand niederfahren wie eine Schwertklinge. »Ich will’s nicht wissen! Okay? Du hast etwas, das sie haben wollen, also gib es ihnen. Du bist nicht Mathew, und das hast du so gewollt, aber der ehrliche Joe kann es nicht mit ihnen aufnehmen. So einfach ist das. Sie sind scheißbeängstigend. Mehr sag ich nicht, und, alter Freund hin oder her, du kannst dich jetzt verpissen!«
    Fisher reißt die Hintertür auf und stößt Joe in den Innenhof, schlägt die Tür dann wieder zu und lässt die Jalousie herunter.
    Nun ernsthaft beunruhigt, zieht Joe Spork den Kopf ein und schiebt seine Hände in die Taschen wie ein Mann, der gerade von seiner Freundin abserviert wurde. Doch er hat ein klares Ziel vor Augen und schlüpft bald schon wieder hinab in das Revier der Tosher.
    Am Tag nach seiner Unterhaltung mit Billy Friend klingelt zur Mittagszeit ein gelangweilter Kurier an Joes Tür und händigt ihm ein in braunes Papier eingewickeltes Päckchen aus, das verspricht, das berüchtigte Dingsbums zu enthalten. Alternativ könnte es auch die vierteljährliche Umsatzsteuerabrechnung sein, also beeilt sich Joe, das Paket zu öffnen.
    Gegenstand Nummer eins: Ja, ganz recht, es ist ein Tagebuch oder Notizbuch, da besteht kein Zweifel. Er schnuppert daran; alte Bücher haben einen angenehmen Geruch an sich. Dieser ist ungewöhnlich. Salzwasser, ein Hauch von Chemikalien und darunter die kräftige harzige Note von altem, altem Leder. Hat es im Wasser gelegen? Eingewickelt in Öltuch? Hm. Der Einband ist flexibel, beinahe wie Gummi, und das Leder ist kreuzgerippt mit umherirrenden Linien. In das, was er für die Vorderseite hält, ist eine kuriose Form eingestanzt, etwas wie ein umgekehrter Regenschirm oder eine Art von Schlüssel.
    Joe öffnet das Buch vorsichtig, und ja, wieder stimmt es, es ist ein Kuriosum: Auf jeder Seite findet sich an der Kante eine knapp anderthalb Zentimeter breite Spalte, auf der das Papier perforiert wurde. Das ganze Ding ist aus individuellen Seiten steifen Papiers gebunden worden, und jede Kante – soweit er es beurteilen kann – sieht anders aus. Die Matrix ist eine vier mal sechzehn Quadrat umfassende Spalte, getrennt in Gruppen von ausgestanzten Zeichen. Hundert oder mehr Seiten; keine unerhebliche Menge von Informationen, aber auch nicht gerade eine gewaltige Fundgrube. Eine längere Notation für ein Pianola vielleicht.
    Der Buchrücken verfügt über eine Art Holzstift – nein, es ist Metall –, eine Stange, die durch ihn hindurchläuft und an beiden Enden ein Stück weit herausragt. Eine Achse also? Die Vorsatzblätter sind in Rosa und Türkis gefärbt, und mit der Feder ist darauf ein scharfes, klares Diagramm oder Schema gezeichnet: Offenbar stellt es eine Art Apparat dar, der zum Brauen oder Destillieren dienen soll und der ihm merkwürdig vertraut vorkommt. Wo hat er ihn schon einmal gesehen?
    Es gibt Leute – sein Großvater ist so jemand gewesen –, denen es ein geradezu spirituelles Bedürfnis ist, alles zu optimieren, die perfekte Mausefalle zu bauen oder etwas in der Art. Joe hat den Eindruck, dass es sich um eine spontane Skizze handelt, dass dieses Buch ursprünglich überhaupt nichts Geschriebenes enthalten sollte, sein Besitzer aber irgendwann in der Klemme und ohne alternative Papierquelle war und es vollgekritzelt hat. Er blättert weiter. Die folgenden Seiten enthalten Stellen von vergleichbar klarem Text und noch mehr Zeichnungen. Etwas, das wie eine Art Teekanne aussieht, die irgendwann in das Design für ein Aquarium übergeht und sich dann in etwas auflöst, das er für ziemlich hohe Mathematik hält. Zitat: »Tu etwas für den Elefanten.« »Ich habe alles in mein Buch geschrieben.« »Der Kaffee schmeckt scheußlich.« Schön. Was ist das hier also, wenn es sich nicht um ein Buch handelt? Nun, offenkundig eine Art Notizblock, eine Kladde. Ein Dingsbums.
    Der nächste Gegenstand, oder besser: Gegenstände, Plural. Ein Sack voller Geräte und Zahnräder, Hebel und Rädchen, abgeschrägte und

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