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Der Goldkocher

Der Goldkocher

Titel: Der Goldkocher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Adloff
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Eine Stellung hatte dieser ihm angeboten! Vielleicht war dies die Möglichkeit, dem Vater, ja, seinem ganzen Herkommen zu entfliehen! Aber der Vater würde sich jetzt nicht wieder herwagen.
    Später kam Pfarrer Porstmann hinunter ins Laboratorium. Er fragte nach, wie es Lips ging, ob der angerichtete Schaden groß sei und er ihm sonst irgendwie helfen könne.
    »Wie geht es denn der Frau Pfarrer?«, fragte Lips zuerst.
    »Ja, die Ärmste.« Pfarrer Porstmann atmete schwer. »Es hat sie schwer getroffen. Den Sack mit den Armengroschen haben ihr die Rohlinge abgepresst.«
    »Und die Anna? Wie geht es ihr?«
    »Es wird etwas dauern, bis sie wieder auf die Beine kommt. Schändlich, die Sache mit Anna.« Er machte eine gewichtige Pause, und Lips meinte in seinem Gesicht zu lesen, dass er an Annas unverstelltes Naturell dachte, mit dem sie die Männer reizte. »Sag, der Medicus Dippel war schon bei dir, wie ich mitbekommen habe. Hat er irgend etwas gesagt?«
    Lips zögerte einen Augenblick. »Der Herr Dippel hat mich eingeladen in sein Laboratorium.«
    »So! Hm. Ich werde Dippel aus unserer kleinen Gemeinde ausschließen müssen. Er ist ein Schaumredner, widerspricht in einem fort der göttlichen Wahrheit und sucht sein Vergnügen in atheistischer Raserei. Dippel wird dich ausspionieren wollen. Geh ruhig hin, wenn du möchtest.«
    »Ich?«
    »Ja, vielleicht kannst du etwas Nützliches erfahren. Wer weiß! Ich vertraue deiner Verschwiegenheit, wie du auch Leibniz gegenüber geschwiegen hast.« Pfarrer Porstmann überlegte einen Augenblick. »Wann kannst du die Versuche hier weiterführen?«
    »Sobald es mit dem Arm geht.« Lips griff nach der Liste an alchemistischen Büchern, die er angefertigt hatte, und reichte sie Pfarrer Porstmann. »Herr Pfarrer, hier, diese Bücher möchte ich in der Zwischenzeit studieren. Als Erstes von Heinrich Khunrath, Amphietheatrum sapientiae aeternae.«
    »Du kennst es!?« Pfarrer Porstmann sah erstaunt von der Liste auf.
    »Nur den Titel«, sagte Lips. »Es muss etwas Besonderes mit dem Buch auf sich haben.«
    Pfarrer Porstmann sah ihn abschätzend an, dann rückte er näher und legte Lips ganz behutsam seinen Arm um. »Ich lege großes Vertrauen in dich, Lips, aber warten wir noch. Vielleicht etwas später. Die Zeit ist dafür noch nicht reif. Du wirst mich später einmal verstehen, glaub mir! Beizeiten werde ich es dir zeigen.«
    Lips wagte nicht zu widersprechen und nickte nur. »Herr Pfarrer, dann ist da noch etwas. Bei Böttgers Goldprobe hat es nach einer Materie gerochen, die ich noch nicht ergründet habe. Ich möchte alle Arzneigefäße durchriechen.«
    »Gut, ich spreche mit dem Herrn Apotheker.« Der Pfarrer drückte ihn noch einmal ganz vorsichtig, dann verabschiedete er sich. Er stand in der Tür und sah Lips ernst an. »Vertraust du mir auch wirklich?«
    »Ja, Herr Pfarrer.«
    Kurz darauf holte ihn ein Apothekengeselle. Nur wenig Kundschaft war in der Mittagszeit in der Offizin. Lips sah, dass eine ganze Reihe an kostbaren Schaugefäßen gestohlen worden war. Auch waren die Schlösser eines Giftschrankes grob erbrochen, und die Platte des Arbeitstisches war von dem Schlag mit dem Brecheisen zerborsten. Der Apotheker wies einen Apothekengesellen an, einen Tisch mit Stuhl in der Ecke aufzustellen. Zuerst verlangte Lips nach den Rauchpulvern gegen die Pest. Danach roch er sich durch die vielen Arten Weihrauch. Es folgten die pulverisierten Hölzer und Rinden, die Harze und Samentees.
    Lips schwirrte der Kopf von den Gerüchen, und er musste eine Weile im Hof in der frischen Luft durchatmen. Dann ging es weiter mit getrockneter und zu Pulver gestoßener Wolfsleber, Fuchslunge, Hühnermagen, Hasenhaaren, dann die Fette vom Wal und Auerhahn. Bei den Mumia, den ganz kostbaren Arzneien vom Richtplatz, blieb ein Apothekengeselle neben Lips stehen und sah ihm auf die Finger, dass nichts abhanden kam. Lips roch sich durch Moose von den Schädeln Gerichteter, durch Axungia hominii, Armesünderfette und die pulverisierten Knochensplitter von Banditen für ganz kostbare Composita. Je grausamer die Verbrechen gewesen waren, so hieß es, desto besser wirkten die Mumia.
    Es war später Nachmittag geworden. Lips rieb sich die Nase und hob den Kopf. Die Offizin war inzwischen gut gefüllt. Die Apothekengesellen flitzten hin und her. Es wurde gemörsert und in dickleibigen Büchern nachgeschlagen, Salben abgestrichen und Destillierwässer abgefüllt. Der Apotheker stand bei einer vornehmen Dame.

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