Der goldene Thron
zornig hatte sie ausgesehen. Guillaume rang nach Atem. Er war fortgelaufen, ohne zu wissen, was weiter geschehen war. Nun litt er. Litt, weil er liebte. Litt aus Eifersucht und Angst. Litt, weil er fürchtete, Isabelle zu verlieren. Ihr Herz vielleicht gar schon eingebüßt zu haben. Guillaume sah nach oben in die winterkahlen Wipfel der Bäume um sich herum. Feiner Schnee begann herabzutanzen. »Sie ist mein!«, stieß er hervor und rannte zurück zur Hütte. Er musste wissen, ob Isabelle in Conalls Armen lag. Sie würden schlottern vor Angst, wenn er plötzlich hineinstürmte und sie bei ihrem unheiligen Treiben erwischte, und das zu Recht! Guillaume atmete stoßweise, stürzte auf die Tür zu, riss sie in der Erwartung des Schlimmsten auf und erstarrte.
Nichts.
Die Hütte war dunkel und leer. Isabelle und Conall waren fort. War es ein Fehler gewesen, nach Irland zu kommen? Oder nur, Isabelle mitgebracht zu haben? Guillaume lief zurück zur Burg, rannte, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf und betrat den Wohnturm. Er konnte Isabelle in der Kammer reden hören. Der Druck auf seiner Brust ließ nach, und sein Atem wurde ruhiger. Trotz aller Empörung über den Kuss war er doch erleichtert, dass sie zurück war. Lange konnte sie nicht allein mit Conall geblieben sein.
* * *
»Das Wasser ist nicht einmal mehr handwarm, obwohl ich bereits zwei Eimer heißes habe nachfüllen lassen«, brummte Suzanne vorwurfsvoll. »Wo habt Ihr nur so lange gesteckt?« Ihr forschender Blick schien in Isabelles Innerstes zu blicken.
»Nirgends«, murmelte sie. Ertappt!, dachte sie jedoch und errötete. »Conall hat mir ein Katzenjunges gezeigt, das ist alles«, fügte sie unwirsch hinzu.
»Soso, ein Katzenjunges.« Suzanne nickte verstehend. »Darum also habt Ihr so rote Wangen und seid erhitzt.«
»Ich bin gerannt. Was ist dabei?«, fuhr Isabelle sie an, schlüpfte ohne Hilfe aus ihren Kleidern, stieg in den Badezuber und tauchte ganz unter. Das Wasser war schon fast kalt, doch das störte sie nicht. Im Gegenteil. Es tat gut, für einen Moment die Augen zu schließen, abzukühlen und nichts hören und sehen zu müssen. Isabelle versuchte, die Gänsehaut, die sich auf ihrem Körper ausbreitete, nicht zu beachten. Sie hatte genug Luft, um eine ganze Weile unter Wasser zu bleiben.
»Conall ist noch immer in Euch verliebt, nicht wahr, mein Herz?«, fragte Suzanne geradeheraus, nachdem Isabelle wieder aufgetaucht war.
»Suzanne!« Isabelle schüttelte den Kopf, schnaufte und wischte sich das Wasser aus dem Gesicht.
»Was ist mit Euch? Liebt Ihr ihn oder Euren Gatten?« Suzanne sah sie abwartend an. Ihre Augen hatten die Farbe von Lavendel, wenn sie zweifelte.
»Wie kannst du nur so etwas Dummes fragen?«, empörte sich Isabelle. Aus der anfänglichen Ablehnung für ihren Gemahl war rasch Leidenschaft und dann mehr geworden. Liebe, tiefe ehrliche Liebe. Mit den Jahren war wohl auch ein Quäntchen Gewohnheit dazugekommen. Doch nicht genug, um Langeweile zu empfinden, dazu war er zu häufig und stets zu lange fort gewesen. Die Schmetterlinge in ihrem Bauch waren noch viele Male zurückgekehrt, wenn er heimgekommen war. »Guillaume ist mein Leben!«, erklärte sie, stand auf, ließ sich ein Leintuch reichen und sah an sich herunter.
Sie war noch immer schlank. Nur ihrem Bauch, der sich unterhalb des Nabels ein wenig stärker wölbte als früher, war anzusehen, dass sie neun Kinder geboren hatte. Vielleicht waren es bald zehn. Ihre Blutung war schon eine Weile ausgeblieben. Guillaume wusste nichts davon. Noch nicht. Sie würde warten mit dieser Neuigkeit, bis sie ganz sicher war.
»Ich ermutige Conall nicht, glaub mir, Suzanne!« Isabelle lächelte dünn, schlang das Tuch um ihren Kopf und wrang ihre nassen Haare darin aus. Während Suzanne keinerlei Anstaltenmachte, ihr weitere Fragen zu stellen oder gar einen Kommentar abzugeben, nahm sie ein wenig Öl, verteilte es auf ihrer noch feuchten Haut und ließ sich schließlich in die Kleider helfen.
Als die Nacht hereingebrochen war und sie neben Guillaume in dem großen Bett lag, schmiegte sie sich besonders eng an ihn. Ihr Liebster jedoch schien abwesend und angespannt zu sein. Sicher beschäftigten ihn die Zukunft von Leinster und die Frage, was er dafür tun konnte, das Land zu befrieden. Isabelle drängte sich an ihn, küsste ihn, um ihn auf andere Gedanken zu bringen und weil sie sich, wie immer wenn sie schwanger war, nach der Liebe mit ihm
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