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Der goldene Schwarm - Roman

Der goldene Schwarm - Roman

Titel: Der goldene Schwarm - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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einsamer, glatzköpfiger Lüstling mit dem Herzen eines Mönchs. Irgendwer hat ihm Furchtbares angetan, blutige Dinge, die den Teppich befleckt und den dunklen, privaten Winkel über dem Bett an der Wand bespritzt haben.
    Unter dem Laken ist Billy Friend ermordet worden, auf schreckliche, planmäßige, demonstrative Weise, und dies ist nun die Welt, neu geboren und hart.
    Er muss mit dem Blick auf das Bild von Joyce gestorben sein, und Joe kann nicht sagen, ob das eine Gnade oder die abscheulichste Grausamkeit gewesen ist.
    Er schaudert.
    Billy Friend ist tot.

V
    Das Problem mit dem Leute-Erschießen;
Mädchen, die ihrem Land dienen wollen;
S2:A
    D as Problem mit dem Leute-Erschießen, das fällt Edie Banister jetzt wieder ein, ist, dass es so schwer ist, es bei einem zu belassen. Nachdem sie ihren Möchtegern-Mörder niedergestreckt hat und sich auf der Flucht befindet, muss sie nun wieder zu ihrem früheren, recht enthaltsamen Benehmen zurückkehren und kann nicht einfach jeden abknallen, der ihr über den Weg läuft. Sie hat bereits ein ernstes Wort mit sich selbst reden müssen, weil sie kurz davor war, zwei nervtötende Passanten und einen langsamen Autofahrer zu erschießen. Sie ist wirklich stolz auf sich, dass sie auch Mr Hanleym, den Straßenkehrer, nicht ins Jenseits befördert hat, der bei ihrem Aufbruch plötzlich hinter ihr aufgetaucht ist und ihr einen guten Morgen gewünscht hat. Und sie ist wirklich überrascht, dass sie so anständig gewesen ist, Mrs Crabbe nicht umzulegen, die zwar nur auf der anderen Straßenseite entlangging, die sie aber noch nie ausstehen konnte.
    Konzentrier dich, alte Kuh.
    Die Waffe in ihrer Tasche ist schwer. Sie hat sie nachgeladen, aus reiner Gewohnheit. Sie erwartet nicht ernsthaft, auf offener Straße überfallen zu werden, und all das verquaste Gerede darüber, dass man immer das Unerwartete erwarten müsse, ist reiner Quatsch. »Erwarten Sie das Unerwartete«, wurde Edie einst von einem sauertöpfischen altgedienten Feldwebel in Burma eingeschärft, »dann schleicht sich das Erwartete von hinten an Sie ran und pustet Ihnen Ihre Erwartungen aus dem Hirnkasten raus. Erwarten Sie das Erwartete, vergessen Sie einfach nur den Rest nicht.«
    In diesem Fall wäre das, dass ihr Gegner davon ausgeht, Mr Biglandry habe sie zerquetscht wie einen Käfer. Man wird den Mörder mindestens für eine weitere halbe Stunde nicht vermissen, vielleicht sogar einen ganzen Tag lang nicht, je nachdem, wie eng man ihn an der Leine hält. Edie hat genau so viel Zeit, um zu verschwinden. Erster Schritt: Die Kleidung muss gewechselt werden.
    Sie nimmt ein Taxi zu einer nichtssagenden Straße in Camden Town und erzählt dem Fahrer eine Geschichte über ihre Urenkel, die sich so blödsinnig anhört, dass sogar ihr selbst ein bisschen schlecht wird. Nach ein paar Minuten kann er sie schon nicht mehr im Spiegel anschauen, und Edie spürt, wie ihr Gesicht in seiner Erinnerung langsam, aber sicher in sich zusammenfällt, bis es austauschbar ist: kleine alte Dame, durchschnittliches Aussehen, durchschnittlich angezogen. Aber Mannomann, reden kann die alte Schachtel!
    Während sie immer noch Banalitäten vor sich hinzwitschert, bezahlt Edie den Mann und fischt dann einen der alten Pennys von 1959 aus ihrer Handtasche. Damals ein ordentliches Trinkgeld, heute nichts mehr wert. Sie hat eine kleine Sammlung davon, um Leute davon zu überzeugen, dass sie senil ist.
    »Für Sie, Fahrer, Gott segne Sie.«
    Er nimmt ihn eilig entgegen und hat seine Augen überall, nur nicht bei ihr. Er will bloß vergessen, dass sie jemals in seinem Taxi gesessen hat. Das runde kalte Metall, das die falsche Größe hat und das falsche Gewicht, lässt ihn kurz erstarren. Dann wirft er einen Blick darauf.
    »Oh«, sagt er automatisch, »vielen Dank.« Du armes Schaf. Beinahe hat sie ein schlechtes Gewissen, aber dafür ist keine Zeit.
    Sie lässt ihn zurück, während er die Münze anstarrt. Er wird sich an die Verärgerung erinnern, die sie bei ihm ausgelöst hat, aber an sonst nicht viel. Wenn überhaupt, wird er sie in einer Stunde nur noch als Amalgam aller Fahrgäste vor sich sehen, die er nicht ausstehen konnte.
    Und dann geht sie einkaufen.
    Vier Stunden später im Schankraum des Pig & Poet: Edie hat ihr Haar nicht nur zu einem, sondern gleich zu drei verschiedenen Knoten hochgesteckt, und sie trägt ein T-Shirt, das sie bei einem Straßenhändler gekauft hat, einen schwarzen Rock sowie schwere Leggings und Stiefel.

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